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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hätte beinahe ein junges Kurdenweib überritten, das einen kleinen Knaben auf den Armen trug und heftig erschrocken war. Ganz in der Nähe stand am Saume eines Gebüsches ein steinernes Gebäude, das nicht die Wohnung eines gewöhnlichen Mannes zu sein schien.
    »Erschrick nicht,« bat ich die Frau und reichte ihr die Hand zum Gruße vom Pferde herab. »Allah segne Dich und diesen schönen Knaben! Wem gehört dieses Haus?«
    »Es gehört dem Scheik Mahmud Khansur.«
    »Welchen Stammes ist der Scheik?«
    »Des Stammes der Dschiaf.«
    »Ist er daheim?«
    »Nein. Er ist selten hier, denn dieses Haus ist nur seine Sommerwohnung. Jetzt ist er weit im Norden, wo ein Fest gefeiert wird.«
    »Ich habe davon gehört. Wer wohnt in seiner Abwesenheit hier?«
    »Mein Mann.«
    »Wer ist Dein Mann?«
    »Er heißt Gibrail Mamrahsch und ist der Hausmeister des Scheiks.«
    »Wird er uns erlauben, diese Nacht in seinem Hause zu schlafen?«
    »Seid Ihr Freunde der Dschiaf?«
    »Wir sind Fremdlinge, die von weither kommen und Freunde aller Menschen sind.«
    »So wartet! Ich will mit Mamrahsch sprechen.«
    Sie entfernte sich, und wir stiegen ab. Nach einiger Zeit kam ein Mann zu uns, der im Anfange der vierziger Jahre stehen mochte. Er hatte ein offenes, ehrliches Gesicht und machte den besten Eindruck auf uns.
    »Allah segne Euern Eingang!« grüßte er. »Ihr sollt willkommen sein, wenn es Euch beliebt, einzutreten.«
    Er machte Jedem eine Verbeugung und gab Jedem dann die Hand. Wir merkten aus dieser Höflichkeit, daß wir uns bereits auf persischem Grund und Boden befanden.
    »Hast Du auch Platz für unsere Pferde?« erkundigte ich mich.
    »Platz und Futter genug. Sie können im Hofe stehen und Gerste essen.«
    Die Besitzung bestand aus einer hohen Mauer, welche ein Rechteck bildete, innerhalb dessen Haus, Hof und Garten lagen. Bei unserm Eintritte sahen wir, daß das Haus in zwei Abtheilungen geschieden sei, welche sogar auch in Beziehung auf die Eingänge von einander getrennt waren: die Thür zur Männerabtheilung öffnete sich nach vorn, während man die Frauenabtheilung nur von der hinteren Seite aus betreten konnte.
    Wir wurden von dem Manne natürlich in die erstere Abtheilung geführt, die zwanzig Schritte lang und zehn Schritte breit war und also Raum genug bot. Fenster gab es nicht, undan ihrer Stelle waren unter dem Dache die Zwischenräume der Balken frei gelassen. Ein Geflecht von Binsen bedeckte den ganzen Boden, und längs der Wände lagen schmale Kissen, welche zwar nicht hoch waren, aber für Leute, die Wochen lang im Sattel gesessen hatten, doch immerhin eine Annehmlichkeit bildeten.
    Wir mußten auf diesen Kissen Platz nehmen, dann öffnete der Wirth eine in der Ecke stehende Truhe und frug:
    »Habt Ihr Eure eigenen Pfeifen bei Euch?«
    Wer vermag den Eindruck zu beschreiben, den diese Frage auf uns machte! Allo war draußen bei den Pferden geblieben; wir waren also unser Fünf in der Stube; bei der Frage dieses unvergleichlichen Mannes aber langten alle zehn Arme und alle fünfzig Finger nach den Pfeifen, und im vollsten Chore erscholl ein lautes »Ja!« durch den Raum.
    »So erlaubt, daß ich Euch den Tabak reiche!«
    Er brachte das lang entbehrte Kraut herbei. Allah il Allah, allüberall Allah! Es waren jene mir so wohl bekannten rothen, viereckigen Packetchen, in welchen jener feine Tabak des Feuers harrt, der in Basiran an der Nordgrenze der persischen Wüste Lut gebaut wird. Im Nu waren die Pfeifen gestopft, und kaum stiegen die duftenden Ringel zur Decke empor, so erschien auch bereits die Frau mit dem Tranke von Mokka, der in den meisten Fällen gar nichts vom Mokka weiß, den wir aber auch bereits seit Wochen entbehrt hatten, so daß gar kein Zweifel darüber sein konnte, daß er uns munden werde. Mir war so wohl und weich zu Muthe, daß ich nicht nur einen, sondern zehn und auch zwanzig Rappen angenommen hätte, wenn Mohammed Emin sie mir hätte schenken wollen, und daß ich mich ärgerte, heute so viel Zeit unnütz auf den Fang der Forellen verwendet zu haben. So aber ist der Mensch – immer und immer ein Sklave des Augenblickes!
    Ich trank drei oder vier Täßchen Kaffee und trat dann mit brennender Pfeife hinaus in den Hof, um nach den Pferden zu sehen. Der Köhler erblickte die Pfeife, und aus der Stelle seines Bartwaldes, hinter welcher man es wagen konnte, den Mund zu vermuthen, erscholl ein so unaussprechliches, sehnsüchtiges Grunzen, daß ich sofort zurückeilte, um auch für ihn ein wenig

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