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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß kein einziger von ihnen übrig blieb.
    Die Kinder Israels aber gingen trocken durch das Meer, und das Wasser stand ihnen gleich Mauern zur Rechten und zur Linken.
    Also half der Herr Israel an diesem Tage von der Hand der Ägypter, und sie erblickten die Ägypter tot an dem Ufer des Meeres.
    Und die Hand des Herrn war mächtig, die er den Ägyptern gezeiget hatte, und das Volk Israel fürchtete den Herrn und glaubte an ihn und an seinen Knecht Moses. – – –
    An diese Stelle im zweiten Buch Mosis (Kap. 14, V. 19-31) mußte ich denken, als ich im »Thale Hiroth, gegen Baal Zephon«, mein Kamel anhielt, um das Auge über die glitzernden Fluten des roten Meeres schweifen zu lassen. Es kam auch über mich etwas von jener Furcht, welche sein Anblick in den Herzen der Kinder Israels erweckt hatte. Ich fühlte nicht ein Grauen vor jenem Elemente, welches leider noch immer »keine Balken« hat, sondern es überlief mich jene heilige, andächtige Scheu, welche jeder Gläubige fühlt, sobald er einen Ort betritt, von dem ihm die biblische Geschichte erzählt, daß hier der Fuß des Ewigen gerastet und hier die Hand des Unendlichen gewaltet habe. Es war mir, als höre ich jene Stimme, welche einst dem Sohne des Amram und der Jochebeth zugerufen hatte: »Mose, Mose, tritt nicht herzu, sondern ziehe deine Schuhe aus, denn der Ort, darauf du stehest, ist ein heiliges Land!«
    Hinter mir also lag das Land des Osiris und der Isis, das Land der Pyramiden und der Sphinxe, das Land, in welchem das Volk Gottes das Joch der Knechtschaft getragen und die Felsen des Mokattam zum Bau jener Wunderwerke zusammengeschleppt hatte, welche noch heute das Staunen des Nilreisenden erregen. Im Schilfe des altehrwürdigen Stromes dort hatte die Königstochter das Knäblein gefunden, welches berufen war, ein Volk von Sklaven zu befreien und ihm in den zehn göttlichen Geboten ein Gesetz zu geben, welches noch nach Jahrtausenden die Grundlage aller Gesetze und Gebote bildet.
    Vor mir, da zu meinen Füßen, funkelten die Fluten des arabischen Golfs im glühenden Strahle der Sonne. Diese Fluten hatten einst, der Stimme Jehova Sabaoths gehorchend, zwei Mauern gebildet, zwischen denen die Geknechteten des Landes Gosen den Weg zur Freiheit gefunden hatten, während das reisige Volk ihrer Unterdrücker und Verfolger einen schauervollen Untergang fand. Das waren dieselben Fluten, in denen später auch der »Sultan Kebihr«, Napoleon Bonaparte, beinahe umgekommen wäre.
    Und gegenüber dem Birket Faraun, dem See des Pharao, wie die Araber den Ort nennen, an welchem die beiden Wassermauern über die Ägypter zusammenschlugen, erhebt sich der Felsenstock des Sinai, des berühmtesten Berges der Erde, gewaltig und den Zeiten trotzend, gleichdem unter Donner und Blitz über ihm erschollenen: »Ich bin der Herr, dein Gott; du sollst keine fremden Götter neben mir haben!«
    Es war nicht die Örtlichkeit allein, es war noch viel mehr die Geschichte derselben, deren Eindruck ich nicht von mir zu weisen vermochte, wenn ich es auch gewollt hätte. Wie oft hatte ich lauschend und mit stockendem Atem auf dem Schoße meiner alten, guten, frommen Großmutter gesessen, wenn sie mir erzählte von der Erschaffung der Welt, dem Sündenfalle, dem Brudermorde, der Sündflut, von Sodom und Gomorrha, von der Gesetzgebung auf dem Sinai – – – sie hatte mir die kleinen Hände gefaltet, damit ich ihr mit der nötigen Andacht das zehnfache »du sollst« nachsprechen möge. Jetzt lag die irdische Hülle der Guten schon längst unter der Erde, und ich hielt gegenüber dem Orte, welcher mir von ihr in so lebendigen Farben gezeichnet worden war, obgleich nur ihr geistiges Auge ihn gesehen hatte, und es drängte sich mir die Wahrheit des Dichterwortes auf:
    »Ganz anders jene heiligen Geschichten, Die nur das Buch der Bücher kann berichten, In dem vom Geiste sie verzeichnet steh’n. Nur ihnen darfst du festen Glauben schenken Und tief in ihren Zauber dich versenken, Denn Gottes Odem fühlst du daraus weh’n.«
    Der Glaube trägt eine festere Überzeugung in sich, als das stolzeste Gebäude menschlicher Logik sie zu geben vermag. Das war es, was ich in jener Stunde so recht lebhaft fühlte und erkannte, und ich hätte wohl noch lange, in ernstes Sinnen versunken, hier auf meinem Kamele halten und hinüberblicken können, wenn mich nicht die Stimme meines wackeren Halef gestört hätte:
    »Hamdulillah, Preis sei Gott, daß die Wüste vorüber ist! Sihdi, hier ist Wasser.

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