Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter
Schulstrumpfhosen. In einem Paar gestreifter Fußballsocken spüre ich ein Vibrieren: ein Mobiltelefon. Ich zerre es heraus und klappe es auf.
»Hey, Joe, hab ich dich geweckt? Wie kannst du in Zeiten wie diesen schlafen? Mann, du bist echt kalt.«
Ich stöhne Charlies Namen. Ihre Matratze gibt unter dem Gewicht meines Körpers nach. Gideon muss das Handy dort deponiert haben, als er in unser Haus eingebrochen ist. Die Polizei hat nach Fingerabdrücken und Faserspuren gesucht, nicht nach Mobiltelefonen.
»Hör zu, Joe, ich hab mir gedacht, dass du bestimmt eine Menge über Huren weißt, wo du doch mit einer verheiratet bist.«
»Meine Frau ist keine Hure.«
»Ich habe mit ihr gesprochen. Ich habe sie beobachtet. Sie ist ein heißer Feger. Sie hätte mich gevögelt. Das hat sie mir gesagt. Sie hat mich angefleht, sie zu bumsen. ›Nimm mich, nimm mich, hat sie gesagt.‹«
»Das ist die einzige Art, wie du eine Frau kriegen kannst: Du musst ihre Tochter entführen.«
»Ach, ich weiß nicht. Ihr Boss vögelt sie. Und er unterschreibt ihre Gehaltsschecks, damit ist sie doch wohl eine Hure.«
»Das stimmt nicht.«
»Wo war sie denn Freitagabend?«
»In Rom.«
»Komisch, ich hätte schwören können, dass ich sie in London gesehen habe. Sie hat in einem Haus in Hampstead Heath übernachtet. Sie ist um acht gekommen und am nächsten Morgen um acht wieder gegangen. Gehört einem reichen Typen namens Eugene Franklin. Nettes Häuschen, billige Schlösser.«
Meine Brust schnürt sich zu. Ist das eine weitere von Gideons Lügen? Er macht es so mühelos, flicht gerade genug Wahrheit ein, um Zweifel und Verwirrung zu säen. Ich komme mir plötzlich vor wie ein Fremder in meiner Ehe. Ich will Julianne verteidigen. Ich will Beweise dafür vorbringen, dass er sich irrt. Aber meine Gegenargumente klingen kümmerlich, meine Ausflüchte schmecken schal, noch bevor ich sie über die Lippen bringe.
Charlies Schlafanzug quillt unter ihrem Kopfkissen hervor, ein pinkfarbenes Oberteil und eine Hose aus Flanell. Ich reibe den aufgerauten Stoff zwischen Daumen und Zeigefinger, wie um ihr Bild in allen Einzelheiten heraufzubeschwören.
»Wo ist Charlie?«
»Gleich hier.«
»Kann ich mit ihr sprechen?«
»Sie ist gefesselt, verschnürt wie ein Weihnachtstruthahn und bereit für die Füllung.«
»Warum hast du sie entführt?«
»Reim es dir selbst zusammen.«
»Ich weiß, wer du bist, Gideon. Du hast die Truppe unerlaubt verlassen. Du hast für den militärischen Geheimdienst gearbeitet. Die wollen dich zurückhaben.«
»Es ist immer schön, begehrt zu sein.«
»Warum sind die so scharf darauf, dich zu kriegen?«
»Das kann ich dir nicht verraten, Joe. Sonst muss ich dich womöglich umbringen. Ich habe dem Wort Geheimdienst eine neue Dimension gegeben. Ich bin einer jener Soldaten, die eigentlich gar nicht existieren sollten.«
»Du bist Verhörspezialist.«
»Ich weiß, wie man die richtigen Fragen stellt.«
Die Unterhaltung beginnt ihn zu langweilen. Er erwartet mehr von mir. Ich soll ihm eine Herausforderung bieten.
»Warum hat deine Frau dich verlassen?«
Ich höre seinen ruhigen, unbarmherzigen Atem.
»Du hast sie in die Flucht getrieben«, sage ich. »Du hast versucht, sie einzuschließen wie eine Prinzessin in einem Turm. Warum warst du so sicher, dass sie eine Affäre hatte?«
»Was soll das werden - eine beschissene Therapiesitzung?«
»Sie hat dich verlassen. Du konntest sie nicht auf Dauer glücklich machen. Wie hast du dich da gefühlt? Bis dass der Tod euch scheidet, habt ihr euch das nicht versprochen?«
»Die Schlampe ist gegangen. Sie hat mir meine Tochter weggenommen.«
»Soweit ich weiß, ist sie nicht gegangen, sondern gerannt. Sie hat das Gaspedal durchgetreten und so schnell wie möglich das Weite gesucht. Hat dich mit halb heruntergelassener Hose in deiner Einfahrt stehen lassen.«
»Wer hat dir das erzählt? Hat sie dir das erzählt? Weißt du, wo sie ist?« Er schreit jetzt. »Willst du wissen, was wirklich passiert ist? Ich habe ihr ein Kind geschenkt. Ich habe ihr ein Haus gebaut. Ich habe ihr alles gegeben, was sie wollte. Und weißt du, wie sie mir ihre Dankbarkeit gezeigt hat? Sie hat mich verlassen und mir meine Chloe gestohlen. Soll sie elend verrecken und in der Hölle verrotten …«
»Du hast sie geschlagen.«
»Nein.«
»Du hast sie bedroht.«
»Sie lügt.«
»Du hast ihr Angst gemacht.«
»SIE IST EINE HURE!«
»Tief durchatmen, Gideon. Beruhige dich.«
»Sag mir
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