Dein Glück hat mein Gesicht (Junge Liebe) (German Edition)
los!“
Beschämt sah Francis weg. Tränen füllten ihre Augen.
„Das kann doch alles nicht wahr sein!”, fuhr Neal
verzweifelt fort. Er gab sich keine Mühe, seine Lautstärke zu
drosseln. Schließlich packte er sie fest am Arm.
„Los, steh auf! Sofort!“
„Au, du tust mir weh!“ Sie schrie, doch brachte sie keine
Kraft auf, um sich zu wehren. Sie wurde von Neal regelrecht
über das Bett gezogen.
„Das ist mir egal!”, erwiderte dieser. „Steh auf!“ Er zog
sie hinter sich her in das Badezimmer. Dort schubste er sie
unter die Dusche.
Tränen rannen mittlerweile über ihre Wangen, doch das
störte ihn nicht. Hektisch stellte er das Wasser an, und bevor
es überhaupt richtig warm werden konnte, hielt er den
Duschstrahl auf ihren Körper. Dicht an die Kacheln gedrängt,
ließ sie die Prozedur über sich ergehen.
„Wisch das Blut ab! Los!”, fauchte Neal, doch Francis’
zitternder Körper reagierte nicht. Noch wütender griff Neal
sich einen Schwamm, um die blutigen Spuren von ihren
Schenkeln zu wischen. Mittlerweile war ihm entsetzlich übel.
Er fragte sich, was er tat, und was er überhaupt getan hatte!
Wie unter Schock drückte er seiner Schwester den
Duschschlauch in die Hand.
„Wasch dich gründlich!”, forderte er, dann verließ er das
Badezimmer. Im Schlafzimmer zog er das Laken von der
Matratze. Schnell faltete er es zusammen, um die sichtbaren
Rückstände ihrer fatalen Vereinigung verschwinden zu
lassen. Er kam sich vor wie ein Verbrecher, der seine Spuren
wegwischen wollte, wie ein dreckiger Dieb, Mörder,
Vergewaltiger, der sich für seine Tat plötzlich unheimlich
schämte, sie aber, um jeden Preis, verheimlichen wollte. Er
wollte sie am liebsten unter den Tisch kehren, sich nie dafür
stellen oder büßen müssen.
Schweiß stand ihm auf der Stirn, als er das Laken im
Keller in die Waschmaschine zwängte. Er stellte sie an, um
wenig später zu beobachten, wie der Stoff sich in der
Maschine drehte und von dem schaumigen Wasser
mitgerissen wurde.
Erschöpft sank er zu Boden. Seine Hände bedeckten
sein Gesicht. Und obwohl er schwitzte, waren seine
Handflächen erschreckend kühl.
Was bin ich für ein Schwein? Was habe ich nur getan?
Als er das Bad wieder betrat, klemmte eine Zigarette
zwischen seinen Lippen. Francis stand inzwischen vor dem
Spiegel. Ihr Gesicht war verheult, ihr Blick verloren und
traurig, doch Neal nahm keine Notiz davon.
„Bist du immer noch nicht angezogen?“ Es klang
vorwurfsvoll, und seine Stimme hallte bedrohlich.
„Neal, bitte, sei nicht böse ...“, flehte sie. Ihr zarter,
schmächtiger Körper zitterte noch immer. Ihre Lippen waren
inzwischen blau vor Kälte. Sie versuchte, nach ihrem Bruder
zu greifen, doch der stieß sie unsachte von sich. „Hör auf mit
dem Scheiß!”, ermahnte er sie. Daraufhin hielt sie sich die
Arme wieder schützend vor ihren Oberkörper, ihre Beine
presste sie dicht aneinander.
„Und zieh dich an, verdammt noch mal!“ Seine laute
Stimme machte ihr Angst. „Ich kann dich nicht mehr sehen!“
Er schlug die Zimmertür zu. Francis fing laut an, zu
weinen.
Nach einer halben Stunde saß sie angezogen auf ihrem
Bett. Ihre Tränen waren getrocknet, doch der psychische
Schmerz saß noch tief.
Ein Pochen durchdrang ihren Unterleib. Sie hatte stark
geblutet, dabei war Neal nicht einmal gewaltsam
vorgegangen. Als sich dessen Zimmertür öffnete, und er über
den Flur eilte, sprang Francis sofort auf und öffnete ihre Tür.
Sie erblickte Neal auf der Treppe.
„Wo willst du hin?”, rief sie erschrocken.
„Weg!“ Neal antwortete kühl, ohne ihr in die Augen zu
blicken.
„Aber du kannst mich doch jetzt nicht alleine lassen!?“
Francis Stimme klang vorwurfsvoll und auch voller Angst.
Erneut füllten sich ihre Augen mit Tränen.
„Hör auf zu flennen!”, rief Neal verärgert.
„Aber, wir müssen doch darüber reden“, entgegnete
Francis. Sie wischte sich mit ihrem Ärmel über die Augen.
„Gar nichts müssen wir!“ Neal drehte sich um. Er sah
wirklich wütend aus, auch wenn es seiner Schwester so
vorkam, als ob pure Verzweiflung in ihm herrschte. „Es ist
nichts passiert, okay? Absolut nichts!“
Mit diesen Worten ließ er Francis stehen. Er verließ das
Haus und knallte die Tür geräuschvoll hinter sich zu.
II .
„Vorsichtig!”, rief André erschrocken. Er stützte Neal
sorgfältig, achtete besorgt darauf, dass der nicht hinfiel.
Umständlich schloss André seine Wohnung auf,
während er
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