Dein Herz will ich erobern
Verletzlichkeit in ihrem Blick, die in ihm den Beschützerdrang erweckte – und gleichzeitig andere Gefühle. Wie Verlangen. Er dachte, er könnte es mit einem raschen Kuss abwehren.
Er hatte falsch gedacht.
Die flüchtige Berührung ihrer Lippen verstärkte nur noch die wachsende Zuneigung, ließ ihn mehr begehren.
Aber er hielt sich zurück, weil er sie nicht verschrecken wollte, nachdem er von Verantwortlichkeit geredet hatte, und weil sie sich sofort versteifte, als der Kuss eine Spur intimer wurde. In einem Moment lehnte sie sich noch an ihn, und im nächsten wich sie zurück. Für den Bruchteil einer Sekunde sprach Panik aus ihrem Blick. Warum?
„Alison, es tut mir Leid. Ich…“
Ihre Hände zitterten ein wenig, als sie den Schlüssel ins Schloss steckte und hastig umdrehte. „Schon gut. Ich bin nur müde. Bis morgen.“
Eine Sekunde später war sie verschwunden und die Tür hinter ihr geschlossen.
Verwirrt ging Luc zur Garage und setzte sich auf die unterste Stufe. Die Nacht war still, abgesehen von dem Zirpen der Grillen.
Er starrte hinaus in die Dunkelheit, während er versuchte, seinen Kopf zu klären und die Situation zu analysieren. Doch er vermochte nicht zu ergründen, was zwischen ihnen vorging.
So fand Kevin ihn eine halbe Stunde später, auf der untersten Stufe sitzend, in die Dunkelheit starrend, einer Antwort nicht näher als zu dem Zeitpunkt, als er sich hingesetzt hatte. Geändert hatte sich lediglich, dass die Sterne nicht länger zu sehen waren, weil sich der Himmel bewölkt hatte.
Kevin trat zu ihm und fragte: „Was treibst du denn hier? Es hat angefangen zu regnen.“
Luc blickte zum Himmel hinauf. Er hatte den Regen nicht gespürt. „Kevin, kann ich dich was fragen?“
„Es geht um Alison, oder?“
„Woher weißt du das?“
Kevin lehnte sich an das Treppengeländer und schlug sich den Kragen hoch. „Es gibt nicht nur weibliche Intuition.“ Er erwähnte nicht, dass ihm aufgefallen war, wie glücklich Alison beim Tanz mit Luc ausgesehen hatte. Diesen Ausdruck hatte er während ihrer Beziehung zu Derek nie bei ihr gesehen. „Also, schieß los.“
„Lässt Alison hier jemanden zurück?“
„Du meinst, außer ihrer Familie? Wie einen festen Freund oder so?“
„Ja.“ Vielleicht wirkte sie deshalb manchmal so steif ihm gegenüber. Es konnte bei Gott nicht daran liegen, dass sie sich von ihm bedroht fühlte. Niemand hatte ihn je als Bedrohung angesehen. Vielleicht gab es ja jemanden in ihrem Leben, der nur gerade nicht da war, weil sie sich gestritten hatten.
Kevin schüttelte den Kopf. „Sie hatte seit ihrer Scheidung überhaupt keinen Freund.“
Überrascht blickte Luc ihn an. „Sie ist geschieden?“
„Offensichtlich hat sie dir gegenüber nicht erwähnt, dass sie mit Derek verheiratet war. Dann wird sie es vermutlich auch nicht tun. Sie spricht nicht gern darüber.“ Kevin konnte es ihr nicht verdenken. Seiner Ansicht nach war die Heirat von Anfang an ein Fehler gewesen. Derek hatte sie nicht verdient. „Die Ehe war schon vorbei, bevor sie richtig angefangen hatte. Ich weiß eigentlich nicht, warum sie den Typ überhaupt geheiratet hat. Ich hatte das Gefühl, dass sie sich selbst etwas beweisen wollte.“
Er hielt inne, als ihm bewusst wurde, dass er zu viel redete und Dinge ausplauderte, die Alison vorbehalten bleiben sollten. „Was immer es war, sie hat es nicht bewiesen. Sie hat nur herausgefunden, dass ein Fehler einen anderen nicht ausmerzen kann.“
„Einen anderen?“
Kevin blickte zur Uhr. „Es ist spät geworden, und euer Flieger geht sehr früh. Du solltest lieber schlafen gehen, und ich auch.“ Er klopfte Luc auf die Schulter. „Bis morgen früh.“ Er wandte sich ab, blickte dann über die Schulter zurück. „Ach ja, übrigens, ich mache dich persönlich für meine Schwester verantwortlich. Wenn ihr irgendetwas zustößt, wirst du es mir büßen. Das ist nur eine freundschaftliche Warnung. Gute Nacht.“
Luc war sich nicht sicher, ob es als Scherz gemeint war oder nicht. „Gute Nacht“, murmelte er. Dann stand er kopfschüttelnd auf und ging die Treppe hinauf – um eine überwiegend schlaflose Nacht zu verbringen.
9. KAPITEL
Der Flug von Anchorage nach Hades verging ruhig und schnell. Der Wind war mit ihnen. Luc hoffte, dass es ein gutes Omen sein möge.
Er stieg als Erster aus der kleinen Cessna, sobald sie zum Stillstand gekommen war. Forschend betrachtete er die Gegend, versuchte sie mit anderen Augen als seinen eigenen zu
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