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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mußte.
    »Tretet ein wenig zurück, Ihr Männer, denn jetzt geht es los!«
    Ich richtete die Mündung der Waffe auf sie und bekam die Öffnung frei. Nach einer schnellen Kraftanstrengung stand ich oben vor dem Commandanten, dem ich die Pistole unter die Nase hielt.
    »Mutesselim, ich habe da unten keine Spur gefunden!«
    »Allah illa Allah! Emir, thue diese Waffe weg!«
    Daß er selbst ein solches Schießding, mit dem er sich ja wehren konnte, im Gürtel trug, schien ihm gar nicht einzufallen.
    »Sie kommt erst dann zurück an ihre Stelle, wenn diese Wächter zurückgekehrt sind nach oben. Selim Agha, schaffe sie fort!«
    Diesem Befehle leistete der Agha augenblicklich Folge:
    »Packt Euch, und laßt Euch nicht wieder sehen!«
    Sie retirirten schleunigst die Treppe empor.
    »So, jetzt stecke ich die Waffe ein. O, Mutesselim, in welche Schande hast Du Dich gebracht! Deine List ist nicht gelungen, Deine Gewalt hat nichts genützt; und nun stehest Du da wie ein Fakara günakiar, der um Gnade bitten muß. Warum wolltest Du mich einschließen lassen?«
    »Weil ich bei Dir aussuchen muß.«
    »Darf ich nicht dabei sein?«
    »Du hättest Dich gewehrt.«
    »Ah, Du hast also Respekt vor mir? Das höre ich gern! Und Du meinst, daß die Andern sich nicht gewehrt hätten?«
    »Du bist der Schlimmste, sie aber hätten wir nicht gefürchtet.«
    »Du irrst, Mutesselim. Ich bin der Gütigste von ihnen Allen. Mein Hadschi Halef Omar ist ein Held; der Hadschi Lindsay-Bey ist ein Wütherich, und der Dritte, den Du noch nicht gesehen hast, der übertrifft noch Beide. Du wärest nur todt von ihnen weggekommen! Wie lange aber, glaubst Du, daß ich mich hier in diesem Loche befunden hätte?«
    »So lange es mir beliebte!«
    »Meinst Du? Sieh diese Waffen und diesen Beutel mit Kugeln und Patronen! Ich hätte die Riegel oder die Angeln aus der Thüre geschossen und in zwei Minuten da gestanden, wo ich jetzt stehe. Und bereits bei dem ersten Schusse hätten meine Leute gewußt, daß ich in Gefahr war. Sie wären herbeigeeilt, um mir zu helfen.«
    »Sie hätten nicht hereingekonnt.«
    »Eine Büchsenkugel öffnet Dein altes Schloß ganz leicht. Komm her, ich will Dir etwas zeigen!«
    Ich drehte ihn nach der Zelle zu und deutete nach dem Fensterloche, durch welches man ein Stückchen des Himmels erblicken konnte; jetzt aber sah man in dem Rahmen des Loches eine Gestalt, welche ein schwarz und roth karrirtes Gewand trug, eine Büchse in der Hand hielt und aufmerksam nach dem Gefängnisse herüberblickte.
    »Kennst Du diesen Mann?« frug ich.
    »Hadschi Lindsay-Bey!«
    »Ja, er ist’s. Er steht auf dem Dache meiner Wohnung und wartet auf das Zeichen, welches wir verabredet haben. Mutesselim, Dein Leben hängt an einem Haare. Was hast Du gegen mich?«
    »Du hast den Entflohenen befreit!«
    »Wer sagte das?«
    »Ich habe Zeugen.«
    »Mußt Du mich da gefangen nehmen, mich, einen Effendi und Bey, einen Emir, der viel höher steht, als Du, der das Budjeruldi des Großherrn besitzt und Dir schon viele Beweise gegeben hat, daß er keinen Menschen fürchtet?«
    »Ja, Du fürchtest Niemand, und eben darum wollte ich Dich hier sicher haben, ehe ich Deine Wohnung durchsuchte.«
    »Du kannst sie in meiner Gegenwart durchsuchen!«
    »Herr, nun thue ich es nicht. Ich werde meine Leute senden.«
    Ah, er fürchtete jetzt den ›Helden‹, den ›Wütherich‹ und Den, der diese Beiden noch übertraf.
    »Auch das werde ich gestatten, wenn es ohne Aufsehen geschieht. Sie können jeden Winkel durchstöbern; ich habe nichts dagegen. Du siehst also, daß Du mich nicht einzusperren brauchtest, Mutesselim!«
    »Das wußte ich nicht!«
    »Dein größter Fehler aber war, daß Du glauben konntest, ich sei mit Blindheit geschlagen und werde mich ruhig einsperren lassen. Thue das nicht wieder, denn ich sage Dir: Dein Leben hing an einem Haar.«
    »Aber, Emir, wenn wir den Gefangenen bei Dir entdecken, so werde ich Dich doch gefangen nehmen müssen!«
    »Dann werde ich mich nicht weigern.«
    »Und ich kann Dich jetzt nicht nach Hause gehen lassen.«
    »Warum?«
    »Ich muß sicher sein, daß Du nicht den Befehl gibst, den Gefangenen zu verstecken.«
    »Gut. Aber ich sage Dir, daß meine Gefährten dann die Wohnung nicht durchsuchen lassen. Sie werden im Gegentheile einen Jeden niederschießen, der sie zu betreten wagt.«
    »So schreibe ihnen, daß sie meine Leute eintreten lassen sollen!«
    »Das will ich thun. Selim Agha kann den Brief gleich hintragen.«
    »Nein. Dieser

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