Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter
schlängele mich über den Victoria Square und fahre die Queen’s Road hinunter. Einkaufsbummler schwärmen über die Bürgersteige, und der dichte Verkehr des Sonntagnachmittags hat die Kreuzungen verstopft. Ich steuere ein mehrstöckiges Parkhaus neben der Eishalle an und kurve auf der Suche nach einem freien Platz die Betonrampen hoch.
Der Range Rover verriegelt sich mit einem beruhigenden Klicken und einem Blinken der Lichter. Ich gehe die Treppe hinunter ins Freie und folge der Frogmore Street, bis ich in der Menge der Einkaufenden und Touristen untergetaucht bin.
Vor mir liegt die geschwungene Fassade des Council House, jenseits davon die Kathedrale. Die Ampeln springen um. Gänge werden eingelegt. Ein Bus mit offenem Oberdeck gondelt zwischen Dieseldämpfen aus den Auspuffrohren dahin. Ich warte an der Ampel und schalte das Handy ein. Das Display leuchtet mit einem Singsang-Ton auf.
Menü. Optionen. Letzte gewählte Nummer.
Sie meldet sich voller Hoffnung. »Charlie?«
»Hallo, Julianne, hast du mich vermisst?«
»Ich möchte mit Charlie sprechen.«
»Ich fürchte, sie ist beschäftigt.«
»Ich muss wissen, dass es ihr gut geht.«
»Vertrau mir.«
»Nein. Ich will ihre Stimme hören.«
»Bist du sicher?«
»Ja.«
Ich drücke auf die Play-Taste und spiele die Aufnahme ab. Charlies Schreie dringen in ihr Ohr, zerfetzen ihr Herz und vertiefen die Risse in ihrer Seele.
Ich stoppe das Band. Juliannes Atem geht zitternd.
»Hört dein Mann zu?«
»Nein.«
»Was hat er über mich gesagt?«
»Er sagt, Sie werden Charlie nichts tun. Er sagt, Sie tun Kindern nichts.«
»Und du glaubst ihm?«
»Ich weiß nicht.«
»Was hat er noch über mich gesagt?«
»Er sagt, Sie wollen Frauen bestrafen … mich bestrafen. Aber ich habe Ihnen doch gar nichts getan. Charlie hat nichts getan. Bitte lassen Sie mich mit ihr reden.«
Ihr Gejammer fängt an, mir auf die Nerven zu gehen.
»Warst du je untreu, Julianne?«
»Nein.«
»Du lügst mich an. Du bist genau wie alle anderen. Du bist eine verschlagene, verlogene, verräterische Hure mit einem Pestloch zwischen den Beinen und einem weiteren im Gesicht.«
Eine an der Ampel wartende Fußgängerin hat den letzten Satz mitgehört. Sie reißt die Augen auf. Ich beuge mich näher zu ihr und sage: »Buh!« Sie sucht so hastig das Weite, dass sie fast über die eigenen Füße stolpert.
Ich überquere die Straße und gehe durch die Parkanlage vor der Bristol Cathedral. Mütter schieben Kinderwagen. Ältere Paare sitzen auf Parkbänken. Tauben flattern von dem Dachgesims der Kathedrale auf.
»Ich frage dich noch einmal, Julianne, warst du je untreu?«
»Nein«, schluchzt sie.
»Und was ist mit deinem Chef? Du rufst ihn ständig an. Du bleibst bei ihm in London.«
»Er ist ein Freund.«
»Ich habe gehört, wie du mit ihm geredet hast, Julianne. Ich habe gehört, was du gesagt hast.«
»Nein … nein. Ich will nicht darüber reden.«
»Weil die Polizei dieses Gespräch mithört«, sage ich. »Du
hast furchtbare Angst, dass dein Mann die Wahrheit erfahren könnte. Soll ich es ihm sagen?«
»Er kennt die Wahrheit.«
»Soll ich ihm sagen, dass du es leid warst, in seinem Bett zu liegen und seinen pickeligen Rücken zu betrachten, und deshalb eine Affäre hattest?«
»Bitte nicht. Ich möchte bloß mit Charlie reden.«
Ich spähe durch den feinen Nieselregen zu den Gebäuden auf der anderen Seite der Park Street. Auf dem Weinmuseum kann ich die Umrisse eines Telefonmasts ausmachen. Wahrscheinlich ist es der nächste.
»Ich weiß, dass dieser Anruf aufgezeichnet wird, Julianne. Wahrscheinlich ist es die reinste Party-Line. Und dein Job ist es, mich so lange wie möglich am Telefon zu halten, damit sie das Signal orten können.«
Sie zögert. »Nein.«
»Du bist keine sehr gute Lügnerin. Ich habe mit einigen der besten Lügner gearbeitet, und sie haben mich nie lange angelogen.«
Ich überquere das College Green im Schatten der Kathedrale und blicke in die Anchor Road. In einem Umkreis von knapp einem Kilometer gibt es garantiert fünfzehn Telefonmasten. Wie lange brauchen sie, um mich zu finden?
»Charlie ist sehr geschmeidig, nicht wahr? Wie sie ihren Körper verbiegen kann. Sie kann ihre Knie bis an die Ohren ziehen. Sie macht mich sehr glücklich.«
»Bitte rühren Sie sie nicht an.«
»Dafür ist es längst zu spät. Du solltest hoffen, dass ich sie nicht umbringe.«
»Warum tun Sie das?«
»Frag deinen Mann.«
»Er ist nicht hier.«
»Warum
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