Dein Glück hat mein Gesicht (Junge Liebe) (German Edition)
hinein.
„Entschuldigen Sie die Störung“, sagte sie zaghaft, „aber
Ihr Sohn ist am Telefon!“
Peter sah sofort auf. „Jarvis?“
Seine Stirn legte sich in Falten, denn sein Sohn, der in
Bristol lebte, rief selten an, sondern schrieb lieber
unleserliche Karten oder kam zu Feierlichkeiten persönlich
vorbei.
Carla schüttelte demzufolge auch sofort den Kopf. „Nein,
Ihr Sohn aus London.“
Da sprang Stephanie auf und kam der Haushälterin
entgegen. „Neal?“
„Ich habe das Gespräch in die Bibliothek gestellt“,
berichtete Carla und schon war sie mit Stephanie
verschwunden.
Zurück blieb eine beängstigende Stille. Man hörte nur
Nicholas, der immer noch seine Autos auf dem Boden hin
und her rollte.
Als Peter zu seiner Tochter blickte, bemerkte er, dass
sie regelrecht erstarrt war.
„Ihr habt immer noch keinen Kontakt zueinander?“,
fragte er vorsichtig.
Francis schüttelte den Kopf. „Nein.“
Sie sah stur auf ihren Teller, was Peter signalisierte,
nicht weiter zu fragen. Und dann kam auch Stephanie wieder
in das Esszimmer und wirkte sichtlich erheitert.
„Stellt euch vor!“, begann sie, dabei trat sie aufgeregt an
den Tisch heran. „Neal kommt zurück. Schon in wenigen
Tagen.“
Erwartungsvoll sah sie in die Runde, doch Peter konnte
vor Erstaunen erst einmal keine Worte fassen, und Francis
machte diese Neuigkeit eher wütend.
„Jahrelang lässt er sich nicht blicken, ruft nur alle Monate
mal bei euch an, und nun wirst du ihn mit offenen Armen
empfangen?“ Sie schüttelte den Kopf. Nie hatte sie
verstanden, dass sich Neal so drastisch zurückgezogen
hatte. Obwohl er in England mittlerweile als Sänger der Band
The Drowners große Aufmerksamkeit genoss, schien es, als
hätte er sich von seiner Familie gänzlich distanziert.
Stephanie hingegen blieb begeistert. „Natürlich freue ich
mich, dass er zurückkommt.“ Belehrend sah sie ihre Tochter
an. „Ihr solltet eure Differenzen endlich aus der Welt
räumen.“
Francis verzog daraufhin nur das Gesicht. Ihr war der
Appetit auf das gemeinsame Frühstück mit den Eltern
vergangen.
„Damals ward ihr doch froh, dass er gegangen ist“,
erinnerte sie an die Vorfälle der vergangenen Jahre.
„Es waren andere Umstände“, schaltete sich Peter ein.
Er seufzte tief. „Aber nun ist eine Zeit lang vergangen, und
ich freue mich auch, den Jungen endlich mal wieder zu
sehen.“
Francis seufzte laut, als könne sie nicht begreifen, dass
ihr Vater ebenso erfreut über Neals Rückkehr war.
„Na, dann kann er sich ja glücklich schätzen!“, warf sie in
den Raum, dann wandte sie sich um. „Ich muss noch einmal
zu Carla.“ Mit ernster Miene verließ sie das Esszimmer. Die
Tür schloss sich geräuschvoll.
Stephanie setzte sich wieder an den Tisch und hob die
Schultern. „Verstehe ich nicht, dass sie das Neal nach so
langer Zeit immer noch nachträgt.“
„Tja“, erwiderte Peter, der im Gegensatz zu seiner Frau
sehr wohl wusste, warum Francis noch immer schlecht auf
Neal zu sprechen war. Aber die Wahrheit konnte er seiner
Frau auch jetzt nicht sagen. „Sie haben sich damals eben gut
verstanden“, versuchte er deswegen nur grob festzustellen.
„Es war sicher nicht einfach für sie, plötzlich ohne Bruder zu
sein.“
Am Sonnabend herrschte wunderschönes Maiwetter.
Gegen Mittag trafen Francis und Thilo bei den Andersons ein,
um die Getränke und Speisen für die Feier abzuholen.
Nicholas war auch dabei. Er hielt die Hand seiner Mutter und
zusammen marschierten sie durch die große Eingangstür.
Von Peter und Stephanie war nichts zu sehen, nur Carla
hörte man in der Küche hantieren. Und als Francis vorsichtig
in das Esszimmer sah, glaubte sie zu träumen, als sie dort
ihren Bruder erblickte. Er saß am Tisch bei einer Tasse
Kaffee. Doch als er seine Schwester sah, stand er sofort auf,
wobei die Zeitung, die er gerade gelesen hatte, zu Boden fiel.
Seine Augen waren weit, sein Mund geöffnet, als könne er
nicht glauben, dass es wirklich Francis war, die vor ihm
stand. Sie war in all den Jahren erwachsen geworden,
fraulicher. Neal hatte damit gerechnet, aber nun schien er
trotz allem erstaunt.
„Äh, hallo“, stammelte er. Schnell hob er die Zeitung von
dem Boden auf, um danach seine Schwester wieder
anzuschauen. Ebenfalls starrte er auf den kleinen Jungen,
der immer noch ihre Hand hielt.
Hinter ihr winkte Thilo kurz und gab zu verstehen: „Ich
geh mal zu Carla. Ihr wollt sicher alleine sein.“ Er
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