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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Provinz En-Nasar. Mamurs giebt es nur in Ägypten – –«
    »Liegt En-Nasar nicht in Ägypten, Giaur? Ich bin selbst dort gewesen und kenne den Mamur wie meinen Bruder, ja, wie mich selbst.«
    »Du lügst!«
    »Nagelt ihn fest!« gebot der Richter.
    Ich zog den Revolver, und Halef, der dies sah, seine Pistolen.
    »Bimbaschi, ich sage dir, daß ich erst den niederschießen werde, der mich anrührt, und dann dich! Du lügst, ich sage es noch einmal. En-Nasar ist eine ganz kleine, geringe Oase zwischen Homrh und Tighert im Lande Tripolis; dort giebt es keinen Mamur, sondern einen armen Scheik; er heißt Mamra Ibn Alef Abuzin, und ich kenne ihn sehr genau. Ich könnte mit dir Komödie spielen und dir erlauben, noch weiter zu fragen; aber ich will es kurz machen. Wie kommt es, daß du die Kläger stehen lässest, während der Angeklagte, der Verbrecher, sitzen darf und sogar die Pfeife von dir bekommt?«
    Der gute Mann sah mich ganz verdutzt an.
    »Wie meinst du das, Giaur?«
    »Ich warne dich, mich mit diesem Worte zu beschimpfen! Ich habe einen Paß bei mir und auch einen Izin-gitischdes Vizekönigs von Ägypten; dieser aber, mein Gefährte, ist aus Istambul; er hat ein Bu-djeruldu des Großherrn und ist also ein Giölgeda padischahnün.«
    Reiseschein.
    »Zeigt die Scheine her!«
    Ich gab ihm den meinigen, und Isla legte ihm den seinigen vor. Er las sie und gab sie uns dann mit verlegener Miene zurück.
    »Sprich weiter.«
    Diese Aufforderung bewies mir, daß er nicht wußte, was er thun sollte. Ich nahm also wieder das Wort:
    »Du bist ein Sahbeth-Bei und ein Bimbaschi und weißt doch nicht, was deines Amtes ist. Wenn du ein Handschreiben des Großherrn liesest, so mußt du es vorher an Stirn, Auge und Mund drücken und alle Anwesenden auffordern, sich zu verbeugen, als ob Seine Herrlichkeit selbst zugegen wäre. Ich werde dem Khedive und dem Großwesir in Istambul erzählen, welche Achtung du ihnen erweisest!«
    Das hatte er nicht erwartet. Er war so erschrocken, daß er die Augen aufriß und den Mund öffnete, ohne ein Wort zu sagen. Ich aber fuhr fort:
    »Du wolltest wissen, was ich vorhin mit meinen Worten meinte. Ich bin der Ankläger und muß stehen, und dieser ist der Angeklagte und darf sitzen!«
    »Wer klagt ihn an?«
    »Ich, dieser, dieser und wir alle.«
    Abrahim staunte, aber er sagte noch nichts.
    »Wessen klagst du ihn an?« fragte der Sahbeth-Bei.
    »Der Tschikarma, desselben Verbrechens, dessen er uns anklagte.«
    Ich sah es, daß Abrahim unruhig wurde. Der Richter gebot mir:
    »Sprich!«
    »Du dauerst mich, Bimbaschi, daß du eine solche Trauer erleben mußt.«
    »Welche Trauer?«
    »Daß du einen Mann verurteilen mußt, den du so gut kennst wie deinen Bruder, ja wie dich selbst. Du bist sogar bei ihm in En-Nasar gewesen und weißt genau, daß er ein Mamur ist. Ich aber sage dir, daß auch ich ihn kenne. Er heißt Dawuhd Arafim, war Beamter des Großherrn in Persien, wurde aber abgesetzt und bekam sogar die Bastonnade.«
    Jetzt erhob sich Abrahim vom Boden.
    »Hund! – Sahbeth-Bei, dieser Mann hat den Verstand verloren!«
    »Sahbeth-Bei, höre mich weiter, dann wird es sich zeigen, wessen Kopf besser ist und fester sitzt, der meine oder der seine!«
    »Rede!«
    »Dieses Weib hier ist eine Christin, eine freie Christin aus Karadagh; er hat sie geraubt und mit Gewalt nach Ägypten entführt. Hier mein Freund ist ihr rechtmäßiger Verlobter, und darum ist er nach Ägypten gekommen und hat sie sich wiedergeholt. Du kennst uns, denn du hast unsere Legitimationen gelesen, ihn aber kennst du nicht. Er ist ein Frauenräuber und Betrüger. Laß dir seine Legitimation zeigen, oder ich gehe zum Khedive und sage, wie du Gerechtigkeit übst in dem Amte, welches er dir gegeben hat. Ich bin von dem Kapitän des Sandal des Mordversuches angeklagt. Frage diese Männer! Sie alle haben es gehört, daß ich ihm die Feder vom Tarbusch schießen wollte, und ich habe sie getroffen. Der, welcher sich einen Mamur nennt, aber hat im Ernste und in der Absicht, mich zu töten, auf mich geschossen. Ich klage ihn an. Nun entscheide!«
    Montenegro. – Beides heißt ebenso wie das slawische Czernagora »Schwarzer Berg«.
    Der brave Mann befand sich natürlich in einer großen Verlegenheit. Er konnte doch seine Worte und Thaten nicht dementieren, fühlte aber sehr wohl, daß ich im Rechte sei, und so entschloß er sich, zu thun, was eben nur ein Ägypter zu thun vermag.
    »Das Volk soll hinaus und in seine Häuser gehen!«

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