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Dein Herz will ich erobern

Dein Herz will ich erobern

Titel: Dein Herz will ich erobern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Ferrarella
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dem Bildschirm, verschwommen und verzerrt wie seine Gedanken. Wortfetzen und Bruchstücke von Bildern jagten durch seinen Kopf, ließen sich aber nicht zusammenfügen. „Es ist ein bisschen wie in einem Sturm, der die Stromversorgung unterbrochen hat. Das Licht flackert, und es knistert in den Leitungen, aber es wird einfach nicht hell, und man tappt weiter im Dunkeln.“
    „Du scheinst zu wissen, wovon du redest. Vielleicht kommst du aus einer Gegend, wo es häufig stürmt.“
    „Kann sein.“ Er blickte aus dem Fenster. Draußen war es immer noch regnerisch.
    „Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ständig trübes Wetter war.“ Nicht, dass es viel zu bedeuten hatte.
    Rastlos stand Alison auf und trat an das Fenster, aus dem er eben geschaut hatte. Sie starrte auf die Regentropfen, die über die Scheiben rannen. Ihr schien, als hätte es an jedem Tag ihres Lebens ein wenig geregnet. „Das hat was für sich. Deswegen gehe ich bald weg.“
    „Aus diesem Zimmer?“
    „Nein.“ Alison blickte ihn über die Schulter an. „Aus Seattle.“
    „Wohin willst du denn?“
    „Das weiß ich noch nicht so genau.“ Sie dachte an all die Antworten, die sie auf ihre Bewerbungen erhalten hatte – aus dem ganzen Land und aus Übersee. Sie konnte sich den Ort aussuchen, aber keiner erschien ihr richtig. „An irgendeinen Ort, an dem ich gebraucht werde, an dem ich wirklich etwas bewirken kann.“ Sie ging zu ihm zurück und stellte fest, dass er nicht einmal das Keyboard angerührt hatte. Computer schienen in seinem Leben keine Rolle zu spielen. „Ich habe mich in  verschiedenen  abgeschiedenen  Gegenden  beworben,  an  denen  Krankenschwestern dringend gebraucht werden.“
    „Abgeschieden?“ Das Wort löste eine Assoziation aus, die aber nicht greifbar war, nicht konkret war. „Wie zum Beispiel?“
    „In der Dritten Welt. In den Appalachen. Es gibt sogar in diesem Land Orte, an denen es an medizinischen Fachkräften mangelt.“
    Luc versuchte nicht länger, sich zu erinnern. Er konzentrierte sich auf Alison.
    „Also willst du dich als Freiwillige melden.“
    „Nicht wirklich, aber es kommt dem sehr nahe. Ich bekomme Unterkunft, Verpflegung und eine geringe Bezahlung, die verglichen mit der Armut der Einheimischen eine Unsumme bedeutet. In den Zuschriften wird zwar versucht, ein positives Bild zu zeichnen, aber in Wirklichkeit herrschen dort überall katastrophale Zustände. In einigen Fällen ist nicht mal fließend Wasser vorhanden.“ Sie wusste nicht, ob sie alldem gewachsen war.
    Er spürte ihre Zweifel und hakte nach: „Warum willst du es dann tun?“
    Aus verschiedenen Gründen. Sie nannte ihm den nüchternsten. „Um meine Ausbildung zu beenden.“
    „Dazu muss es einen einfacheren Weg geben.“
    Den gab es. Sie hätte sich bei einer lokalen Klinik oder einer Privatpraxis bewerben können. „Ich will es nicht einfacher haben, ich will helfen.“
    Er lächelte. „Die Leute in Seattle werden auch krank.“
    „Die Leute in Seattle können sich aussuchen, welchen Arzt sie aufsuchen wollen.
    An den Orten, an denen ich mich beworben habe, gibt es nicht einmal eine einzige medizinische Fachkraft, und zwar…“
    „Im Umkreis von hundert Meilen“, warf er ein und wiederholte damit etwas, das er irgendwo, irgendwann einmal gehört hatte – in einem Leben, das er nicht erinnerte.
    „Ich wollte meilenweit sagen, aber ja, im Umkreis von hundert Meilen oder sogar mehr.“ Sie musterte ihn nachdenklich. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du nicht nur geahnt hast, was ich sagen wollte. Kennst du vielleicht so einen Ort?“
    „Vielleicht. Oder vielleicht schilderst du es nur so lebhaft, dass ich es mit deinen Augen sehen kann.“ Er stand auf. „Weißt du eigentlich, dass du wundervolle Augen hast?“
    Sie wandte den Blick ab. „Sie erfüllen ihren Zweck.“
    „Sie tun wesentlich mehr als das.“ Sehr behutsam berührte er ihr Kinn und zog damit ihren Blick wieder auf sich. „Ich wollte dich vorhin nicht bedrängen.“
    „Das hast du auch nicht.“
    „Bist du sicher?“ hakte Luc nach, denn er war es nicht.
    Sie war nicht mehr elf. Sie hatte umfangreiche Vorkehrungen getroffen, um nie wieder in eine derartige Situation zu geraten. Jetzt konnte sie auf sich aufpassen.
    „Wenn ich gedacht hätte, dass du die Situation ausnutzen willst, hättest du dich bewegungsunfähig auf dem Fußboden wieder gefunden.“
    Beinahe musste er lachen über die Art, in der sie das Kinn vorreckte. Instinktiv wusste

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