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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hof gehen. Die beiden Häuser waren nur durch eine dünne Bretterwand von einander getrennt, wenigstens auf der Hofseite, und wenn der kleine Hadschi sich in den Schuppen stellte, so war zu vermuthen, daß er doch vielleicht etwas erlauschen könne.
    Ich sah Baruch, welcher auf der andern Seite des Hauses wohnte, bereits auf mich warten. Die beiden Leute hatten ganz allein eine Hütte inne, die keinen Besitzer hatte, – ein Fall, der in Stambul nicht selten ist. Man konnte vermuthen, daß unsere Einkäufe ihnen einen kleinen Gewinn abgeworfen hatten; sie befanden sich bei ausgezeichneter Laune und empfingen mich mit unterwürfiger Herzlichkeit. Mit unserem Erscheinen war vielleicht eine kleine Hoffnung über ihrem Elende aufgegangen. Die alte Jüdin zeigte eine größere Sauberkeit, als ich vermuthet hatte, so daß ich das Wenige, welches mir vorgelegt wurde, so ziemlich mit Appetit genießen konnte, und als ich ihr ein Quantum Kaffee und dem Gemahl einen kleinen Vorrath von Tabak schenkte – Beides hatte ich für sie mitgebracht – so waren sie so entzückt, als hätten sie die werthvollste Gabe erhalten.
    Leider beobachtete ich, daß der Kaftan allerdings fast die einzige Bedeckung Baruch’s sei; die Hose bekam ich gar nicht zu sehen, und der Jackenärmel, welcher heute Abend aus dem Ärmellochedes Kaftans hervorblickte, war auch bereits aus ›Rand und Band‹ gegangen. Hier konnte mit Wenigem geholfen werden, und ich beschloß, es zu thun. Natürlich hatte Baruch mit seinem Juwelen- und Antiquitätengeschäft nur geflunkert, doch war dies nicht in böser Absicht geschehen; diese armen Menschen hatten von einem Piaster und für acht oder zehn Pfennige Brod täglich leben müssen, und ich machte sie ganz glücklich, als ich ihnen erklärte, daß sie die Aufwartung bei uns übernehmen und dafür täglich fünf Piaster erhalten sollten.
    Im Laufe des Gespräches konnte ich mich unauffällig nach meiner andern Nachbarschaft erkundigen.
    »Effendi,« sagte Baruch, »es wohnen lauter arme Leute hier in dieser Gasse. Manche sind gut und ehrlich, manche aber auch böse und schlimm. Sie sind ein Schreiber und werden hier in dieser Gegend keine Arbeit finden; Sie haben also mit diesen Leuten nichts zu thun, aber dennoch bitte ich Sie, sich ganz besonders vor dem anderen Nachbarhause in Acht zu nehmen.«
    »Warum?«
    »Es ist gefährlich, davon zu sprechen.«
    »Ich bin verschwiegen!«
    »Das glaube ich Ihnen, aber Sie werden vielleicht Ihre neue Wohnung sogleich wieder verlassen, wenn ich plaudere, und das würde mir leid thun.«
    »Ich verspreche Ihnen, meine Wohnung trotzdem zu behalten. Ich hoffe, daß wir Freunde sind, und da denke ich, daß Sie ehrlich und aufrichtig gegen mich sein müssen. Ich bin nicht reich, aber auch ein armer Mann kann dankbar sein.«
    »Ich habe Ihre Güte bereits kennen gelernt und will Ihrem Versprechen glauben. Alle Bewohner dieser Gasse wissen, daß in Ihrem Nachbarhause nichts Gutes vorgeht, aber sie bekümmern sich nicht darum; es hat einmal Einer sich in das andere, nebenan liegende Haus, welches unbewohnt ist, geschlichen, um zu lauschen; er war am andern Morgen noch nicht zurückgekehrt, und als die Seinen nach ihm sahen, fanden sie ihn an einem Balken aufgehängt. Er selbst hatte das sicherlich nicht gethan.«
    »So meinen Sie, daß meine Nachbarn nicht nur verdächtige, sondern sogar gefährliche Leute sind?«
    »Ja. Sie müssen sich vor ihnen sehr in Acht nehmen.«
    »Aber man darf doch wenigstens wissen, wer das Haus bewohnt?«
    »Es wohnt ein Grieche da, der ein Weib und einen Sohn hat. Sie haben Wein zu trinken und halten viele schöne Knaben und junge Mädchen, die man aber auf der Gasse niemals zu sehen bekommt. Mehrere Männer gehen von früh bis am Abend durch die Stadt, um Gäste herbei zu bringen. Da kommen vornehme Herren und gewöhnliche Leute, Einwohner von Stambul und Fremde; es wird gespielt und Musik gemacht, und ich glaube nicht, daß Alle wieder fortgehen, die gekommen sind. Man hört manchmal des Nachts einen Hülferuf oder ein Waffengeklirr, und dann sieht man gewöhnlich des Morgens eine Leiche auf dem Wasser schwimmen. Auch kommen oft des Nachts ganze Trupps von Männern, die keine Laternen haben, dafür aber mit allerlei Dingen bepackt sind, die in das Haus geschafft werden. Dann wird getheilt.«
    »Sie sagen, daß sich Niemand um dieses Haus bekümmern mag, und dennoch wissen Sie das Alles so genau. Haben Sie vielleicht auch einmal gelauscht?«
    »Effendi,

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