Dein goettliches Herz entflammt
Klirren landete das Schwert auf dem Boden.
Das wurde auch langsam Zeit.
Ich kam wieder zur Besinnung und rannte los. Im Vorbeihuschen bückte ich mich nach dem Schwert, meine Haare lösten sich aus dem Knoten und fielen mir in die Augen. Mein Ziel war die Seitenstraße, die an dem Hotel vorbeiführte. Doch in dem Moment, in dem ich um die Ecke bog, holte er mich ein. Seine Hand schoss nach vorn und packte meinen Knöchel. Vor Schreck schrie ich laut auf. Meine Arme ruderten wild in der Luft und fanden keinen Halt. Oh nein. Ich machte mich auf eine unsanfte Landung gefasst.
Meine Ellbogen schlugen zuerst auf dem Boden auf, Sekundenbruchteile später knallte meine Stirn auf den Asphalt. Die Pistole und das Schwert glitten aus meinen Fingern.
Der Schmerz breitete sich in alle Richtungen aus und schoss über jeden Zentimeter meiner Schädeldecke. Plötzlich konnte ich nichts mehr sehen.
Großer Gott! Blendend weißes Licht umgab mich. Meine Arme und Beine wurden taub, mein Puls raste. Ich war kurz davor, in Panik zu geraten, die Art von Panik, die mich komplett lähmen würde, wenn ich mich jetzt nicht zusammenriss. Wenn du am Boden liegst, greifst du alles an, was in deiner Nähe ist! Du versuchst alles, um wieder hochzukommen!, brüllte Bruce’ Stimme in meinem Kopf.
Ich biss die Zähne zusammen, drehte mich blitzschnell auf den Rücken und trat blindlings zu, bis ich Widerstand spürte. Meine Hand streifte den Griff des Schwertes hinter meinem Kopf. Ich packte es, setzte mich auf und stieß es mit aller Kraft vor mich, wobei ich inständig hoffte, etwas zu treffen.
Das Schwert hatte ein Ziel gefunden. Ich drückte gegen den Griff.
Mein Herzschlag dröhnte so laut in meinen Ohren, dass ich kaum noch etwas von außen hörte. Allmählich konnte ich wieder sehen.
Der Mann kniete zwischen meinen Beinen und umklammerte mit beiden Händen die Schwertklinge in der Nähe des Griffs. Der Rest der Klinge steckte tief in seiner Brust. In seinen weit aufgerissenen Augen lag ein Ausdruck der Überraschung, ein Blick, als wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, dass seine Mission scheitern könnte.
Die Sekunden verstrichen. Unverwandt starrten wir uns an. Irgendwann änderte sich der Ausdruck in seinen Augen und mir schien, als würde es ihm leidtun. Er streckte die Hand aus und berührte eine Strähne meiner Haare. »So schön«, flüsterte er auf Englisch. Er rieb sie zwischen seinen blutigen Fingern. Dann murmelte er etwas in seiner sonderbaren Sprache, bis er von einem Hustenanfall geschüttelt wurde. Er verzog das Gesicht und kniff die Augen zusammen. Meine Haare glitten durch seine Finger, als er nach hinten fiel und sein Körper langsam von der Klinge des Schwertes rutschte.
Die Frösche und Grillen setzten ihr nächtliches Konzert fort. Verkehrslärm drang an mein Ohr. Doch all diese Geräusche, die keinen Schimmer davon hatten, was gerade passiert war, wurden von meinem lauten, angestrengten Keuchen übertönt.
Plötzlich saß mir ein dicker Kloß in der Kehle. Tränen brannten in meinen Augen, als ich den Mann vor mir anstarrte. Er konnte nicht älter als fünfundzwanzig gewesen sein. Gesund. Gut aussehend. Er hätte ein schönes Leben haben können. Er hätte ein nettes Mädchen kennenlernen, heiraten, Kinder haben können.
Oh Gott. Meine Finger am Griff des Schwertes zitterten. Ich hatte gerade einen Mann getötet. Mit einem Miniaturschwert.
Bei der Freizeitgestaltung mit den Sandersons war von so etwas nie die Rede gewesen.
Während ich mir mit einer Hand die Tränen aus den Augen wischte, hielt ich mit der anderen noch immer das Schwert umklammert; obwohl meine Knöchel schon ganz weiß und meine Finger verkrampft waren. Ich konnte mich nicht bewegen, konnte mich nicht von dem lähmenden Schock befreien. Dem Schock, dass ein völlig Fremder mich angegriffen hatte. Um mein Leben zu kämpfen. Zu töten… Nimm dein Handy. Ruf die Polizei. Setz deinen Arsch in Bewegung, du weißt, was du tun musst.
Ja. Ich wusste, was ich tun musste. Nachdem ich ein paarmal tief Luft geholt hatte, drehte ich mich auf die Seite. Gerade wollte ich mich in die Höhe stemmen, als plötzlich ein heftiges Zucken durch den Körper des Mannes fuhr.
Ich erstarrte und sah mit offenem Mund zu, wie sein Körper in die Luft gehoben wurde, wie er einige Sekunden schwebte, ehe er sich langsam in Rauch auflöste und von einem unsichtbaren Aufwind davongetragen wurde.
Verblüfft setzte ich mich auf und blinzelte. Meine Hand um den
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