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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Dich!«
    Der Agha nahm wieder Platz. Der Commandant richtete sich ein wenig empor und erkundigte sich mit liebevoller Herablassung:
    »In welcher Wade hast Du den Krampf?«
    »In der rechten.«
    »Gib mir einmal das Bein!«
    Der Agha streckte es ihm hin, und sein Vorgesetzter begann, an demselben mit allen Kräften zu zerren und zu ziehen.
    »O jazik – o wehe, Herr; ich glaube, daß es doch in der linken ist!«
    »So gib diese her!«
    Selim reichte ihm sein anderes Vehikel hin, und der Helfer in der Noth zog aus Leibeskräften. Es war komisch-rührend, zu sehen, daß dieser hochgestellte Beamte, der gewohnt war, sich auch im Allerkleinsten bedienen zu lassen, seinem Untergebenen mit so brüderlicher Bereitwilligkeit die Wade zog und klopfte.
    »Gut! Ich glaube, es ist nun weg!«
    »So stehe einmal auf, und probiere es!«
    Selim erhob sich und gab sich dieses Mal Mühe. Er stand kerzengrad. Aber mit dem Gehen! Ich sah es ihm an, daß es ihm war wie einem flüggen Vogel, der sich zum ersten Male der unsicheren Luft anvertrauen will.
    »Laufe einmal!« gebot der Mutesselim. »Komm; ich werde Dich unterstützen!«
    Er wollte sich mit der gewohnten Schnelligkeit aufrichten, verlor aber die Balance und kam sehr schnell in seine vorige Stellung zurück. Aber er wußte sich zu helfen. Er legte seine Hand auf meine Achsel und stand auf. Dann machte er die Beine breit, um eine festere Stellung zu bekommen, und starrte ganz verwundert auf die rothe Lampe.
    »Emir, Deine Laterne fällt herab!«
    »Ich glaube, sie hängt fest!«
    »Sie fällt, und das Papier brennt an. Ich sehe schon die Flammen zucken!«
    »Ich sehe nichts!«
    »Maschallah! Ich sehe sie fallen, und dennoch bleibt sie oben! Wackele nicht so, Selim Agha, sonst wirst Du umstürzen!«
    »Ich wackele nicht, Effendi!«
    »Ich sehe es sehr genau!«
    »Du selbst wackelst, Herr!«
    »Ich? Agha, mir wird es sehr bange um Dein System. Deine Nerven schieben Dich hin und her, und die Verdauung ist Dir in die Beine gesunken. Du schüttelst die Arme und schlingerst mit dem Kopfe, als ob Du schwimmen wolltest. O, Selim Agha, diese Medizin war zu herrlich und zu stark für Dich. Sie wird Dich zu Boden werfen!«
    »Herr, Du irrst! Was Du mir sagst, das ist mit Dir der Fall. Ich sehe Deine Füße tanzen und Deine Arme hüpfen. Dein Kopf dreht sich rund herum. Effendi, Du bist sehr krank. Allah möge Dir Hilfe senden, daß das System Deines Blutes nicht ganz und gar zu Grunde gehe!«
    Das war dem Mutesselim denn doch zu viel. Er machte eine Faust und drohte:
    »Selim Agha, nimm Dich in Acht! Wer da sagt, daß mein System nicht in Ordnung sei, den lasse ich peitschen oder einstecken! Wallah! Habe ich denn den Schlüssel zu mir gesteckt?«
    Er fuhr sich nach dem Gürtel und fand das Gesuchte.
    »Agha, mache Dich auf, und begleite mich! Ich werde jetzt das Gefängniß untersuchen. Emir, Deine Medizin ist wirklich wie die Milch des Paradieses; aber sie hat Deinen Magen umgedreht; Du willst immer mit dem Kopfe nach unten. Erlaubst Du, daß wir gehen?«
    »Wenn es Dein Wille ist, den Gefangenen zu besuchen, so darf ich Dich in der Erfüllung Deiner Pflicht nicht hindern.«
    »So gehen wir. Wir danken Dir für das Gute, das Du uns heute schmecken ließest. Wirst Du bald wieder Medizin bereiten?«
    »Sobald Du es wünschest.«
    »Die heiße ist noch besser als die kalte, aber sie gehet dem Menschen durch Mark und Bein und schiebt ihm die Knochen in einander. Allah behüte Dich und gebe Dir eine gute Ruhe!«
    Er ging auf den Agha zu und nahm ihn beim Arme. Sie gingen ab und ich folgte ihnen. An der Treppe blieben sie haltenen.
    »Selim Agha, steige Du zuerst hinunter!«
    »Herr, diese Ehre gebührt ja Dir!«
    »Ich bin nicht stolz; das weißt Du ja.«
    Der Agha setzte, während er sich mit den Händen anhielt, einen Fuß um den andern sehr vorsichtig auf die Stufen. Der Mutesselim folgte ihm. Es wollte nicht recht sicher bei ihm gehen, zumal ihm die Treppe unbekannt war.
    »Effendi, bist Du noch da?«
    »Ja.«
    »Weißt Du, daß es Sitte ist, seine Gäste bis vor die Thüre zu begleiten?«
    »Ich weiß es.«
    »Aber Du begleitest mich ja nicht!«
    »So erlaube, daß ich es thue!«
    Ich nahm ihn beim Arme und stützte ihn. Nun ging es besser. Unten vor der Thüre blieb er stehen, um tief Athem zu holen.
    »Emir, dieser Makredsch ist eigentlich auch Dein Gefangener,« meinte er.
    »Wenn man es recht betrachtet, ja.«
    »So mußt Du Dich auch überzeugen, ob er noch da ist!«
    »Ich werde

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