Deine Kinder sind Deine Schuld

eingeflüstert hat, es sei der nächste Elvis. Dann kommt die Jury und sagt ihm die Wahrheit, nämlich dass er zu schlecht ist. Der junge Mann versteht die Welt nicht mehr; weinend läuft er aus dem Saal, dann blickt er trotzig in die Kamera und sagt: „Das kann doch nicht wahr sein! Die haben ja keine Ahnung. Ich weiß genau, dass ich gut singen kann. Jeder hat mir gesagt, dass ich super singe!“ Dann geht der kleine Möchtegern-Star nach Hause und erzählt Mami, was die Jury gesagt hat, und Mami wird richtig wütend. Statt dass sie sich schämt, ihren armen Jungen durch diese ganze beschämende Prozedur gehetzt zu haben, obwohl jeder, der Ohren hat, weiß, dass er nicht singen kann! Sie hat behauptet, er könne singen, weil sie ihn liebt und ihn loben will – und hat ihn in Wirklichkeit angelogen. Und wegen dieser doofen Lüge muss der arme Kerl jetzt dieses Theater durchmachen, das er sich und uns besser erspart hätte.
    Bin ich zu hart? Wenn Sie ein Elternteil sind, der sein Kind nach Strich und Faden verwöhnt, werden Sie bestimmt sagen: Ja! Wenn Sie aber wollen, dass Ihr Kind seine Möglichkeiten und Chancen realistisch einzuschätzen lernt, die Wahrheit akzeptieren kann, Kritik verträgt und weiß, wann es nicht so gut war, sollten Sie einsehen: Ehrlich währt am längsten. Ehrlichkeit kann weh tun, ist aber immer die beste Lösung.
    Ein selektiver Umgang mit der Wahrheit, das heißt Dinge zu sagen, die nicht immer wahr sind, um die Gefühle eines anderen Menschen zu schonen, hilft auf längere Sicht nicht. Bedeutet das, dass Sie jemanden, der Ihrer Meinung nach schlecht war, übertrieben stark darauf hinweisen müssen? Nein, das wäre wirklich gemein. Aber ich weiß jetzt schon: Manche von Ihnen werden mich so verstehen, den Gedanken bis ins Extreme weiterverfolgen und behaupten, ich hätte gesagt, man solle böse zu kleinen Kindern sein. Halt, halt, Leute. Beruhigt Euch. Denkt erst mal in Ruhe darüber nach, bevor Ihr sowas behauptet.
    Wenn Sie ein offenes, ehrliches, liebevolles Verhältnis zu Ihrem Kind haben und wenn es weiß, dass Sie in allen Lebenslagen nur sein Bestes wollen, dann werden Sie ihm schon nicht gleich das kleine Herz brechen, wenn Sie ihm die Wahrheit sagen. Das Wichtigste ist, dass Sie diese offene, ehrliche und liebevolle Beziehung zu ihm haben, sodass es weiß, dass Sie wirklich nur sein Bestes wollen. Unter dieser Voraussetzung klingt auch die raue Wahrheit gar nicht so schlimm.
    Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass meine beiden Söhne bessere Männer geworden sind, weil sie stets die Wahrheit zu hören bekommen haben. Der größte Vorteil der unbedingten Wahrheit gegenüber Ihren Kindern, auch wenn sie unangenehm ist, ist das Vertrauen, das zwischen Ihnen und Ihren Kindern herrscht. Meine Jungs wissen, dass ich der Einzige bin, zu dem sie immer kommen können, wenn sie eine ehrliche Meinung brauchen. Ihre Freunde und ihre Familienmitglieder mögen lächeln, ihnen über den Kopf streichen und ihnen hundertmal erzählen, was für fabelhafte Burschen sie sind und wie gut ihre Entscheidung wieder mal war, aber die ungeschminkte Wahrheit haut ihnen nur ihr guter alter Dad um die Ohren. Sie sind froh darüber, dass es einen gibt, der sie ihnen so offen sagt. Sie wissen es zu schätzen, dass da einer ist, der ganz offen sagt: „Junge, da hast Du Mist gebaut!“ Erst recht freuen sie sich natürlich, wenn ihr schonungslos direkter Daddy auch mal sagt: „Klasse, das hast Du gut gemacht!“
    Ein unehrliches Kompliment hilft einem vielleicht, sich eine Weile gut zu fühlen, aber ein ehrliches Kompliment bleibt einem für immer im Gedächtnis. Ihr Kind ist klug genug, um zu wissen, wann Sie ehrlich zu ihm sind und wann nicht. Irgendwann wird es sich über Ihre Unehrlichkeit ärgern und Sie nicht mehr um Ihre Meinung bitten, weil es weiß, Sie schmieren ihm nur Honig um den Bart, anstatt ihm ehrlich die Meinung zu sagen.
    Kinder wollen Ehrlichkeit. Kinder respektieren eine ehrliche Meinung. Und sie sind ihrerseits ehrlich, wenn man es zu ihnen ist.
    Signalisieren Sie, dass Sie immer für Ihr Kind da sind
    Kinder müssen wissen, dass es bestimmte Dinge in ihrem Leben gibt, die sich nicht ändern. Ich glaube, wir alle brauchen diese Art von emotionaler Sicherheit. Deswegen halten manche Menschen so stark an ihrem Glauben fest – weil sie eine Konstante brauchen, die sich nicht verändert, Etwas, was sie nie im Stich lässt.
    Kinder brauchen das Wissen, dass ihre Eltern immer für sie da