Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter
mattes Stöhnen und ein röchelnder Atem künden von seiner Bewusstlosigkeit. Sein Kopf sackt nach vorne. Ich klappe die Zeitschrift auf, breite sie über sein Gesicht und schlage seine Beine wieder übereinander. Er könnte auch schlafen.
Dann klopfe ich an die Tür. Es dauert einen Moment, bis sie antwortet. Die Tür wird einen Spalt breit geöffnet. Ihre Umrisse zeichnen sich vor einem Schleier aus weißem Licht aus dem Bad hinter ihr ab.
»Mrs. O’Loughlin, ich soll Sie zur Zentrale bringen.«
Sie blinzelt mich an. »Ist irgendetwas passiert? Hat man sie gefunden?«
»Sind Sie angezogen? Wir müssen los.«
»Ich hole meine Tasche.«
Ich stelle den Fuß in die Tür, damit sie nicht wieder zufällt, als sie auf nackten Füßen tappend im Bad verschwindet. Ich möchte ihr ins Zimmer folgen, um sicherzugehen, dass sie niemanden anruft. Ich blicke den Flur auf und ab. Warum braucht sie so lange?
Sie taucht wieder auf. Kleine Details ihrer Erscheinung verraten ihren inneren Kampf. Ihre Bewegungen wirken langsam und übertrieben. Ihr Haar ist nicht gebürstet. Die Ärmel ihrer Strickjacke sind lang gezogen und in ihren Fäusten geballt.
»Ist es kalt draußen?«
»Ja, Mam.«
Sie sieht mich an. »Sind wir uns gestern schon begegnet?«
»Ich glaube nicht.«
Ich halte ihr die Fahrstuhltür auf. Sie wirft einen Blick auf den schlafenden Detective und steigt ein. Die Tür schließt sich.
Sie drückt ihre Handtasche an ihren Körper und blickt nicht auf ihr Bild in der verspiegelten Wand.
»Hat er wieder angerufen?«
»Ja.«
»Wen?«
»Ihren Mann.«
»Geht es Charlie gut?«
»Darüber habe ich keine Informationen.«
Wir treten in die Halle des Hotels. Ich halte meine Hand nur Zentimeter hinter ihrem Rücken und weise auf die linke Drehtür. Die Halle ist leer bis auf einen Mann an der Rezeption und eine Frau, die mit einer Maschine den Marmorboden poliert.
Der Range Rover parkt um die Ecke. Sie bewegt sich zu langsam. Ich muss immer wieder stehen bleiben und auf sie warten. Ich öffne die Wagentür.
»Sind Sie sicher, dass wir uns nicht schon begegnet sind? Ihre Stimme kommt mir schrecklich bekannt vor.«
»Vielleicht haben wir schon mal telefoniert.«
63
Die Polizeizentrale in der Trinity Road schläft mit einem offenen Auge. Die unteren Stockwerke sind menschenleer, aber im Einsatzraum brennt immer noch Licht, und ein Dutzend Detectives haben die Nacht durch gearbeitet.
Die Tür zu Veronica Crays Büro ist geschlossen. Sie schläft.
Draußen ist es noch dunkel. Ich habe Ruiz geweckt und ihn gebeten, mich hierherzufahren. Vorher habe ich kalt geduscht, mich angezogen und meine Medikamente genommen.
Die Fotos der toten Christine Wheeler und Sylvia Furness blicken von den Tafeln herab. Daneben gibt es Luftaufnahmen der Tatorte, Obduktionsberichte und ein Gewirr von schwarzen Linien, die die Verbindungen zwischen gemeinsamen Freunden und Geschäftskontakte markieren.
Ich muss die Gesichter nicht ansehen. Ich wende den Kopf ab und entdecke eine neue Tafel mit einem neuen Foto - von Charlie. Es ist ein Schulfoto, auf dem sie das Haar zurückgebunden und ein rätselhaftes Lächeln aufgesetzt hat. Sie wollte nicht, dass das Bild gemacht wurde.
»Wir haben doch jedes Jahr eins machen lassen«, hatte Julianne gesagt.
»Dann brauchen wir ja nicht noch eins«, entgegnete Charlie.
»Aber ich vergleiche sie gerne miteinander.«
»Um zu sehen, wie viel ich gewachsen bin?«
»Ja.«
»Und dafür brauchst du ein Foto?«
»Wo hast du gelernt, so sarkastisch zu sein?«, hatte Julianne gefragt und mich angesehen.
Monk kommt mit den Morgenzeitungen. Auf der Titelseite ist ein Bild von mir, auf dem ich die Hand gegen die Kamera strecke, als wollte ich sie dem Fotografen aus den Händen reißen. Daneben ein Bild von Charlie, ein anderes, aus unserem Familienalbum. Julianne muss es ausgewählt haben.
Jemand hat Croissants und Gebäck bestellt. Der Geruch des frischen Kaffees weckt auch DI Cray, die mit zerknitterter Kleidung aus ihrem Büro tritt. Ihr Haar ist so kurz, dass es nicht gekämmt werden muss. Sie erinnert mich an ein Zugpferd, schwerfüßig und nicht leicht in Rage zu bringen, aber ungeheuer kraftvoll.
Monk berichtet ihr von den Ereignissen in unserem Haus, was ihre Laune nicht verbessert. Sie will, dass das Haus ein zweiten Mal durchsucht wird und diesmal gründlich, jeder Schrank und jeder Durchgang für den Fall, dass weitere Überraschungen warten.
DI Cray hat Oliver Rabb herbestellt und
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