Dein Herzensprinz Prinzessin
Grrrrroßmutter.
Gesendet von meinem wireless BlackBerry
Gott! Wieso musste Dad Grandmère einen BlackBerry schenken? Will er mir endgültig das Leben versauen? Soll mir jetzt überhaupt keine ruhige Minute mehr vergönnt sein? Und wer war so leichtsinnig, ihr beizubringen, wie man SMSe schreibt? Ich könnte Vigo umbringen. (Wobei sie offensichtlich noch Schwierigkeiten hat, mit ihren langen, künstlichen Fingernägeln auf die kleinen Tasten zu drücken.)
»Zuschauereffekt« oder »Genovese-Syndrom« bezeichnet in der Psychologie das Phänomen, dass bei einem Unfall oder einer Straftat Personen, die sich zufällig in der Nähe befinden, lediglich »zuschauen«, ohne einzugreifen oder Hilfe zu leisten. Je mehr Personen zuschauen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand eingreift und aktiv wird. Exemplarisch hierfür ist der Fall der Kitty Genovese, die in ihrer Wohnung in New York City einem Mord zum Opfer fiel, der sich über mehrere Stunden hinzog und von mindestens achtunddreißig Personen aus der Nachbarschaft bemerkt und beobachtet worden war, ohne dass jemand der jungen Frau zu Hilfe kam oder die Polizei rief, weil alle annahmen, jemand anderes würde eingreifen.
Hausaufgaben
Geschichte:
Was weiß ich denn
Englisch:
Mir doch egal
Trigonometrie:
Ich hasse jede Form von Mathe
T&B:
Ich weiß schon, dass Boris’ Abschlusse projekt darin besteht, in der Carnegie Hall ein Konzert zu geben, aber KANN ER VIELLEICHT ENDLICH MAL AUF HÖREN, CHOPIN ZU ÜBEN!!!!!
Franz:
J’ai mal à la tête
Psychologie:
Keine Ahnung, wieso ich in diesem Kurs überhaupt mitschreibe. Ich habe alles, was wir hier besprechen, persönlich durchlebt.
Donnerstag, 27. April, bei »Jeffrey«
Na toll.
JP ist uns in der Eingangshalle über den Weg gelaufen, als wir gerade zur Limo rausgehen wollten, und hat gesagt: »Hey, ihr strahlt so. Was habt ihr denn heute noch Tolles vor?« Bevor ich ihn daran hindern konnte, hat Lars geantwortet: »Die Ladys gehen Kleider für den Abschlussball kaufen.« Darauf haben Lana, Tina, Shameeka und Trisha JP mit hochgezogenen Augenbrauen angeschaut, à la: Hallo? Abschlussball? Kann es sein, dass du was vergessen hast? Wie wär’s, wenn du deine Freundin mal fragen würdest, ob sie mit dir hingeht? Wie gesagt, Informationen verbreiten sich hier in Lichtgeschwindigkeit. Tausend Dank, Tina! Echt.
Wobei ich weiß, dass sie es nur gut meint.
JP hat uns bloß freundlich angelächelt und gesagt: »Na dann viel Spaß!«, und ist in Richtung Aula geschlendert, wo er sein Theaterstück probt.
Alle waren total verstört (Lana und die anderen, meine ich), weil er sich nicht an die Stirn geschlagen und ausgerufen hatte: »O Gott, natürlich! Der Abschlussball! Wie konnte ich das nur vergessen!« Weil er auch nicht vor mir auf die Knie gefallen war, zärtlich nach meiner Hand gegriffen und mich um Verzeihung gebeten hatte, dass er so ein unhöflicher Klotz sei und mich nicht schon längst gefragt hätte, ob ich ihm die Ehre erweise, ihn zum Ball zu begleiten.
Ich hab ihnen gesagt, sie sollen nicht so geschockt schauen.
Ich nehme das nicht persönlich. JP kann eben zurzeit an nichts anderes denken als an sein Stück »Der lange Weg zum Thron«. Dafür habe ich vollstes Verständnis, weil es mir nicht anders ging, als ich an meinem Roman geschrieben hab. Ich lag jede freie Minute mit meinem Laptop auf dem Schoß und Fat Louie an meiner Seite (der sich übrigens als perfekter Musen-Kater entpuppt hat) im Bett und hab wie in Trance in die Tasten gehackt.
Deswegen bin ich ja in den letzten zwei Jahren auch nicht mehr dazu gekommen, Tagebuch zu schreiben oder viel anderes zu tun. Es ist wirklich schwierig, den Kopf für andere Sachen frei zu haben, wenn man sich auf ein kreatives Projekt konzentriert.
Jedenfalls war das bei mir so.
Ich denke mal, genau aus diesem Grund hat Dr. G. Stöhrt es mir auch empfohlen. Ein Buch zu schreiben, meine ich. Um mich abzulenken... von anderen Sachen.
Oder anderen Menschen.
Wobei ich zugeben muss, dass ich sowieso nicht mehr viele alternative Beschäftigungsmöglichkeiten hatte, weil meine Eltern mir ja meinen Fernseher weggenommen haben und es mir echt schwerfällt, meine Lieblingssendungen im Wohnzimmer zu genießen. Es ist mir irgendwie peinlich, es mir vor dem Fernseher gemütlich zu machen, um »Das Zweihundert-Kilo-Mädchen: Die schockierende Wahrheit« zu schauen, wenn andere Leute mitkriegen, was ich mir da reinziehe.
Die Arbeit an dem
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