Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
nur ein mutiger, sondern auch ein kluger und darum vorsichtiger Mann sei.
    »Und wie willst du mich verwenden?« fragte ich ihn.
    »Du sollst mit jenen ziehen, welche unsere Frauen und Kinder und unsere Habe beschützen werden.«
    »Eure Habe nehmt ihr mit?«
    »So viel wir fortbringen. Ich werde noch heute allen Bewohnern von Baadri sagen lassen, daß sie alles nach dem Thale Idiz schaffen mögen, aber heimlich, damit mein Plan nicht verraten werde.«
    »Und Scheik Mohammed Emin?«
    »Er geht mit dir. Ihr könntet jetzt nicht nach Amadijah kommen, da der Weg dorthin bereits nicht mehr frei ist.«
    »Die Türken würden das Bu-djeruldi des Großherrn und den Ferman des Mutessarif achten müssen.«
    »Aber es sind Leute aus Kerkjuk dabei, und wie leicht ist es möglich, daß einer von ihnen Mohammed Emin kennt!«
    Noch während wir sprachen, kamen zwei Männer in das Haus. Es waren meine beiden alten Bekannten Pali und Melaf, welche ganz außer sich waren, als sie mich erblickten, und mir vor Freude wohl zehnmal die Hände küßten.
    »Wo ist der Pir?« fragte Ali Bey.
    »Im Grabe des Jonas bei Kufjundschik. Er sendet uns, um dir zu sagen, daß wir am zweiten Tage des Festes früh am Morgen überfallen werden sollen.«
    »Kennt er den Vorwand, welchen der Mutessarif angeben wird?«
    »Es sind in Malthaijah von einem Dschesidi zwei Türken erschlagen worden. Er will die Thäter in Scheik Adi holen.«
    »Es sind in Malthaijah von zwei Türken zwei Dschesidi erschlagen worden, so lautet die Wahrheit. Siehst du, Emir, wie diese Türken sind? Sie erschlagen meine Leute, um Ursache zum Einfall in unser Gebiet zu haben. Mögen sie finden, was sie suchen!«
    Ich begab mich mit meinem Dolmetscher nach meinem Zimmer, wo ich meine Übungen begann. Mohammed Emin saß wortlos dabei, rauchte seine Pfeife und wunderte sich baß darüber, daß ich mir so viele Mühe gab, ein Buch zu lesen und die Worte einer fremden Sprache zu verstehen. Dies that ich während des ganzen Tages und am Abend. Auch der nächste Tag verging unter dieser angenehmen Beschäftigung.
    Unterdessen hatte ich bemerkt, daß die Bewohner von Baadri ihre Habe ohne Aufsehen fortschafften; auch wurde in einer Stube unseres Hauses eine große Menge Kugeln gegossen. Beifügen muß ich noch, daß der Esel des Buluk Emini während dieser Zeit nicht wieder laut geworden war, da ihm sein Herr und Meister sofort bei Einbruch der Dunkelheit den Stein an den Schwanz befestigt hatte.
    Pilger kamen fortwährend, bald einzeln, bald in Familien und bald in größeren Trupps. Viele waren arm und auf die Mildthätigkeit anderer angewiesen. Dann trieb einer eine Ziege oder einen fetten Hammel herbei; reichere Leute hatten einen Ochsen oder zwei, ja einige Male sah ich sogar ganze Herden vorüberziehen. Das waren die Liebes- und Opfergaben, welche die Wohlhabenden zum heiligen Grabe brachten, damit ihre armen Brüder nicht Mangel leiden sollten. So viele auch kamen und gingen: – meine Baschi-Bozuks und Arnauten blieben verschollen, und ich habe bis zum heutigen Tage nicht erfahren, wo sie geblieben sind.
    Am dritten Tage, dem ersten Tage des Festes, saß ich mit meinem Dolmetscher wieder beim Buche. Es war noch vor Sonnenaufgang. Ich war in die Arbeit so vertieft, daß ich gar nicht bemerkte, daß der Buluk Emini eingetreten war.
    »Emir!« rief er, nachdem er sich bereits einige Male geräuspert hatte, ohne daß es von mir bemerkt worden war.
    »Was giebt es?«
    »Fort!«
    Jetzt erst bemerkte ich, daß er bereits gespornt und gestiefelt sei, übergab dem Sohne Seleks das Buch und sprang auf. Ich hatte ganz vergessen, daß ich mich baden und frische Wäsche anlegen müsse, wenn ich überhaupt am Grabe des Heiligen würdig erscheinen wollte. Ich nahm die Wäsche zu mir, ging hinab und eilte hinaus vor das Dorf. Der Bach wimmelte von Badenden und ich mußte ziemlich weit gehen, um eine Stelle zu finden, an welcher ich mich unbeobachtet glaubte.
    Hier badete ich und wechselte die Wäsche, eine Prozedur, welche man auf Reisen im Oriente nicht gar zu häufig vornehmen kann. Daher fühlte ich mich wie neugeboren und wollte bereits den Ort verlassen, als ich eine leise Bewegung des Gebüsches bemerkte, welches sich an den Ufern des Baches hinzog. War es ein Tier oder ein Mensch? Wir standen auf dem Kriegsfuße, und so konnte es nichts schaden, wenn ich die Sache einmal näher untersuchte. Ich that daher vollständig unbefangen, pflückte einige Blumen und näherte mich dabei scheinbar

Weitere Kostenlose Bücher