Dein ist mein ganzes Herz
Buchanan, es wird keinen Skandal geben. Meine Schwester und ich werden in Kürze diesen hübschen Gasthof verlassen und begleitet von unserer Zofe in unserer eigenen Kutsche nach London zu rückkehren."
"Und wer soll mich daran hindern, die Geschehnisse dieser Nacht überall herumzuerzählen?" höhnte er.
"Der Marquess of Hazelmere natürlich." Dorothea hätte alles darum gegeben, diesen Namen nicht als Druckmittel benutzen zu müssen. Doch da Cecilys Glück auf dem Spiel stand, wollte sie alles Notwendige tun, um es zu bewahren.
"Ein netter Versuch, meine Liebe, aber leider ein wirkungsloser. Ich weiß zufällig, daß sich der arrogante Herr nicht in der Stadt befindet. Wenn er zurückkehrt, ist der Schaden bereits geschehen."
Dorothea maß ihn mit einem eisigen Blick. "Mein bester Sir, wenn Ihre Informationen über die Unternehmungen des Marquess verläßlich wären, wüßten Sie, daß er seit heute wieder in London ist." Sie drehte sich zu ihrer Schwester um. "Komm, Liebes, wir müssen gehen."
Edward Buchanan gab sich immer noch nicht geschlagen. "Ich habe nicht die Absicht, Sie fortzulassen. Wir werden heiraten. Ich habe eine Sonderlizenz besorgt, und im Ort gibt es einen Geistlichen, der uns trauen kann."
"Mr. Buchanan, ich werde Sie nicht heiraten", wiederholte Dorothea. "Nicht jetzt, nicht heute nacht, nicht irgendwann."
"O doch, das werden Sie."
Dorothea öffnete schon den Mund, um ihm erneut zu widersprechen, als von der Tür her eine ruhige Stimme erklang. "Ich muß Sie enttäuschen, Mr. Buchanan, aber in diesem Fall hat Miss Darent völlig recht." Drei Augenpaare richteten sich auf den Marquess of Hazelmere, der lässig im Türrahmen lehnte.
Dorothea hätte gern gewußt, wie lange Lord Hazelmere da bereits gestanden hatte. Er lächelte, trat zu ihr und küßte ihr wie gewohnt die Hand. Tony Fanshawe, der ihm gefolgt war, schloß die Tür. Cecily hatte ihn kaum erblickt, als sie ihm auch schon entgegenstürzte.
Edward Buchanan hatte es vorübergehend die Sprache verschlagen. Aus seinem Gesicht war jedes Anzeichen von Intelligenz verschwunden. Er starrte Lord Hazelmere an, der seinen Blick mit einem seltsamen Glitzern in den braunen Augen erwiderte.
"Ehe wir diese sinnlose Diskussion fortsetzen, sollte ich Sie vielleicht mit einer Tatsache vertraut machen", sagte er. "Miss Darent behält auch nach der Eheschließung die Kontrolle über ihr Gut Grange."
Buchanan sah aus, als ob man ihm einen Eimer Wasser über den Kopf geschüftet hätte. Sekundenlang brachte er kein Wort heraus. Schließlich stotterte er: ,,Aber das ist ... Ich wurde in die Irre geführt ... Lord Darent
hat mich getäuscht ... Sir Hugo auch ..."
Dorothea, Cecily und Tony lauschten diesen interessanten Enthüllungen fasziniert.
"Ich denke, Sie brauchen nach all Ihren Anstrengungen einen langen Urlaub", redete der Marquess weiter. "Vielleicht auf Ihren Gütern in Dorset? Jedenfalls will ich Sie weder in London noch sonstwo je wiedersehen. Falls mir irgendwann zu Ohren kommen sollten, daß Sie eine Entführung planen oder jemand belästigen, werde ich Ihre Briefe mit einer detaillierten Schilderung Ihrer verbrecherischen Umtriebe den Behörden übergeben. Die Briefe zeigen alle die gleiche Handschrift, einen haben Sie sogar freundlicherweise mit Ihrer Unterschrift versehen. Glauben Sie mir, das wird die Leute sehr interessieren."
Edward Buchanans großartiger Plan löste sich vor seinen Augen in Nichts auf. ,,Aber der Skandal ..." Er verstummte, als er den Ausdruck in Hazelmeres Augen sah.
"Da muß in Mißverständnis vorliegen, Sir", sagte der Marquess in einem so eiskalten Ton, daß Buchanan das Blut förmlich in den Adern gefror. "Die Schwestern Darent, begleitet von ihrer Zofe und einem Kutscher, sind im Begriff, unsere Familien auf ihren Landsitzen zu besuchen. Fanshawe und ich wurden in der Stadt aufgehalten. Wir hatten verabredet, uns hier zu treffen. Wollen Sie etwa andeuten, daß das in irgendeiner Form unschicklich wäre?''
Buchanan erblaßte. Er beeilte sich zu versichern, daß er nichts derartiges beabsichtigt hätte. Mit einem Finger fuhr er in sein Halstuch, als ob es ihm plötzlich zu eng geworden wäre. Ein hastiger Rückzug schien ihm die einzige Möglichkeit zu sein, sich aus der Affäre zu ziehen. "Es ist spät geworden", stammelte er. "Ich muß mich auf den Weg machen. Ihr Diener, meine Damen, Gentlemen!" Unter tiefen Verbeugungen tastete er sich zur Tür, gleich darauf erklang das Geräusch von sich
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