Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delirium

Delirium

Titel: Delirium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
Vom Netzwerk:
egoistisch; unglücklich und streitsüchtig.
Erst wenn ihre Instinkte und Emotionen kontrolliert wurden,
können sie glücklich, großzügig und gut sein.
    Das Buch Psst
    I ch habe plötzlich Angst davor weiterzugehen. Das Ding in meiner Magengrube ballt sich zusammen wie eine Faust und lässt das Atmen schwer werden. Ich kann nicht. Ich will es nicht wissen.
    Â»Vielleicht sollten wir nicht …«, sage ich. »Er hat gesagt … er hat gesagt, wir dürfen nicht.«
    Alex streckt den Arm nach mir aus, wie um mich zu berühren, dann fällt ihm ein, wo wir sind, und er zwingt seine Arme an seine Seite. »Keine Sorge«, sagt er. »Ich habe Freunde hier.«
    Â»Sie ist wahrscheinlich doch nicht hier.« Meine Stimme wird etwas lauter und ich fürchte, gleich zusammenzubrechen. Ich lecke mir über die Lippen, versuche mich zusammenzureißen. »Es war alles ein großer Fehler. Wir hätten gar nicht erst herkommen sollen. Ich will nach Hause.« Ich höre mich bestimmt an wie ein Kleinkind, das einen Wutanfall hat, aber ich kann nichts dagegen tun. Es kommt mir absolut unmöglich vor, durch diese Doppeltür zu treten.
    Â»Lena, komm schon. Du musst mir vertrauen.« Dann streckt Alex doch die Hand aus, nur einen Augenblick, und streicht mit dem Finger über meinen Unterarm. »Okay? Vertrau mir.«
    Â»Ich vertrau dir ja, aber …« Die Luft, der Gestank, die Dunkelheit und die Fäulnis überall um mich herum: Ich will am liebsten wegrennen. »Wenn sie nicht hier ist … na ja, das wäre schlimm. Aber wenn sie hier ist … ich glaube … ich glaube, das wäre sogar noch schlimmer.«
    Alex sieht mich einen Augenblick direkt an. »Du brauchst Klarheit, Lena«, sagt er schließlich mit fester Stimme, und er hat Recht. Ich nicke. Er lächelt mir kaum wahrnehmbar zu, dann zieht er die Türen zu Block sechs auf.
    Wir betreten einen Vorraum, der genauso aussieht, wie ich mir eine Zelle in den Grüften vorstelle: Die Wände und der Boden sind aus Beton, und in was für einer Farbe sie auch ursprünglich mal gestrichen waren, jetzt ist sie zu einem schmutzigen, moosbedeckten Grau verblasst. Eine einzige Glühbirne hängt hoch oben an der Decke und liefert kaum genug Licht, um diesen winzigen Raum zu erhellen. In der Ecke steht ein Hocker, auf dem ein Wachmann sitzt. Dieser Wachmann ist normal groß – geradezu schmächtig, mit Aknenarben und Haaren, die mich an zu weich gekochte Spaghetti erinnern. Sobald Alex und ich durch die Tür treten, rückt der Wachmann automatisch sein Gewehr zurecht, zieht es näher an seinen Körper und schwenkt den Lauf etwas weiter in unsere Richtung.
    Alex spannt sich neben mir an. Ganz plötzlich bin ich alarmiert.
    Â»Zutritt verboten«, sagt der Wachmann. »Sperrzone.«
    Seit wir die Grüfte betreten haben, wirkt Alex zum ersten Mal unruhig. Er fummelt nervös an seinem Ausweis herum. »Ich … ich dachte, Thomas wäre hier.«
    Der Wachmann steht auf. Erstaunlicherweise ist er kaum größer als ich – er ist auf jeden Fall kleiner als Alex –, aber von allen Wachen, die ich heute gesehen habe, flößt er mir am meisten Angst ein. Da ist etwas Eigenartiges in seinem Blick, eine Entschiedenheit und Härte, bei der ich an eine Schlange denken muss. Noch nie hat jemand mit einer Waffe auf mich gezielt, und der Blick in das lange schwarze Rohr ihres Laufs jagt mir einen Schauer über den Rücken.
    Â»Doch, doch, der ist schon hier, klar. Er ist jetzt immer hier.« Der Wachmann lächelt humorlos und seine Finger tanzen über den Abzug. Beim Sprechen zieht er die Lippen zurück und entblößt einen Mund voller schiefer gelber Zähne. »Was weißt du über Thomas?«
    Im Raum wird es schlagartig so still und aufgeladen wie vorhin im Hof und wieder ist es wie kurz vor einem Gewitter. Alex gesteht sich ein kleines Anzeichen für Nervosität zu: Er ballt seine Finger neben seinen Schenkeln und streckt sie wieder. Ich kann beinahe sehen, wie er nachdenkt, sich überlegt, was er als Nächstes sagen soll. Offenbar war es keine gute Idee, Thomas zu erwähnen – sogar ich habe die Geringschätzung und das Misstrauen in der Stimme des Wachmanns wahrgenommen.
    Nach einer Weile – es erscheint mir unendlich lange, aber wahrscheinlich sind es nur ein paar Sekunden – setzt er wieder seine ausdruckslose

Weitere Kostenlose Bücher