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Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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dich!«
    Es ist bewundernswert und absolut faszinierend, wie Mary reagiert. Funktioniert trifft es eigentlich eher. Schnell nickt sie mir zu, mit tellergroßen Augen, in denen ich noch immer nicht auch nur eine Spur von Angst ausmachen kann. Schon läuft sie los. Nur Sekunden später kommt sie jedoch wieder zurück.
    »
Da ist kein Revolver, Amy!«, schreit sie.
    »
Oh, Gott, er hat ihn!«, erwidere ich panisch. »Das ist die Waffe, die Wilson bei sich trägt.«
    »
Matt«, flüstert Mary. Ihr Blick geht ins Leere. In Gedanken ist sie wohl bereits bei ihm, doch sie reißt sich noch ein letztes Mal zusammen und greift in ihre Handtasche.
    »
Hier ist mein Handy. Informier sofort die Polizei, Amy!«
    Sie wendet sich ab, und ich höre, in welch rasantem Tempo sie die Treppe hinunterstürmt. Mit zitternden Fingern versuche ich verzweifelt die rettende Telefonnummer einzutippen und scheitere dabei ein ums andere Mal. Bitte, es sind doch nur drei verfluchte Tasten. Ich muss mich besser konzentrieren.
    Der nächste – der vierte – Versuch gelingt mir endlich.
    In dem Moment, als sich am anderen Ende der Leitung eine nüchterne Männerstimme meldet, lasse ich meine noch immer zitternde linke Hand erleichtert herabsacken. Anstatt jedoch, wie erwartet, ungebremst in meinem Schoß zu landen, prallt sie gegen meinen Bauch und rutscht schlaff daran herab.
    Was, um alles in der Welt, ist das?

[home]
XXX. Kapitel
    N a, was meinst du? Für einen Plan, den ich mir auf die Schnelle aus dem Ärmel schütteln musste, klingt das doch gar nicht so verkehrt, oder?« Seine Worte tropfen nur so vor Sarkasmus.
    Der Ekel, den ich für diesen Mann empfinde, betäubt mittlerweile die Übelkeit. Zumindest ein wenig.
    »Ich meine, es ist doch durchaus denkbar, dass sich ein Mann in deiner Situation in einem weiteren einsamen Moment das Leben nimmt, findest du nicht? Mit einer Freundin – Verzeihung,
Verlobten,
die quasi im Wachkoma liegt, die er aber dummerweise geschwängert hat. Maßlos überfordert mit seiner schrecklichen Vergangenheit, verklemmt und sehr still – immer ein wenig melancholisch. Nun, Matt, du hast die perfekten Motive, um es wie einen Suizid wirken zu lassen.«
    Wie nett von Wilson, dass er mich so ausgiebig über seine Pläne in Kenntnis setzt. Wo er doch eigentlich so unter Zeitdruck ist.
    Die Wut brodelt in mir, bringt mein Blut zum Kochen. Ich bin machtlos. Er schiebt mich vor sich her, weiter in Richtung des Waldes.
    »Das Motiv ist glaubhaft, für den Rest sorge ich«, konstatiert Wilson so locker, als würde er über einen dummen Kinderstreich sprechen, nicht über meine bevorstehende Ermordung.
    Wie krank muss seine Seele sein? Erneut packt mich ein eisiger Schauder und schüttelt mich einmal kurz durch. Nun ergibt Amys Kälte während der vergangenen Monate einen Sinn für mich – einen schrecklichen Sinn. Sie war im wahrsten Sinne des Wortes in ihrer Angst erstarrt.
    Doch ich erzittere nicht aus Furcht, sondern vor Ekel und Abscheu. Wilson scheint das nicht mal zu bemerken, oder aber es ist ihm gleichgültig. Unbeeindruckt fährt er fort: »Die richtige Hand ist wichtig. Du bist Rechtshänder. Die korrekte Entfernung und einen denkbaren Winkel muss man beachten. Und es empfiehlt sich natürlich, einen sauberen Lappen bei sich zu tragen, um unerwünschte Spuren verwischen zu können. Wie der Zufall es will, hat Diane mir erst heute Morgen ein frisches Taschentuch hingelegt. Wenn sie zurückkommen, sitze ich in Toms Sessel und erkläre, dass du zu einem Spaziergang aufgebrochen bist. Den Schuss habe ich nicht gehört. Himmel, wir haben den Vierten Juli; heute wird andauernd geschossen, abgesehen von den Feuerwerken am Abend. Bis sie es merken und man dich hier findet ...«
    ...
bist du über alle Berge
, beende ich seinen Satz in Gedanken. Nun, jemand der ein kleines Mädchen eiskalt vergewaltigt und ermordet, erledigt einen Mord wie diesen hier wohl wirklich mit einer derartigen Gleichgültigkeit.
    Angesichts der Tatsache, dass wir gerade über die kleine Brücke gehen, die uns direkt in das schützende Dickicht führt, wäre es nun wohl langsam an der Zeit, endlich in Panik zu geraten. Doch ich kann mich nicht dazu bringen, Angst zu empfinden. Meine Gedanken drehen sich um Amy, unsere Tochter und um Mary, die offenbar zu Besuch gekommen ist. Ob Mary nun bei ihr ist? Vielleicht wundert sie sich, dass wir Amy allein gelassen haben. Hoffentlich gerät sie nicht in Schwierigkeiten, wenn Wilson

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