Dein ist die Rache. McAvoys zweiter Fall: Ein Yorkshire-Krimi (Ein Aector-McAvoy-Krimi) (German Edition)
Zigarette. Sie hebt grüßend einen Becher Tee, als sie seine Worte hört.
»Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Bier? Cider? Es ist auch etwas Crème de Menthe da, falls Sie einen spezielleren Geschmack haben.«
McAvoy steht reglos da. Er ist unsicher und fühlt sich plötzlich befangen wegen seines Aussehens. Dem Schlamm auf seiner Kleidung, der Röte in seinem Gesicht.
»Meine Güte, Sie tragen aber komische Sachen zum Joggen«, sagt Fitzroyce, und wieder steigt Gelächter in der Menge auf.
Er wendet sich zu Ray. »Muss ich den ganzen Mist jetzt noch einmal erzählen?«
Ray funkelt die zwei Neuankömmlinge finster an, und Shaz Archer schüttelt herablassend den Kopf. »Sie haben ja sowieso nichts erzählt, Fitzroyce.«
Der Mann grinst herzlich und sieht dabei McAvoy an. »Ihr Chefboss glaubt, ich würde einen gefährlichen Flüchtling verstecken«, sagt er. »Er meint, so ein Typ, mit dem ich mal ein paar schlimme Dinger gedreht habe, hätte ihn zu mir geschickt. Struppiger Rotschopf, ein kleiner Mistkerl, wie’s klingt. Aber wirklich, den Hund eines anderen Mannes auf eine Frau hetzen? Unmöglich. Einfach unmöglich. Wenn die Hunde jetzt eingeschläfert werden …«
Er schüttelt den Kopf, und seine Stimme verklingt.
»Wie ich Ihrem Boss hier schon sagte, habe ich ›Big Al‹ Rourke seit zig Jahren nicht mehr gesehen. Anscheinend wohnt er hier in der Gegend. Toll. Vielleicht trifft man sich mal auf ein Bierchen. Aber ich habe ihn nicht gesehen, und ich weiß nichts von dem jungen Typen, den ihr sucht. Ich habe so schon genug Probleme am Hals …«
McAvoy mustert die Menge. Es müssen inzwischen an die dreißig Leute sein. Irgendetwas stört ihn, doch er kann den Finger nicht darauflegen, von der allgemein bedrohlichen Stimmung mal abgesehen.
Fitzroyce trommelt einen kleinen Rhythmus auf den Schenkeln und trinkt seinen Saft aus. Er sieht so aus, als würde er ihnen jetzt gerne höflich die Tür weisen, wenn sie nicht schon im Freien wären.
»Wollen Sie noch ein paar Flaschen?«, fragt er Ray und zeigt auf das Ale. »Haben reichlich davon. Nehmen Sie sich ein paar mit nach Hause. Dann war Ihr Besuch nicht völlig umsonst …«
»Kinder alle schon im Bett?«, fragt McAvoy plötzlich und sieht Fitzroyce an. Er hat gemerkt, was hier nicht stimmt. Er hat schon viele Roma-Lager gesehen, aber niemals eines ohne Kinder, nicht einmal um diese Uhrzeit. Tatsächlich sieht er auch nur eine Handvoll Frauen. Alles andere sind Männer, vom höheren Teenageralter bis Mitte fünfzig.
Ein Anflug von Besorgnis huscht über Fitzroyces Gesicht, wird aber rasch durch ein Lächeln ersetzt. »Stecken in ihren Betten«, sagt er. »War kalt. Ist ja auch schon spät.«
»Müssen wohl in den Schränken stecken, wenn die Jungs auch alle hier schlafen«, gestikuliert McAvoy.
Während er sich umsieht, mustert er die verschiedenen Autos, die um das Camp herum geparkt stehen. Es ist nur eines darunter, das teuer aussieht, ein schwarzer Lexus. Er kneift die Augen zusammen. Er scheint schon eine Weile hier zu stehen.
»Wir rücken gerne zusammen«, meint Fitzroyce, aber sein Blick huscht zu seiner Frau hin.
Colin Ray bemerkt es und sieht McAvoy an. Er hievt sich vom Sofa und bedeutet Shaz Archer, es ihm nachzutun.
»Hübsche Kiste«, sagt McAvoy und deutet auf den Lexus. »Ihrer?«
»Schön wär’s«, lacht Fitzroyce. »Gehört einem Kumpel. Er lässt mich gelegentlich mal fahren.«
»Versichert?«
McAvoy sagt es spielerisch dahin, zwei Kumpel, die sich amüsieren. Fitzroyce grinst. »Selbstverständlich, Sir, selbstverständlich.«
McAvoy nickt. Lässt den Blick wieder über die Menge schweifen. Greift unter sein Jackett und holt das klobige Funkgerät heraus, das er sich im letzten Moment noch geschnappt hat. Schaltet es ein und erfüllt die plötzliche Stille mit statischem Rauschen. »Zentrale, hier Sergeant McAvoy. Könnten Sie bitte ein Fahrzeug für mich überprüfen …«
»Aber nein, Mr McAvoy, das ist doch nicht nötig …«
»Mund halten, Freundchen«, sagt Ray und hebt die Hand. »Lassen Sie den Beamten seinen Job machen.«
Fitzroyce sieht noch einmal zu seinem Wohnwagen hin, dann wieder in die Menge.
McAvoy geht auf und ab, während er ins Funkgerät spricht. Wechselt die Position. »Sie«, sagt er und deutet in die Menge. »Name?«
Der Mann vor ihm ist groß, kräftig gebaut und hat einen kahlrasierten Schädel. Er trägt ein schwarzes T-Shirt, unter dem sich starke Muskeln wölben, und seine
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