Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
bist wirklich naiv, Angela, wenn du glaubst, dass bei uns im Staat alles mit rechten Dingen zugeht. Die Politiker decken einander, die Verwaltung gibt sich selbst immer neue Aufgaben, damit sie wie ein Geschwür wachsen kann, und die armen einfachen Steuerzahler wie wir sind die Dummen. Dem Vögtli traue ich alles zu, auch dass er einen Spezi aus der eigenen Partei deckt. Sauhafen, Saudeckel, so läufts bei uns, und auch du wirst das mit zunehmender Erfahrung noch lernen, Kleine!“ Er lachte hämisch und machte sich davon in die Küche, wo er weiter Schränke öffnete und nach etwas Verwertbarem suchte.
„Blödes Arschloch“, hörte er Angela zischen, aber so leise, dass es der Chef nicht mitbekam. Immer wieder lockte er sie aus der Reserve; er wusste, dass er ihr mit seiner Weltanschauung und seinen verallgemeinernden Sprüchen tüchtig auf die Nerven ging. Anderseits verdiente sie es nicht anders, denn erstens war sie noch jung und unerfahren und man musste ihr zeigen, worauf es in der Polizeiarbeit ankam. Zweitens war seine eigene Zusammenarbeit mit Nick schlechter geworden, seit Angela zum Team gestossen war. Immer war sie es, die die interessanten Aufträge und Aufgaben erhielt, während er, Gefreiter Peter Pfister, seit 35 Jahren im Dienste der Aargauer Kantonspolizei und Vorstandsmitglied der Gewerkschaft, die Routinetätigkeiten erledigen musste. Sollte sie sich nur ärgern; wenn es drauf an kam, waren beide, sein Chef und seine Kollegin, auf Peter Pfister und sein Wissen angewiesen.
„Hört auf zu streiten, ihr zwei. Schaut mal, hier sind Fotos, die sollten wir uns ansehen.“ Nick stand vor einem Büchergestell und blätterte in einem Album: Seidenpapier zwischen den Seiten, die Fotos sorgfältig eingeklebt und angeschrieben mit Namen und Datum, passend zum Ordnungssinn, der anscheinend Matossi eigen gewesen war. Natürlich waren die Bilder chronologisch eingeklebt, und die Alben waren eigenen Themen gewidmet: Familie, Schule, Studium, Urlaub. Das letzte Foto zeigte Matossi mit zwei Männern und zwei Frauen auf einer Sonnenterrasse in den Bergen, die Rucksäcke neben sich, die Wanderschuhe ausgezogen und offensichtlich müde, aber stolz auf ihre Leistung. 'Mit Wermelingers und Röllins, Boval-Hütte, nach Abstieg vom Piz Morteratsch, 20. September 2000' stand darunter, dann kamen nur noch leere Seiten. Seit neun Jahren keine Fotos mehr?
„Kennst du den hier nicht?“ Angela zeigte auf den älteren der beiden Männer auf dem Bild. „Das ist doch der Röllin vom Steueramt, mit dem habe ich gestern gesprochen, allerdings nur kurz. Er war ziemlich schweigsam und hat nicht viel erzählt, schon gar nicht, dass er Matossi gut genug kannte, um mit ihm auf Dreitausender zu steigen. Den knöpfe ich mir nochmals vor.“
„Gut, wir nehmen das Foto mit. Vielleicht finden wir überhaupt in den anderen Alben auch noch Personen, die wir kennen, zum Beispiel Schulkameraden oder Studienkollegen. Da bist du doch der Spezialist, Peter, du kennst so viele Leute. Ich glaube, die Familienalben können wir uns schenken, die soll die Schwester uns erklären, wenn sie kommt. Aber wir nehmen sie trotzdem alle mit, das heisst, ihr nehmt sie mit. Ich bleibe noch ein wenig.“
*
Um vier Uhr traf sich das Team inklusive Meierhans und Kyburz, um die bisherigen Erkenntnisse zusammenzutragen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Der erste Bericht der Rechtsmedizin bestätigte, dass der Schuss in den Kopf die Todesursache war und dass Matossi den Schuss selbst abgegeben haben konnte, obwohl die Pulverspuren an seinen Händen auch mehrere Tage alt sein konnten. Die Pathologen würden mittels weiterer Tests überprüfen, welche Medikamente oder Drogen der Tote zu sich genommen hatte, und ob irgendwelche Krankheiten vorlagen. Der definitive Bericht würde Ende der Woche vorliegen.
„Sie werden sich aber kaum auf Mord oder Selbstmord festlegen, das tun sie eigentlich nie“, liess sich Gody Kyburz vernehmen. „Wir müssen also weiterhin beide Möglichkeiten in Betracht ziehen.“
„Obwohl der Einbruch in Matossis Wohnung für mich eher einen Hinweis Richtung Mord darstellt, nicht wahr?“ sagte Peter Pfister und schaute in die Runde.
„Kann schon sein“, antwortete Nick, „aber wie gesagt, es gibt auch noch andere Theorien dazu. Es muss nicht zwingend der Mörder oder ein Komplize gewesen sein. Jemand könnte auch einfach etwas verschwinden lassen wollen, jetzt da Matossi tot ist.“
„Also jemand“, sagte Angela und
Weitere Kostenlose Bücher