Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
Frick erwähnt, von dem sie glaubt, dass ihr Bruder mit ihm zu tun hatte, einen Otto Naef. Ich habe dort angerufen, aber am Telefon gibt der Herr keine Auskunft, jemand von uns muss mit Dienstausweis und Totenschein bei ihm vorsprechen. Ich kann das heute noch machen, wenn du nichts dagegen hast.“
„Gut, dann stöbere ich noch ein bisschen in diesem alten Jahrbuch. Schau mal, da sind junge Frauen auf diesen beiden Bildern. Du kennst sie nicht zufälligerweise?“ Angela wies mit dem Zeigefinger auf das eine Foto. „Die beiden Mädchen scheinen sehr vertraut zu sein mit den Jungs. Könnte eine der beiden Maja Studer sein?“
Peter beugte sich über das Bild und nahm dann eine Lupe aus seinem Schreibtisch. Sorgfältig prüfte er die Gesichter, aber dann schüttelte er den Kopf. „Ich kann es nicht ausschliessen, aber ich glaube nicht, dass es sich bei einem der Mädchen um Maja Studer handelt. Die jungen Männer sind problemlos wiedererkennbar, aber die Frauen – nein, weder Augen noch Mund stimmen. Wir fragen morgen einfach Paul Hintermeister, der muss es doch wissen.“
„Ja, das habe ich mir auch gedacht. Es wäre ein guter Einstieg in die Vernehmung, wenn du ihn ganz harmlos nach den Namen der Personen auf den Fotos fragen würdest. Vielleicht habe ich auch noch eine weitere Spur, die in die Maturaklasse 1966 zurückführt, das braucht jedoch noch ein paar Stunden Recherche.“
Aber statt sich in die Arbeit zu stürzen, blieben beide sitzen. Sie waren verunsichert, wussten nicht, was mit ihrem Chef los war, wann er wieder auftauchen würde. Gody Kyburz hatte nur erklärt, Nick sei mindestens vierundzwanzig Stunden suspendiert, er habe seine Kompetenzen überschritten. Angela und Peter würden die Ermittlungen vorläufig selbständig weiterführen, er, Gody, sei ihr Ansprechpartner und wünsche einmal täglich über die Resultate informiert zu werden.
„Was er wohl verbrochen hat?“ wunderte sich Peter, und Angela antwortete, sie könne sich vorstellen, dass er bei der Tomet AG Staub aufgewirbelt habe.
„Aber dass er deswegen gleich zuhause bleiben muss, gefällt mir gar nicht. Ich werde heute Abend mal versuchen, ihn zu erreichen, ob ich das darf oder nicht.“
„Gute Idee. Vielleicht ist ja morgen alles wieder in Butter.“ Peter nahm seine Jacke vom Haken. „Dann fahre ich jetzt zum Treuhänder nach Frick, und nachher direkt nach Hause. Bis morgen.“
„Ciao, und fahr vorsichtig.“ Angela nahm das Telefon und wählte die Nummer des internen Archivs. Es dauerte nur zwanzig Minuten, bis die gewünschte Akte auf ihrem Tisch lag.
*
Als Nick gegen sechs Uhr abends wieder aufwachte, wusste er, was zu tun war. Er schickte eine SMS an Marina: 'Bitte lass uns nochmals reden, ich will dich nicht verlieren. XXX'.
Eine weitere Nachricht ging an Angela: 'Ruf mich an, wenn du Zeit hast. Brauche Adresse von Dienstwohnung T, muss wissen was läuft. N'.
Dann duschte er lange und heiss, nahm eine Portion selbstgemachte Minestrone aus dem Tiefkühler, erwärmte sie in der Mikrowelle und legte sich einen Teller mit Brot und Käse zurecht. Er war wieder zuversichtlicher als am Vormittag: es musste ihm gelingen, Marina von ihrem unüberlegten, sinnlosen und gefährlichen Vorhaben abzubringen – es konnte doch nicht sein, dass sie ihn von einem Tag auf den anderen verlassen wollte, das tat niemand, der bei Verstand war.
Sein Handy piepste, aber es war nicht die erwünschte Antwort: 'Morgen, habe Migräne, muss ins Bett. X'. Sie will nicht mit mir reden, dachte er, ihre Kopfschmerzen sind zwar oft real, aber heute wohl eine Ausrede. Er überlegte, ob er einfach zu ihr fahren und an ihre Tür klopfen sollte, entschied sich aber dagegen. Sie würde ihn nur wieder nach Hause schicken, Migräne hin oder her.
Seine optimistische Stimmung verflog; er musste sich eingestehen, dass innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden in seinem Liebesleben der GAU eingetreten war, und im Beruf sah es nicht anders aus. Urplötzlich verspürte er wieder diese Wut von heute früh, die Wut auf Andrew, der an allem Schuld war.
Er rief Maggie Truninger an, aber Andrew war noch nicht zurück aus Bern. Sie habe versucht mit Marina zu reden, aber es sei offensichtlich, dass alle Anrufe auf die Mailbox umgeleitet würden. „Ich werde es morgen wieder versuchen“, versprach sie, „und übermorgen, jeden Tag bis sie abfliegt. Mehr kann ich nicht tun.“
Nick dankte ihr, obwohl er nicht so recht an den Erfolg ihrer Argumente glauben
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