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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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machen, Effendi. Denkst Du nicht, daß ich schreiben könnte, er sei gestorben?«
    »Das ist Deine Sache!«
    »Würdest Du mich verrathen?«
    »Ich habe keinen Grund dazu, solange Du mein Freund bist.«
    »Ich werde es thun!«
    »Aber wenn es Dir gelingt, ihn wieder zu ergreifen? Oder wenn er glücklich seine Heimat erreicht?«
    »So hat sich der abgesetzte Mutessarif geirrt und mir einen Mann geschickt, den er zwar für Amad el Ghandur hielt, der es aber nicht war. Und wenn ich ihn wieder ergreife – – Effendi, es wird das Beste sein, daß ich gar nicht nach ihm suchen lasse!«
    Das war eine echt türkische Weise, sich aus der Noth zu helfen; mir jedoch kam sie sehr willkommen.
    »Aber der Basch Tschausch weiß ja, daß der Araber entflohen ist?«
    »Das ist ein anderer Araber gewesen, kein Haddedihn, sondern ein Abu Salman, der mir den Zoll verweigerte.«
    »So eile, damit Du der Sorge um den Makredsch ledig wirst. Wenn es auch diesem gelingen sollte, zu entkommen, so bist Du verloren.«
    »In einer Stunde soll der Transport abgehen.«
    »Hast Du schon das Verzeichniß von den Sachen fertig, welche der Makredsch bei sich hatte?«
    »Es ist fertig und von mir und Selim Agha unterzeichnet.«
    »Du hast eine Unterschrift vergessen, Mutesselim.«
    »Welche?«
    »Die meinige.«
    »O, Effendi, diese ist gar nicht nöthig.«
    »Aber wünschenswerth.«
    »Aus welchem Grunde?«
    »Man könnte mich in Mossul oder Stambul über diese Sache fragen, wenn etwas nicht stimmen sollte. So wird es besser sein, ich unterzeichne mich jetzt; dann ist Alles in Ordnung. Auch Dir muß es willkommen sein, einen Zeugen mehr zu haben; denn ich traue dem Makredsch gar sehr zu, daß er Dich verleumdet, um sich an Dir zu rächen.«
    Der Commandant befand sich augenscheinlich in großer Verlegenheit.
    »Das Verzeichniß ist bereits verschlossen und versiegelt,« sagte er.
    »Zeige es!«
    Er erhob sich wieder und ging in die Nebenstube.
    »Effendi,« flüsterte der Agha ängstlich, »verrathe nicht, daß ich Dir Alles gesagt habe.«
    »Sei ohne Sorge!«
    Der Mutesselim kehrte zurück und hielt ein versiegeltes Schreiben in der Hand. Er reichte es mir ohne Bedenken.
    Ich nahm es, um mich zu überzeugen, daß es auch das rechte sei. Ich drückte die langen Bauchseiten zusammen, so daß sich eine Röhre bildete, in deren Inneres ich blicken konnte. Da es nicht couvertirt war, sah ich zwar aus einzelnen Wörtern, daß der Commandant mich nicht getäuscht habe; doch befanden sich die Ziffern, welche ich suchte, nicht an einer Stelle, die ich hätte lesen können. Gleichwohl aber tat ich, als ob ich sie sähe, und las laut und langsam:
    »Vierhundert Piaster in Gold – einundachtzig Piaster in Silber – –! Mutesselim, Du wirst dieses Schreiben öffnen müssen; Du hast Dich sehr verschrieben!«
    »Herr, diese Angelegenheit ist nicht die Deinige, sondern die meinige!«
    »So war es also nur die meinige, als ich Dir beistehen mußte, den Makredsch festzuhalten und ihm sein Geld abzunehmen?«
    »Ja,« antwortete er naiv.
    »Gut! Aber Du versprachst mir fünftausend Piaster, auf welche noch zweitausend zu legen sind, weil das Papiergeld keinen vollen Werth besitzt. Wo ist diese Summe?«
    »Emir!«
    »Mutesselim!«
    »Du sagst, Du seist mein Freund, und willst mich dennoch peinigen!«
    »Du sagst, Du seist mein Freund, und willst mich dennoch hintergehen!«
    »Ich muß das Geld nach Mossul senden.«
    »Vierhunderteinundachtzig Piaster, ja. Deine Pflicht ist es aber, alles Geld des Makredsch samt der Uhr und den Ringen einzusenden. Thust Du dies, so habe ich nichts zu fordern; thust Du es aber nicht, so verlange ich den mir gebührenden Theil.«
    »Du hast ja gar nichts zu bekommen,« erklärte er.
    »Du auch nicht, und Selim Agha auch nicht. Hat er etwas erhalten?«
    »Siebentausend Piaster in Papier,« antwortete er sehr schnell, um dem Agha die Antwort abzuschneiden. Dieser schnitt ein Gesicht, daß ich beinahe in lautes Lachen ausgebrochen wäre.
    »Nun, also,« sagte ich, »warum willst Du mir da meinen Theil vorenthalten?«
    »Du bist ein Fremdling und keiner meiner Beamten.«
    »Du sollst Recht behalten; aber dann trete ich meinen Theil an den Padischah ab. Sage also dem Basch Tschausch, daß er nach meiner Wohnung kommen soll, ehe er abreist. Ich werde ihm meinen Bericht an den Anatoli Kasi Askeri mitgeben. – Lebe wohl, Mutesselim, und erlaube, daß ich Dich heute Abend besuche.«
    Ich ging zu der Thüre, hatte diese aber noch nicht

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