Dein Name
Tag. Nein, sie wollten nie mehr neben Hindus wohnen, sagten die Vertriebenen. Auch wenn sie gewià nicht alle Nachbarn und schon gar nicht alle Hindus beschuldigte, löse der bloÃe Gedanke Panik aus, nachts immer noch Alpträume. Andere Familien sind ins Viertel zurückgekehrt. Viel besser sehen die Häuser auch nicht aus als im Camp, denkt der Berichterstatter zunächst. Dann begreift er, daà es die Baracken der islamischen Wohlfahrt sind, auf dem Grundstück der Vertriebenen nur Schutt. Hundert Meter weiter liegen die Häuser der Hindus, zweigeschossig, mit Veranda und Bäumchen, alles andere als prunkvoll, aber doch so, daà an manchen Mauern ein Moped lehnt, auf den Dächern Satellitenschüsseln. Am Ausgang zur StraÃe, den damals die Polizei versperrte, steht seit kurzem wieder eine Moschee, nicht besonders hübsch, nicht besonders groÃ. Die alte Moschee war am 28. Februar 2002 dem Erdboden gleichgemacht worden. Für den Neubau haben auch Hindus Geld gesammelt. Mit 22 Prozent noch rasch der Abgeordnete, kaum älter als der Berichterstatter, im Regal der Kanon des globalen Bildungsbürgers von Pamuk bis No logo! , an den Wänden Poster, Fahne und Zeitungsausschnitte des FC Liverpool, auf dem Kopf dennoch ein Turban, denn er ist jetzt ein Hindu-Führer, natürlich im Westen studiert, Middle East Studies, den Koran lobt er als bemerkenswertes Buch, mit Blick auf die Zeit truly humanistic , und die Muslime sind, wie der Berichterstatter, wo kommt der Name noch mal her?, vielleicht weiÃ, nicht mit dem Schwert nach Indien gekommen, sondern als Händler und Sufis. Die Schulbücher? Wurden bereits unterm Kongreà ausgetauscht, erinnert der Abgeordnete, I have seen the camps, I know itâs horrific, gibt er ohne Umschweife zu, seine Partei habe 2002 vollständig versagt, aber auch gelernt, selbst Gujarats Chief Minister habe gelernt, der dennoch ein Mann der Vergangenheit sei. â Wir sind die Zukunft, weshalb sich niemand vor der Zukunft fürchten müsse, genau der Typ Politiker, auf den eine â für welches der Attribute wird sich der Berichterstatter entscheiden? â nationalistische, religiöse, fundamentalistische, extremistische, radikale, rechtspopulistische Partei angewiesen ist, um Zukunft zu haben, persönlich glaubwürdig oder nicht, was weià man denn nach einer Stunde?, hatte in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen der Muslime in der gesamten Provinz und erinnert sich an das legendäre Match des FC Liverpool gegen den FC Cologne. Das mit der zweiten Liga tue ihm leid. Zwölf Prozent sind nicht mehr genug, um vom Aschram Gandhis zu berichten, der die Landlosen zu Bauern machen wollte, wie es auf einer Schrifttafel hieÃ. »I am mostly busy making sandals these days«, schrieb Gandhi einem Freund, während er auf allen Titelseiten der Welt war: »I have made already 15 pairs. When you need new ones now, please send me the measurements. And when you do so, mark the places, where the strap is to be fixed â that is on the outer side of the big toe and the little one.«
Seit einer knappen Stunde steht das Flugzeug, das ihn einen Tag früher als vorgesehen nach Srinagar bringen soll, weil er auf dem FuÃmarsch nicht einmal mit den Lahmen mithalten konnte, boarding completed auf der Parkposition, die vordere Tür offen. Ansagen gab es nur auf hindi, dafür Bonbons mit Kaffeegeschmack. Ein Offizier schaut sich im Flugzeug um, als suche er unter den Passagieren den Feind, und telefoniert zwischendurch mit ernster Miene. Ein anderer, sein Vorgesetzter?, um die Sechzig, groÃe Hornbrille mit Halsband, Polo- T- Shirt, schleicht herum â aber es ist ein Passagier, wie sich soeben herausstellt, weil er sich zu seiner zwei- oder dreijährigen Tochter setzt. Auch der Offizier setzt sich, eine der Stewardessen, die im Staatsdienst deutlich älter sind als bei den neuen, privaten Fluggesellschaften, verschlieÃt die Tür. Wahrscheinlich war nur die Startbahn belegt. Und der Berichterstatter dachte, es sei schon der Krieg. Bis er den Laptop ausschalten muÃ, will er noch das Bild wie von Brecht einfangen, Lumpenproletariat formiert und wehrt sich: Fünfundzwanzigtausend Menschen, die in drei Reihen marschieren, die meisten in Gummisandalen, viele barfuÃ, in der Mitte die Frauen in bunten Saris, auÃen die Männer in cremefarbenen Hemden und ebensolchen Dotis, den um die Beine
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