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Delfinarium: Roman (German Edition)

Delfinarium: Roman (German Edition)

Titel: Delfinarium: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Weins
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ebenfalls und sage: »Meinetwegen.«
    Und sie sagt: »Danke.«
    Und dann lächeln wir beide.
    Nach einer Weile drehe ich die Karte um und betrachte das Bild der größten Kuckucksuhr der Welt, die sich angeblich in Wiesbaden befindet. Ich schaue mir den Poststempel an, aber ich finde nicht heraus, wo die Karte abgeschickt worden ist.
     
    Mein Vater hat gesagt, ich solle Henry Zeit geben. Es müsse Gras über die Sache wachsen. Dann, später, viel später, wenn alles wieder eingerenkt sei, solle ich mit einem Blumenstrauß bei ihm vorbeischauen, um mich bei ihm zu entschuldigen. Noch sei es zu früh dafür. Sonst passiere ein Unglück.
    Aber ich kann unmöglich stillsitzen jetzt. Mir scheint, dass es die Gelegenheit ist, ins Reine zu kommen. Ich puste die Luft aus meinen Backen. Ich hole mein Fahrrad aus dem Schuppen und frage mich, wo der nächste Blumenladen ist.

20. Alles im Universum ist miteinander verbunden
    Ein Beluga-Airbus taucht über mich hinweg, als ich am Deich entlangradele. Ich denke, dass bald hier, wo ich jetzt Fahrrad fahre, eine riesige Landebahn bis an das Dorf heranreicht. Und dass es Zeit für mich wird. Ich trete in die Pedale und denke an Susann und was ich mit ihr getan habe, und dass es das war, was mich dazu gebracht hat, mit dem aufzuhören, was ich vorher tat: die Zeit, die Luft, die Bewegung anhalten, die Vergangenheit bewachen.
    Ich denke an das Alte Land, das sich rechts und links von mir entfaltet. Mein Altes Land, das vom Oberalten in einem Museum regiert wird. Unter dem Dach sitzt er in einer menschengroßen, perfekt eingerichteten Puppenstube und hält die Fäden in der Hand. Er sitzt unter dem Dach seines Museums an einem massiven Webstuhl und verknüpft die Fäden der Menschen des Alten Landes zu Schicksal. Ich bewege mich in diesem Augenblick, weil er an einem meiner Fäden zupft.
    Ich denke an den Oberalten vom Alten Land, und ich sehe ihn am Rand der Bundesstraße zwischen Neuenfelde und Finkenwerder stehen, dreißig Meter voraus. Links von ihm der Elbdeich, hinter dem sich die Airbuswerft befindet. Sein weißes Haar wird vom Wind gebauscht, er trägt seinen braunen Anzug und ich bin sicher, dass seine Füße in Pinguinsocken stecken. Er hält einen Kirschbaumzweig in der Linken und streckt den Daumen der anderen Hand raus wie beim Trampen, und er bringt mich zum Stoppen damit.
    »Daniel Martin, genannt Martin Daniel«, sagt er.
    »Hallo«, sage ich.
    »Also, was gibt es? Was gibt es Neues?« Er lächelt auf den Blumenstrauß hinunter.
    »Na ja«, sage ich. »Ich habe eine Postkarte bekommen. Und ich bin auf dem Weg, mich zu verabschieden.«
    »Gut.« Seine blauen Augen leuchten.
    »Sag mal, du hast nicht Lust, den Laden hier zu übernehmen?« Er macht eine weite Geste, die alles einschließt. »Du verstehst, dass es nicht nur um das Museum geht, oder? Ich bin der Oberalte vom Alten Land, und ich werde langsam zu alt für den Job.«
    »Hm«, sage ich. »Danke. Aber ich kann das nicht machen. Ich muss mich um andere Sachen kümmern. Ich bringe das jetzt zu Ende, und dann fange ich irgendwo anders an.«
    Er lächelt. »Das klingt gut. Du verlässt das Alte Land und suchst dir ein neues.«
    »Irgendwie ja«, sage ich.
    »Übrigens«, sagt er und schaut zu zwei Elstern hinüber, die über die Deichkrone spaziert kommen. »Kauf dir ein eigenes Auto, dann brauchst du auch nicht mehr zu stehlen.«
    »Alles klar«, sage ich und will mich abwenden.
    »Daniel, eines noch. Weißt du, was der Schlüssel zu allem ist?« Das Gesicht des Oberalten sieht auf einmal ernst aus, er legt den Kopf schief und sieht mich an.
    Ich schaue zu den Elstern hinüber, beide öffnen zeitgleich den Schnabel und keckern mir voller Hingabe entgegen.
    Der Oberalte lächelt, er beginnt zu verblassen, schon stehe ich alleine im Wind am Rande der Landstraße mit meinem Fahrrad in den Händen und die Autos brausen an mir vorbei.
    Ich stehe da mit meinem Blumenstrauß in der Hand.
     
    Henry glotzt mich an. »Du«, sagt er. Ich strecke ihm die Blumen entgegen und mache einen Schritt zurück.
    »Ich möchte mich entschuldigen«, sage ich, »bitte, schlag mich nicht. Ich weiß, ich habe Fehler gemacht.«
    Er guckt mich böse an. Der Geruch des Hauses weht an ihm vorbei auf mich zu, hüllt mich ein, und ich denke daran, dass ich vor noch gar nicht langer Zeit ein paar Tage in diesem Haus gewohnt habe, und es kommt mir vor wie eine Geschichte aus der Vorzeit, als wären es unsere Ahnen gewesen, die das erlebt haben,

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