Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
dannen, und ich machte mich an das Frühstück. Auf dem Boden des Körbchens fand ich als Nachtisch vortreffliche getrocknete Weinbeeren und mit Helwa überzogene Gridgan, welche die Theilnahme meines guten Halef erregten. Ich sah es ihm an, daß er eine Bemerkung machen wollte, aber schon kehrte Halwa mit einem zweiten Topfe zurück.
»Emir,« sagte sie, »hier sendet Dir unser ›Haus‹ noch eine Speise, die sehr gut zur Kühlung des Fiebers ist. Erlaube, daß ich das Geschirr nachher wieder hole!«
Als sie sich entfernt hatte, untersuchte ich den Inhalt des Gefäßes und fand zu meinem Erstaunen gekochte Amrudha in ihrer eigenen, süßen Sauce. Jetzt konnte sich Halef nicht mehr halten.
»Allah ‘l Allah!« rief er. »Gott sei gelobt, der köstliche Dinge wachsen läßt und dazu liebliche Frauen, welche Alles zu bereiten verstehen! Sihdi, diese Perserinen sind Dir hold, sonst würden sie Dir nicht so herrliche Speisen senden. Heirathe sie, damit sie für Dich kochen müssen jetzt und in alle Ewigkeit!«
»Hadschi Halef Omar, hebe Dich von dannen, sonst vergesse ich vor Entzücken über Deinen Vorschlag, diese Leckerbissen mit Dir zu theilen.«
Er streckte alle zehn Finger abwehrend von sich, während ihm doch das Wasser im Munde zusammenlief.
»Allah behüte mich vor der Sünde, Dir den Genuß zu rauben, welchen Dir diese Speisen bereiten werden, Sihdi! Ich bin ein armer Ben el Arab, und Du bist ein großer Emir aus Nemsistan. Ich kann warten, bis mir einst im Paradiese die Houris solche Brühe kochen!«
»Das dauert zu lange, Halef. Wir theilen!«
»Sihdi, Du versuchst mich beinahe über meine Kräfte. Ich habe noch nichts aus Farsistan gegessen.«
»So setze Dich! Ich nehme den Koffer, das Brod und das Fleisch, und Du issest die Birnen und die Früchte des Helwa-kurusch.«
»Ja grad diese sind für Dich, Effendi!«
»Ich denke, Du bist mein Diener, Halef?«
»Der treueste Diener, den es geben kann.«
»So gehorche, wenn ich nicht zornig werden soll!«
»Wenn Du so streng gebietest, so darf ich nicht ungehorsam sein!«
Sein Gehorsam war ein so eifriger, daß die Extrasendung sehr bald unter seinem Schnurrbarte verschwunden war. Ich wußte es, mein kleiner Halef war einigermaßen ein Leckermaul, dem ich mit diesen Kleinigkeiten einen Hochgenuß bereitete.
Nach einiger Zeit kamen die beiden Jäger zurück und brachten reichliche Beute mit. Der Perser begrüßte mich mit aufrichtiger Freundlichkeit und begab sich dann zu den Frauen, indem er das Auerwild mit sich nahm. Der Engländer nahm neben mir Platz.
»Wie? Jetzt erst aufgestanden? Sehe es am Kaffee,« begann er.
»Ich habe allerdings wieder sehr lange geschlafen.«
»Well! Leben hier wie im Schlaraffenlande. Wie lange wird es dauern, Master?«
»Jedenfalls so lange, bis wir hier fortgehen.«
»Witty, ingenious, geistreich im höchsten Grade! Und wohin werden wir dann gehen, Master?«
»Geht Ihr mit nach Bagdad?«
»Ist mir auch recht. Möchte einmal heraus aus diesen Bergen. Und dann von Bagdad aus?«
»Das wird sich finden. Es ist überhaupt noch nicht ganz gewiß, ob mein Ziel grad Bagdad ist. Ich habe bis jetzt nur die Richtung von Bagdad gemeint.«
»Ganz gleich. Nur fort von hier!«
Jetzt erschien die holde ›Aloe‹, um den Dienern des Mirza die Auerhühner zum Rupfen zu übergeben. Hinter ihr kam ihr Herr, der mir winkte und dann mit langsamen Schritten das Lager verließ. Ich folgte ihm. An einer Stelle, die von zwei Bäumen beschattet war, setzte er sich in das Moos nieder und forderte mich durch eine Handbewegung auf, an seiner Seite Platz zu nehmen. Ich that es, und dann begann er die Unterhaltung mit der Frage:
»Emir, ich habe Vertrauen zu Dir; darum höre. Ich bin ein Verfolgter. Frage mich nicht, wer mein Vater war. Dieser starb plötzlich eines gewaltsamen Todes, und seine Freunde flüsterten heimlich, er sei getödtet worden, weil er einem Anderen im Wege gestanden habe. Ich, sein Sohn, aber habe ihn gerächt und mußte fliehen mit den Meinigen. Vorher jedoch lud ich Alles, was ich an Werthsachen retten konnte, auf eine Anzahl von Kameelen und sandte sie unter der Obhut eines treuen Untergebenen voraus über die Grenze des persischen Reiches. Dann folgten wir auf einem anderen Wege nach. Ich wußte, daß man uns verfolgen würde, und darum leitete ich die Dzadgir irre, indem wir den Weg durch das wilde Kurdistan nahmen. Und nun, Emir, sage mir, ob Du mich begleiten willst, so weit als unser Weg derselbe ist; doch
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