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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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stehen und grüßten ehrerbietig.
    »Wer seid Ihr?« fragte ich.
    »Wir sind Kurden vom Stamme Mer Mamalli.«
    »Was thut Ihr hier?«
    »Wir haben eine Blutrache und sind entflohen, um einen andern Stamm zu suchen, der uns Schutz gewährt. Wer seid Ihr, Herr?«
    »Wir sind fremde Wanderer.«
    »Was thut Ihr hier?«
    »Wir ruhen aus.«
    Der Sprecher schien diese kurzen Antworten gar nicht übel zu nehmen, sondern sagte:
    »In diesem Wasser sind Fische. Erlaubst Du, daß wir uns einige fangen?«
    »Ihr habt ja weder Netz noch Angel!«
    »Wir sind geübt, sie mit den Händen zu fangen.«
    Auch ich hatte bemerkt, daß hier Forellen standen, und da ich neugierig war, zu sehen, wie man sie mit den Händen fangen könne, so sagte ich:
    »Ihr habt gehört, daß wir fremd hier sind; wir können Euch das Fischen nicht verwehren.«
    Sofort begannen sie, mit ihren Messern Gras zu schneiden. Als sie die nöthige Menge davon hatten, trugen sie Steine herbei, um eine bedeutende Krümmung des Baches abzudämmen. Zunächst wurde der untere und dann der obere Damm errichtet. Das Wasser lief ab, und nun konnte man allerdings leicht die trocken gelegten Fische ergreifen. Da die Sache trotz ihrer Einfachheit Interesse hatte, so griffen wir selbst mit zu. Der Fang war reichlich, und da die schlüpfrigen Thiere uns immer wieder entkamen, so richteten wir unsere Aufmerksamkeit mehr auf sie als auf die drei Kurden, bis plötzlich ein lauter Ruf unseres Führers erscholl:
    »Herr, paß auf, Sie stehlen!«
    Ich blickte empor und sah die drei Kerls bereits auf unsern Pferden sitzen: der Eine auf dem Hengste, der Andere auf meinem Bläß und der Dritte auf Lindsay’s Pferd. Sie sprengten, ehe die Gefährten sich von ihrem Schreck erholen konnten, davon.
    »All devils, mein Pferd!« rief Lindsay.
    »Allah kerihm – Gott sei uns gnädig, der Hengst!« schrie Mohammed Emin.
    »Ihnen nach!« brüllte Amad el Ghandur.
    Ich war der Einzige, welcher ruhig blieb. Wir hatten es hier weder mit Pferdedieben noch sonst gewandten Männern zu thun, sonst hätten sie uns nicht die andern Pferde zurückgelassen.
    »Halt! Wartet!« rief ich. »Mohammed Emin, bekennst Du, daß der Rapphengst wieder Dein Eigenthum ist?«
    »Ja, Emir.«
    »Gut! Wiederschenken durfte ich ihn mir nicht lassen, aber leihen kann ich ihn einmal. Willst Du ihn mir auf einige Minuten borgen?«
    »Er ist ja fort!«
    »Sag schnell, ob Du ihn mir borgst?«
    »Ja, Emir.«
    »So kommt mir langsam nach!«
    Ich sprang auf das nächst beste Pferd und galoppirte den Spitzbuben nach. Was ich erwartet hatte, war bereits geschehen: eine Strecke weiter unten hing der eine Kurde mit Armen und Beinen auf dem Hengste, welcher die tollsten Sprünge machte, um den Dieb abzuwerfen. Ich war noch nicht ganz herangekommen, als der Kerl zu Boden flog. Der Rappe kam zurück und blieb auf meinen Zuruf bei mir halten. Schnell war ich im Sattel, ließ das andere Pferd stehen und trieb den Hengst vorwärts.
    Der Kurde hatte sich wieder aufgerafft und suchte zu entkommen. Ich zog ein Pistol hervor, faßte es am Laufe und erhob die Hand. Hart an ihm vorbeisausend, bog ich mich nieder und schlug ihm den Kolben auf den bloßen Kopf, daß er niederstürzte. Nun steckte ich das Pistol wieder ein und wand den Lasso von der Hüfte. Weit unten sah ich die beiden Andern reiten. Ich legte dem Rappen die Hand zwischen die Ohren:
    »Rih!«
    Er flog dahin, schneller als ein Vogel in der Luft. In kaum einer Minute hatte ich den Hintersten erreicht.
    »Halte an! Herab vom Pferde!« gebot ich ihm.
    Er blickte sich um; ich sah ihn erschrecken; aber er gehorchte nicht, sondern trieb sein Pferd zu größerer Eile an. Jetzt war ich bereits in gleicher Breite mit ihm und warf, an ihm vorüberschießend, den unfehlbaren Riemen. Ein Ruck erfolgte. Ich riß ihn eine Strecke mit vorwärts und hielt dann an, um abzuspringen. Der Mann lag regungslos am Boden. Trotz der außerordentlich kurzen Zeit war er infolge der Schnelligkeit meines Pferdes eine bedeutende Strecke mit fortgerissen worden, so daß er die Besinnung verloren hatte.
    Ich wand den Lasso ab, machte eine neue Schlinge, ließ den Kurden liegen, stieg wieder auf und ritt dem Dritten und Letzten nach. Auch ihn hatte ich bald erreicht. Das Terrain war sehr günstig, da weder rechts noch links ein Ausweg blieb. Ich gebot auch ihm, anzuhalten, fand aber kein Gehör. Da schwirrte der Lasso, und die Schlinge legte sich fest um seine Arme, welche an den Leib gezogen wurden. Noch ein

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