Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
nichts!«
»Hm! Hier doch gar nicht Babylon!«
»Was sonst?«
»Niniveh!«
»Meinetwegen Rio de Janeïro! Reimt Euch das Dings da selbst zusammen oder auseinander; ich habe jetzt keine Zeit dazu.«
»Aber warum ich Euch mitgenommen?«
»Gut! Hebt den Ziegelkloß auf, bis ich Zeit habe!«
» Well! Was habt Ihr zu thun?«
»Es wird gleich Sitzung sein, in der ich meine Erlebnisse zu erzählen habe.«
»Werde auch mitthun!«
»Und übrigens muß ich vorher essen. Ich habe Hunger wie ein Bär.«
»Auch da werde mitthun!«
Er trat mit mir in das Zelt.
»Wie seid Ihr denn mit Eurem Arabisch fortgekommen?«
»Miserabel! Verlange Brot – Araber bringt Stiefel; verlange Hut – Araber bringt Salz; verlange Flinte – Araber bringt Kopftuch. Schauderhaft, schrecklich! Lasse Euch nicht wieder fort!«
Nach der Rückkehr des Scheik brauchte ich nicht lange auf das Mahl zu warten. Während desselben stellten sich die Geladenen ein. Die Pfeifen wurden angezündet, der Kaffee ging herum, und dann drängte Lindsay:
»Anfangen, Sir! Bin neugierig.«
Die Araber hatten wortlos und geduldig gewartet, bis mein Hunger gestillt war; dann aber begann ich:
»Ihr habt mir eine sehr schwere Aufgabe gestellt, aber es ist mir wider alles Erwarten sehr leicht geworden, sie zu lösen. Und dabei bringe ich Euch eine so ausführliche Nachricht, wie Ihr sie sicherlich nicht erwartet habt.«
»Rede!« bat der Scheik.
»Die Feinde haben ihre Rüstungen bereits vollendet. Es sind die Orte bestimmt, wo die drei Stämme sich vereinigen, und ebenso ist die Zeit angegeben, in der dies geschehen wird.«
»Aber du hast es nicht erfahren können!«
»Doch! Die Dschowari werden sich mit den Abu Hammed am Tage nach dem nächsten Jaum el Dschema bei den Ruinen von Khan Khernina vereinigen. Diese beiden Stämme stoßen dann am dritten Tage nach dem Jaum el Dschema zwischen dem Wirbel El Kelab und dem Ende der Kanuzaberge mit den Obeïde zusammen.«
»Weißt du das gewiß?«
»Ja.«
»Von wem?«
»Von dem Scheik der Abu Mohammed.«
»Hast du mit ihm gesprochen?«
»Ich war sogar in seinem Zelte.«
»Die Abu Mohammed leben mit den Dschowari und Abu Hammed nicht in Frieden.«
»Er sagte es. Er kannte deinen Rappen und ist dein Freund. Er wird dir mit dem Stamme der Alabeïden zu Hilfe kommen.«
»Sagst du die Wahrheit?«
»Ich sage sie.«
Da sprangen alle Anwesenden auf und reichten sich jubelnd die Hände. Ich wurde von ihnen beinahe erdrückt. Dann mußte ich alles so ausführlich wie möglich erzählen. Ich that es. Sie glaubten alles, nur daß ich den Löwen so ganz allein und noch dazu bei stockfinsterer Nacht erlegt haben wollte, das schienen sie sehr zu bezweifeln. Der Araber ist gewohnt, dieses Tier nur am Tage und zwar in möglichst zahlreicher Gesellschaft anzugreifen. Ich legte ihnen endlich das Fell vor.
»Hat diese Haut ein Loch?«
Sie besahen es höchst aufmerksam.
»Nein,« lautete dann der Bescheid.
»Wenn Araber einen Löwen töten, so hat die Haut sehr viele Löcher. Ich habe ihm zwei Kugeln gegeben. Seht her! Die erste Kugel war zu hoch gezielt, weil er zu entfernt von mir war und ich in der Finsternis nicht ganz genau zu zielen vermochte. Sie hat die Kopfhaut gestreift und das Ohr verletzt. Hier seht ihr es. Die zweite Kugel gab ich ihm, als er zwei oder drei Schritte von mir war; sie ist ihm in das linke Auge gedrungen. Ihr seht dies hier, wo das Fell versengt ist.«
»Allah akbar, es ist wahr! Du hast dieses furchtbare Tier so nahe an dich herankommen lassen, daß dein Pulver seine Haare verbrannte. Wenn es dich nun gefressen hätte?«
»So hätte es so im Buche gestanden. Ich habe diese Haut mitgebracht für dich, o Scheik. Nimm sie von mir an und gebrauche sie als Schmuck deines Zeltes!«
»Ist dies dein Ernst?« fragte er erfreut.
»Mein Ernst.«
»Ich danke dir, Emir Hadschi Kara Ben Nemsi! Auf diesem Felle werde ich schlafen, und der Mut des Löwen wird in mein Herz einziehen.«
»Es bedarf dieser Haut nicht, um deine Brust mit Mut zu erfüllen, den du übrigens auch bald brauchen wirst.«
»Wirst du mitkämpfen gegen unsere Feinde?«
»Ja. Sie sind Diebe und Räuber und haben auch mir nach dem Leben getrachtet; ich stelle mich unter deinen Befehl, und hier mein Freund wird dasselbe thun.«
»Nein. Du sollst nicht gehorchen, sondern befehlen. Du sollst der Anführer einer Abteilung sein.«
»Davon laß uns später sprechen; für jetzt aber erlaube mir, an eurer Beratung teilzunehmen.«
»Du
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