Dein ist das Leid (German Edition)
Liegestütze, fühlte, wie der Schweiß seine Sachen durchtränkte, und hoffte, die immense Kraftanstrengung könnte die Geister der Vergangenheit verscheuchen, die in den letzten Monaten mit aller Macht zurückgekommen waren und ihn verfolgten.
Sie hatten ihn eine Weile in Ruhe gelassen. Aber seit der Entführung von diesem kleinen Mädchen …
Er ließ sich auf den Boden sinken, die Stirn auf den Teppich gedrückt, und atmete schwer. Erinnerungen hinterließen tiefe Narben. Selbst bei einem früheren Mitglied der Navy SEALs. Besonders bei einem ehemaligen Navy SEAL. Jeder glaubte, diese Männer würden Emotionen gar nicht an sich heranlassen. Das stimmte aber nicht. Was er während jener Jahre mit ansehen musste, hatte ihn möglicherweise zu einem besseren FBI-Agenten und nun zu einem wertvollen Mitarbeitervon Forensic Instincts gemacht, aber es hatte ihm auch etwas genommen, das er niemals zurückbekommen würde.
An dessen Stelle war etwas Düsteres und Zerstörerisches getreten.
Marc riss abrupt den Kopf hoch, als er die Türklingel hörte. Es war niemand aus dem Team, alle hatten Schlüssel und kannten den Sicherheitscode. Instinktiv griff Marc nach seiner Pistole, die auf dem Tisch lag. Er erhob sich und warf einen Blick auf das kleine Fenster auf dem Computerbildschirm, das ein Bild der Überwachungskamera über der Haustür zeigte.
Eine Frau stand davor.
Marc drückte auf den Knopf der Sprechanlage. „Ja?“
Stille.
„Ist dies das Büro von Forensic Instincts ?“, hörte er die Stimme der Frau.
„Ja.“ Marc hätte sie auf die absurde Uhrzeit hinweisen können. Aber er war fünf Jahre lang in der Abteilung für Verhaltensanalyse beim FBI gewesen. Durch die Zeit bei der Behavioral Analysis Unit konnte er Menschen und ihre Stimmlagen lesen. Und diese Stimme klang matt und mitgenommen. Panisch. Das würde er nicht ignorieren.
„Ich … ich habe gar nicht geglaubt, dass noch jemand da sein würde. Ich habe gebetet, dass es so wäre.“ Ihre Worte bestätigten seine Einschätzung. „Ich hatte Angst, dass Sie nicht rangehen würden, wenn ich anrufe. Bitte … darf ich hereinkommen? Es ist wichtig. Mehr als das. Es geht um Leben und Tod.“
Noch bevor sie mit ihrer verzweifelten Bitte fertig war, hatte sich Marc schon entschieden. Er steckte seine Pistole weg. „Ich komme runter.“
Er legte sich ein Handtuch um den Hals und lief zur Treppe. Ein professionelles Erscheinungsbild war ihm im Augenblick ziemlich unwichtig.
Im Foyer gab er den Code ein und öffnete die Tür.
Die Frau, die dort mit einer Aktenmappe unter dem Arm stand, war brünett und etwa Mitte dreißig, obwohl die Anspannung, die sich in ihrem Gesicht abzeichnete, und die dunklen Ringe unter ihren Augen sie älter wirken ließen. Sie steckte in einem dicken Wintermantel, sodass ihre Figur schwer abzuschätzen war. Außerdem klammerte sie sich an den Mantel, als wäre er ein Schutzschild.
Sie starrte Marc aus großen Augen an, seine imposante Statur, diehohen Wangenknochen, den dunklen Teint und die aristokratische Nase, die er von seinen französischen Vorfahren geerbt hatte, und die nachdenklichen, leicht asiatischen Augen, Zeichen der Herkunft seiner Großeltern mütterlicherseits.
Seine eindrucksvolle Erscheinung machte die Frau nervös, sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Sie sind nicht Casey Woods“, stellte sie das Offensichtliche fest. Sie war nicht nur unsicher, sondern stand erkennbar unter Schock.
„Ich bin Marc Devereaux, ein Partner von Casey“, erwiderte Marc mit einer Stimme, die absichtlich beruhigend klang. „Und Sie sind …?“
„Amanda Gleason.“ Sie riss sich zusammen. „Tut mir leid, dass ich so spät hier auftauche. Aber ich konnte das Krankenhaus nicht früher verlassen. Ich habe nicht viel Zeit. Bitte, kann ich mit Ihnen reden? Ich möchte Sie gern engagieren.“
„Krankenhaus? Sind Sie denn krank?“
„Nein. Ja. Bitte … ich muss Ihnen das erklären.“
Marc zog die Tür ganz auf und bedeutete ihr hereinzukommen. „Entschuldigen Sie mein legeres Erscheinungsbild. Ich hatte keine Klienten mehr erwartet.“ Von oben ertönte ein tiefes, warnendes Bellen, gefolgt vom schnellen Tapsen von Pfoten. Ein geschmeidiger roter Bluthund rannte die Treppe runter, blieb neben Marc stehen und bellte die Fremde an.
„Alles okay, Hero“, sagte Marc. „Ganz ruhig.“
Der Hund gehorchte sofort.
„Hero ist ein Spürhund und gehört zu unserem Team“, erklärte Marc. „Aber wenn
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