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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kam auf mich zu. Ein langer, schwarzer Bart hing ihr über die Brust herab, während das Haupthaar schneeweiß über den Rücken wallte. Es war Pir Kamek; ich erkannte ihn jetzt.
    »Du noch hier?« frug er, als er vor mir stand, mit beinahe harter Stimme. »Wann folgest Du den Andern nach?«
    »Ich bleibe hier.«
    »Du bleibst? Warum?«
    »Weil ich Euch hier mehr nützen kann, als auf andere Weise.«
    »Das ist möglich, Emir; aber dennoch solltest Du gehen!«
    »Ich richte dieselbe Frage an Dich: Wann gehest Du den Andern nach?«
    »Ich bleibe.«
    »Warum?«
    »Hast Du dort den Scheiterhaufen nicht gesehen?« antwortete er finster. »Er hält mich zurück.«
    »Warum er?«
    »Weil es nun an der Zeit ist, das Opfer zu bringen, wegen dessen ich ihn errichten ließ.«
    »Die Türken werden Dich ja stören!«
    »Sie werden mir sogar das Opfer bringen, und ich werde heute den wichtigsten Tag meines Lebens feiern.«
    Fast wollte es mir unheimlich werden bei dem Klange dieser hohlen, Stimme. Ich überwand jedoch dieses Gefühl und frug:
    »Wolltest Du nicht heute noch mit mir über Dein Buch sprechen, welches mir Ali Bey geliehen hatte?«
    »Kann es Dir Freude machen und Nutzen bringen?«
    »Gewiß!«
    »Emir, ich bin ein armer Priester; nur Dreierlei gehört mir: mein Leben, mein Kleid und das Buch, von dem Du redest. Mein Leben bringe ich dem Reinen, dem Mächtigen, dem Erbarmenden zurück, der mir es geliehen hat; mein Kleid überlasse ich dem Elemente, in welchem auch mein Leib begraben wird, und das Buch schenke ich Dir, damit Dein Geist mit dem meinigen sprechen könne, wenn Zeiten, Länder, Meere und Welten uns von einander trennen.«
    War dies nur eine blumige, orientalische Ausdrucksweise, oder sprach aus ihm wirklich die Ahnung eines nahen Todes? Es überlief mich ein Schauder, den ich nicht abschütteln konnte.
    »Pir Kamek, Deine Gabe ist groß; fast kann ich sie nicht annehmen!«
    »Emir, ich liebe Dich. Du wirst das Buch erhalten, und wenn Dein Blick auf die Worte fällt, die meine Hand geschrieben hat, so denke an das letzte Wort, welches diese Hand schreiben wird in das Buch, darinnen verzeichnet steht die blutige Geschichte der Dschesidi, der Verachteten und Verfolgten.«
    Ich konnte nicht anders, ich mußte ihn umarmen.
    »Ich danke Dir, Pir Kamek! Auch ich liebe Dich, und wenn ich Dein Buch öffne, so wird vor mich treten Deine Gestalt, und ich werde hören alle Worte Deines Mundes, die Du zu mir gesprochen hast. Jetzt aber solltest Du Scheik Adi verlassen, denn noch ist es nicht zu spät!«
    »Sieh dort das Heiligthum, in welchem Der begraben liegt, welcher verfolgt und getödtet wurde. Er ist nie geflohen. Steht nicht auch in Deinem Kitab, daß man sich nicht fürchten soll vor Jenen, die nur den Leib tödten können? Ich bleibe hier, da ich weiß, daß die Osmanly mir nicht zu schaden vermögen. Und wenn sie mich tödteten, was wäre es? Muß nicht der Tropfen emporsteigen zur Sonne? Stirbt nicht El Schems, der Glänzende, täglich, um auch täglich wieder aufzuerstehen? Ist nicht der Tod der Eingang in eine lichtere, in eine reinere Welt? Hast Du jemals gehört, daß ein Dschesidi von einem Andern sagt, daß er gestorben sei? Er sagt nur, daß er verwandelt sei; denn es gibt weder Tod noch Grab, sondern Leben, nichts als Leben. Darum weiß ich auch, daß ich Dich einst wiedersehen werde!«
    Nach diesen Worten schritt er schnell davon und kam hinter der Außenmauer des Grabmales außer Sicht.
    Ich trat in das Gebäude und ging nach der Plattform. Droben vernahm ich Stimmen. Halef und Ifra redeten mit einander.
    »Ganz allein?« hörte ich den Letzteren fragen.
    »Ja.«
    »Wohin sind die Andern, die Vielen, die Tausende?«
    »Wer weiß es!«
    »Aber warum sind sie fort?«
    »Sie sind geflohen.«
    »Vor wem?«
    »Vor Euch.«
    »Vor uns? Hadschi Halef Omar, ich verstehe nicht, was Du sagest!«
    »So will ich Dir es deutlicher sagen: Sie sind geflohen vor Deinem Mutessarif und vor Deinem Miralai Omar Amed.«
    »Aber warum denn?«
    »Weil der Miralai kommt, um Scheik Adi zu überfallen.«
    »Allah akbar, Gott ist groß, und die Hand des Mutessarif ist mächtig! Sage mir, ob ich bei unserem Emir bleiben darf, oder ob ich unter dem Miralai kämpfen muß!«
    »Du mußt bei uns bleiben.«
    »Hamdullillah, Preis und Dank sei Allah, denn es ist gut sein bei unserm Emir, den ich zu beschützen habe!«
    »Du? Wann hast Du ihn denn beschützt?«
    »Stets, so lange er unter meinem Schirme wandelt!«
    Halef lachte

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