Dein ist die Rache. McAvoys zweiter Fall: Ein Yorkshire-Krimi (Ein Aector-McAvoy-Krimi) (German Edition)
der linken Brust hervor. Sie streift es über und strampelt die Beine in die Stiefel, als das Telefon zu piepsen beginnt. Nachrichten und entgangene Anrufe ausspuckt.
Sie schließt die Augen und bereitet sich vor, während sie zur Tür des Wintergartens geht und sie aufschiebt. Sich die Lunge mit kühler, frischer Luft vollsaugt und vor einer Geräuschkulisse von zwitschernden Vögeln und scharrendem Schotter wieder in ihr Leben einklinkt.
Die gesuchte Nachricht war eingetroffen, zehn Minuten nachdem der Wagen den Mann umpflügte, den zu ficken man ihr befohlen hatte.
Tut mir leid. Schaffe es nicht. Wirst du trotzdem für mich spielen und mir sagen, wie er dich berührt hat? Wünschte, ich könnte sehen, was für ein böses Mädchen du bist. xx
Suzie schluckt. Verzieht leicht das Gesicht und ballt die Hände zu Fäusten. Seine nächste SMS stammt vom darauffolgenden Morgen.
Warst du gestern Nacht ein böses Mädchen? xx
Dann:
Du meldest dich gar nicht mehr. Hast du gekniffen? Machst du dich lustig über mich?
Es gibt eine Lücke von ein paar Stunden. Erzürnt:
Wusste gleich, du bist genau wie die anderen. Nichts als eine große Klappe.
Sie scrollt weiter. Findet seine nächste Mitteilung:
Klingt, als wärst du gerade noch mal davongekommen. Schlimmer Unfall auf dem Parkplatz. Glückskind. X
Endlich:
Komme vielleicht zu der Party, die du erwähnt hast. Lincolnshire, nicht wahr? Habe gegoogelt, klingt toll. Bin ich willkommen? X
Suzie starrt über die Felder. Sieht eine fette Taube mit lila Hals vorsichtig über den Holzzaun spazieren. Sie kneift die Augen zusammen und überlegt, ob das braune Ding an der Hecke ein Hase ist oder ein vergessener Ugg -Stiefel von gestern Abend.
Sie sieht ihre anderen Nachrichten durch. Nichts von der Polizei wegen des Unfalls, aber ein Haufen Anfragen, wo sie ist und was sie macht, von der Arbeit, von Freunden. Ein Facebook-Alert von ihrer Mum.
Ihre Augen schließen sich beinahe von allein. Das Gefühl, neben sich zu stehen, löst sich auf. Sie kommt zu sich selbst zurück, geleitet von den Schmerzen in ihrer Kehle und der kalten Leere in ihrem Inneren. Im Moment weiß sie nicht genau, was sie von sich halten soll. Weiß nur, dass sie Simon im Stich gelassen hat, indem sie seinen Selbstmord ohne Fragen akzeptierte. Sie fürchtet, dass sie das Andenken ihrer Freundschaft beschmutzt hat, indem sie ihrer Furcht nachgab und die schwerverdauliche Wahrheit ignorierte.
Es war die Schäbigkeit seines Lebens, die Simon gehasst hatte. Die Eingeschränktheit. Die Unfähigkeit, so hell oder brillant zu strahlen, wie er es gern getan hätte. Aber dieser Seelenschmerz hatte ihn nicht das Leben gekostet. Nein, er war von jemandem ermordet worden, den er glücklich machen wollte, und bei dem Gedanken möchte Suzie am liebsten weinen.
»Jemand will mich umbringen, Si«, sagt sie unterdrückt. »Derselbe, der dich umgebracht hat.«
Sie schlägt die Augen auf, als sie sich mit Tränen füllen wollen. »Es tut mir leid.«
»Was meinst du, meine Liebe?« Suzie wendet sich um. Christine hat den Wintergarten mit einem dicken Schinkensandwich und einer Tasse Tee betreten. »Ich hab dir eine Kleinigkeit für unterwegs gemacht«, sagt sie und stellt die Sachen auf den massiven Tisch, der seit der Party abgeräumt und gewischt worden ist.
»Ach, tut mir leid, ich glaube nicht, dass …«
»Du musst etwas essen«, sagt sie. Sie streckt den Arm aus und drückt Suzie kurz. »Wunderbares Kleid«, sagt sie.
Suzie bringt kaum die Kraft auf, zu lächeln. Plötzlich will sie nur noch wegrennen. Weg von diesen alten Menschen mit ihrem schlaffen Fleisch und der stinkenden Haut und ihrer Gier, sie anzufassen, damit sie sich selbst lebendig fühlen. Sie hasst sich selbst. Hasst es, die Vermittlerin von Vitalität zu spielen. Das junge Opfer zu sein, umschleimt und begafft, bezüngelt und gekostet von Männern und Frauen, die auf der Flucht vor dem Grab sind. Sie ekelt sich vor sich selbst. Sie fühlt sich auf die falsche Art schmutzig. Die falsche Sorte Hure.
»Ich muss gehen«, sagt sie und drängt sich durch die Tür des Wintergartens, verliert das Höschen von gestern, als sie in der Tasche nach dem Autoschlüssel sucht.
»Dunc!« Christine ruft nach ihrem Mann. »Dunc, sie will weg …«
Der große Mann taucht hinter einem weiß getünchten Nebengebäude auf. Er lächelt übers ganze Gesicht.
»Schon am Gehen, Süße? Hat doch keine Eile. Ich kann dich später mitnehmen …« Suzie fällt keine
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