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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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außerordentlich grob zugehackten Gesichte, in der reichen, von Gold strotzenden Uniform eines Regimentscommandeur.
    »Das ist der Miralai Omar Amed!« meinte Ifra in achtungsvollem Tone.
    »Wer ist der Civilist an seiner Seite?« frug ich.
    An der Seite des Obersten nämlich ritt ein Mann, dessen Züge höchst auffällig waren. Ich weiß, daß man einen Menschen nicht mit einem Wesen aus dem Thierreiche vergleichen soll; aber es gibt wirklich menschliche Physiognomien, welche ganz unwillkürlich an bestimmte Thiere erinnern. Ich habe Gesichter gesehen, die etwas Affen-, Bullenbeißer- und Katzenartiges hatten; ich habe bei gewissen Gesichtsschnitten sofort an einen Ochsen, einen Esel, eine Eule, ein Wiesel, ein Rüsselthier oder einen Fuchs oder Bären denken müssen. Mag man nun Phrenolog und Physiognomiker sein oder nicht, man wird doch bald bemerken, daß auch die Haltung, der Gang, die Ausdrucksweise, das ganze Thun und Treiben eines solchen Menschen eine gewisse Ähnlichkeit mit der Art und Weise desjenigen Thieres besitzt, an welches man durch die Physiognomie erinnert wurde. Das Gesicht des Mannes nun, den ich jetzt sah, hatte etwas Raubvogelähnliches; es war ganz das eines Stößers.
    »Es ist der Makredsch von Mossul, der Vertraute des Mutessarif,« antwortete der Buluk Emini.
    Was wollte, oder was sollte dieser Makredsch mit den Truppen hier? Ich konnte meinen Vermuthungen darüber nicht nachhängen, denn jetzt ertönte plötzlich ein Kanonenschuß und noch einer. Ein wirres Heulen, Schreien und Rufen erscholl, und dann hörte ich ein Stampfen, als ob viele Menschen im Galoppe herbeigesprungen kämen. Die Cavalcade hatte grad unter meinem Beobachtungsposten angehalten.
    »Was war das?« rief der Miralai.
    »Zwei Kanonenschüsse!« antwortete der Makredsch.
    »Sehr richtig!« bemerkte der Oberst spöttisch. »Ein Offizier wäre wohl schwerlich auf diese Antwort gekommen. Aber, Allah, was ist das!«
    Die Arnauten, welche soeben erst vorüber marschirt waren, kamen in größter Unordnung und schreiend zurückgeflohen; Viele unter ihnen blutig und zerfetzt, Alle aber von höchstem Schreck ergriffen.
    »Halt!« donnerte der Oberst. »Was ist geschehen?«
    »Man hat mit Kartätschen auf uns geschossen. Der Alai Emini ist todt und ebenso Einer der Hauptleute; der Andere liegt verwundet dort.«
    »Allah onlari boza-uz – Allah vernichte sie! Auf ihre eigenen Leute zu feuern! Ich lasse sie Alle todt peitschen. Nasir Agassi, reite vor und kläre diese Hunde auf!«
    Dieser Befehl war an einen der Kol Agassi gerichtet, welche sich in seinem Gefolge befanden. Es war derselbe, den ich am Bache von Baadri überrascht und dem ich dann wieder zu seiner Freiheit verholfen hatte. Er gab seinem Pferde die Sporen, kehrte aber in kürzester Zeit wieder zurück.
    »Herr, es sind nicht die Unserigen, sondern es sind Dschesidi, welche geschossen haben. Sie ließen mich herankommen und riefen es mir zu.«
    »Wo sind unsere Geschütze?«
    »Die befinden sich in ihren Händen; mit ihnen haben sie geschossen; sie haben die Geschütze heute Nacht dem Jüs Baschi abgenommen.«
    Der Oberst stieß einen fürchterlichen Fluch hervor.
    »Dieser Halunke soll es mir büßen! Wo ist er?«
    »Gefangen mit allen seinen Leuten.«
    »Gefangen? Mit Allen? Also ohne sich gewehrt zu haben!«
    Er stieß seinem Pferde vor Wuth die Sporen so in die Weichen, daß es kerzengerade emporstieg, dann frug er weiter:
    »Wo sind diese Dschesidi, die Teufelsmänner, diese Giaurs unter den Giaurs? Ich wollte sie fangen, peitschen, tödten, aber Keiner läßt sich sehen! Sind sie verschwunden? Man wird sie finden. Vorher aber holt mir die Geschütze zurück! Die von Diarbekir haben sich geschlossen. Vorwärts mit ihnen, und dann die Hunde von Kjerkjuk hinterher!«
    Der Kol Agassi sprengte zurück, und sofort setzten sich die Infanteristen von Diarbekir in Bewegung. Der Oberst ging mit seinem Stab zur Seite. Sie marschirten an ihm vorüber. Weiter konnte ich nichts sehen, da das Thal eine Wendung machte; aber kaum war eine Minute vorüber, so dröhnte ein Kanonenschuß, ein zweiter, dritter und vierter, und dann erfolgte ganz dieselbe Scene wie vorher: die Verschonten und Leichtverwundeten kamen zurückgeflohen, indem sie die Toten und Schwerverwundeten hinter sich ließen. Der Oberst ritt mitten unter sie hinein und züchtigte sie mit der flachen Klinge seines Säbels.
    »Steht, Ihr Feiglinge; steht, sonst schicke ich Euch mit eigener Hand in die Dschehennah!

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