Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
raschmöglichst ins Bett.“
„Allein?“ fragte er mit wenig Hoffnung.
„Ich glaube schon, wenn es dir nichts ausmacht. Aber ich rufe dich an, sobald ich zuhause bin, du musst mir von dem Abend mit Andrew erzählen. Jetzt kommt die nächste Kundin, tschüss!“
So war es eben, sinnierte Nick, wenn zwei engagierte und passionierte Berufsleute eine Beziehung eingingen: Verabredungen waren immer nur provisorisch, planen konnte man selten, man musste die Zeit nutzen, die einem wirklich zur Verfügung stand. Es wäre viel einfacher, wenn sie wenigstens in der gleichen Wohnung lebten: dann wäre die Frage 'bei dir oder bei mir' müssig, man könnte für nur einen Haushalt einkaufen, man könnte vor dem Fernseher oder mit Musik im Kopfhörer einschlafen und würde geweckt von einer schönen Frau, die nach strengem Tagewerk nach Hause käme.
Aber sie wollte nicht, noch nicht, sagte sie. Es war, als ob sie das Gefühl hätte, etwas zu verpassen, wenn sie sich festlegte – einen besser aussehenden Mann, einen jüngeren? Eine Gelegenheit, auszubrechen und ganz neu anzufangen? War es vielleicht die Tatsache, dass sie bald fünfzig wurde und sich manchmal steinalt fühlte, wie sie sagte?
Er beschloss, das Thema der gemeinsamen Wohnung am nächsten Wochenende wieder einmal anzuschneiden und ihr zu sagen, dass er nur ungeduldig sei, weil er sie so sehr liebe und seine Zeit mit ihr verbringen wolle, so lange und so oft wie möglich. Irgendwann würde er sie überzeugen können, das wusste er, schliesslich lebte er trotz seines Berufs mit einer optimistischen Grundhaltung.
Er startete den Wagen und fuhr im dichten Feierabendverkehr nach Hause. Er legte Joe Cocker in den CD-Player, präparierte sich ein typisches Junggesellenmahl aus Frischback-Baguette, Oliven, Käse und Wein, und liess dann seine Gedanken wieder von Marina zu Matossi zurückkehren. Wo lag das Motiv?
Mittwoch
„Es tut mir Leid, dass wir Sie nochmals bei der Arbeit stören müssen, Herr Röllin.“ Angela lächelte. „Es dauert hoffentlich nicht lange.“
„Schon gut“, antwortete der Mann mit verschlossener Miene. „Fragen Sie einfach.“ Angela hatte von Nick die Aufgabe übernommen, Röllin zu verhören, weil Gody Kyburz kurzfristig eine Besprechung mit Nick und dem Kommandanten einberufen hatte. Statt eine Frage zu stellen schob Angela das Foto aus den Bergen über den Tisch und schwieg. Röllin schaute sich das Bild an und zuckte mit den Schultern. „Und? Was wollen Sie wissen?“ Er schaute Angela herausfordernd an, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich im Stuhl zurück.
„Sie haben uns am Montag gesagt, Sie hätten Gion Matossi nur beruflich gekannt und nie privat mit ihm zu tun gehabt. Das hier schaut anders aus.“
„Mag sein, aber das ist lange her. Damals war er noch nicht mein Chef, sondern ein Kollege, mit dem man etwas unternehmen konnte am Wochenende oder in den Ferien.“
„Erzählen Sie.“ Angela wollte im Moment keine Fragen stellen, sondern zuhören und beobachten. Aber Röllin war kein Mann der vielen Worte; er erzählte nur, dass sie damals im Bergsteigen ein gemeinsames Hobby gehabt hätten und mehrmals miteinander unterwegs gewesen seien.
„Wer sind die anderen Personen auf dem Bild?“
„Das hier ist meine Frau. Die beiden anderen habe ich nur auf dieser Wanderung gesehen, sie waren mit Matossi befreundet.“
„Namen?“
„Sie hiess Rita, das weiss ich noch, und er hatte einen gewöhnlichen Namen, Walter oder Hans oder ähnlich. An den Familiennamen kann ich mich überhaupt nicht erinnern, wahrscheinlich kannte ich ihn gar nie.“
„Sie heissen Wermelinger, so steht es wenigstens im Album.“
„Dann wird es wohl stimmen, Matossi war ein genauer Mensch.“
„Gut“, sagte Angela und legte ihre Hoffnung in die nächste Frage. „Hatte auch Matossi eine Frau dabei auf dieser Wanderung?“
Röllins Miene verdunkelte sich. „Nein.“
Angela wartete, aber es kam nichts mehr. „Warum war er ohne Begleitung? Hatte er keine Freundin?“
„Er kam immer allein, aber das war seine Strategie. Er versuchte immer, die Frauen der Anderen anzubaggern, und auf dieser Tour war es meine Frau.“ Angela spürte die plötzliche Wut ihres Gesprächspartners, obwohl er sich nach aussen gut im Griff hatte.
„Und liess sich Ihre Frau auf Matossi ein, damals?“
Röllin tat einen tiefen Atemzug. „Ja, die beiden flirteten heftig miteinander, und ich stand wie ein Depp daneben und machte gute Miene zum
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