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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Steigbügel zu halten. Jetzt zog es über sein Gesicht, wie Sonnenblick und Wolkenschatten über ein wogendes Feld, dann öffnete er den Mund, aber da stürzte ihm plötzlich die so lange zurückgehaltene Fluth aus den Augen. Das Wort, welches er sagen wollte, wurde zu einem unverständlichen Laute. Er reichte mir die Hand; ich nahm und drückte sie, selbst tief gerührt, und dann zog er sich sehr eilig in den Flur zurück.
    Das hatte Mersinah abgewartet. Sie trat hervor, wie die Sonne aus der Morgenröthe. Sie wollte bei Halef beginnen, da drängte ich mein Pferd heran und sagte:
    »Halef, reite mit den Andern einstweilen in das Thal hinab. Ich muß noch einmal zum Mutesselim und werde schnell nachkommen.« Dann wandte ich mich zu Mersinah: »Hier, nimm meine Hand! Ich danke Dir für Alles. Lebe wohl, stirb nie und denke an mich, so oft Du die liebliche Speise Deiner Gefangenen kochst!«
    »Lebe wohl, Emir! Du bist der großmütigste – –«
    Mehr hörte ich nicht. Ich ritt schnell, gefolgt von meinem Hunde, nach dem Palaste des Kommandanten, ließ das Pferd vor dem Thore stehen und trat ein. Der Hund folgte mir; ich wollte das so. Im Vorzimmer waren einige Personen, die ich bereits dort gesehen hatte. Sie fuhren erschrocken empor, als sie den Hund erblickten. Das hatte noch Niemand gewagt.
    »Wo ist der Mutesselim?« frug ich.
    »Im Selamlük,« antwortete Einer.
    »Ist er allein?«
    »Der Aufseher des Palastes ist bei ihm.«
    Ich ließ mich gar nicht anmelden, sondern trat ein. Der Hund war an meiner Seite. Der Aufseher des Palastes machte eine Geberde des Entsetzens, und der Mutesselim erhob sich augenblicklich.
    »Effendi, was thust Du?« rief er.
    »Ich komme, um Abschied von Dir zu nehmen.«
    »Mit einem Hunde!«
    »Er ist besser als mancher Mensch. Du sagtest mir, daß ich nicht wiederkommen solle, und ich komme mit dem Hunde. Das ist die Antwort eines Emir aus Germanistan. Sallam!«
    Ich verließ ihn ebenso schnell als ich gekommen war und ging hinab. Unten aber, da ich mich nun im Freien befand, nahm ich mir Zeit; aber es kam Niemand, um mich zur Rede zu stellen. Ich stieg auf und ritt davon. Die Gefährten waren eben erst zum Thore hinaus, als ich sie einholte; denn Mersinah’s Abschiedsworte an sie hatten einige Zeit in Anspruch genommen.
    »Was noch gemacht beim Mutesselim?« frug Lindsay.
    Ich erzählte es ihm.
    »Ausgezeichnet! Hm! Köstlicher Einfall! Würde gut bezahlen, wenn Ihr ein Andrer wäret! Yes!«
    Er brummte und lachte noch lange vor sich hin.
    Wir mußten bald absteigen, um die Pferde den steilen Weg hinabzuführen. Desto schneller aber ging es unten weiter, bis wir die Stelle erreichten, an welcher wir früher links abgeschwenkt hatten. Hier mußte Halef zurückbleiben und sich verstecken, um uns zu benachrichtigen, wenn wir beobachtet würden. Wir erreichten die kleine Lichtung, bei welcher wir die Pferde anbanden, und drangen dann zu Fuße in das Dickicht ein.
    »Hier!« meinte der Engländer, als wir bei den Eichen anlangten. »Prachtvolle Villa da oben! Well! Raucht Tabak!«
    Wirklich sah man ein kleines Tabakswölkchen nach dem andern oben aus der ›Villa Amad‹ hervorkräuseln. Der Araber lag in der Tiefe des Loches und bemerkte unsere Gegenwart nicht eher, als bis er durch einen lauten Ruf aufmerksam gemacht wurde. Jetzt steckte er den Kopf hervor und erkannte uns. Die frische, kräftige Waldluft und die nahrhaften Speisen hatten ihn wenigstens in so weit gekräftigt, daß er ohne weitere Beihilfe herabkommen konnte. Ich erhielt dabei auch meinen Lasso wieder, welchen er gestern oben behalten hatte.
    Wir verweilten keinen Augenblick, kehrten zurück und bestiegen die Pferde, da es uns Allen darauf ankam, noch heute eine gute Strecke Wegs zwischen uns und Amadijah zu legen. Halef meldete, daß sich nichts Verdächtiges gezeigt habe, und so bogen wir rechts in den Weg ein, welcher zu den Sommerwohnungen der Bewohner von Amadijah führte.
    Wir ritten in einem Thale empor, dessen Sohle ein breiter Bergbach bewässerte. Die Seiten waren mit schönem Laubwald besetzt. Weiter oben theilte sich der Bach in sehr viele Arme; das Thal wurde breiter und bot den nöthigen Raum für eine Menge von Zelten und Hütten, die in malerischer Unordnung im Thale und an den Abhängen desselben standen. Dies waren die Jilaks oder Sommerwohnungen.
    Die Stelle war außerordentlich gut gewählt. Grüne Wald- und Fruchtbäume beschatteten die Zelte und Hütten, und dichtes Rankengewächs bildete einen

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