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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sultan el Kebir so gewaltig auf das Haupt geschlagen wurde, daß er sogar vergaß, die achte Sure des Kurans, welche die Sure der Beute ist, zu beten.«
    Er hatte mir aufmerksam zugehört. Besonders schien ihm das Erzgebirge und der Blümchenkaffee zu imponiren. Unter dem Erzgebirge dachte er sich jedenfalls himmelstrebende Berge, aus lauter Erz gebildet. Nach dem Blümchenkaffee wagte er mich nicht zu fragen. Es wäre für einen Türken eine unendliche Blamage gewesen, einzugestehen, daß es irgendwo eine Sorte von Kaffee gebe, die ihm unbekannt sei. Darum sagte er:
    »Wenn Dein Vaterland solche Berge hat, so muß es reich, sehr reich sein, und von dem berühmten Kahwe tschitschetschykün habe ich bereits einige Male getrunken. Er ist sehr kostbar und so theuer, daß ihn nur der Großsultan und Großvezier, höchstens noch der Kapudan-Pascha trinken kann. Ich besuchte zuweilen den Letzteren, und da habe ich einige Tassen gekostet. Dieser Kaffee ist ein Itschki tanrynün! Gibt es eine Post in diesem Lande?«
    »Sehr viele Posten, Eisenbahnen und Dampfschiffe, welche auf dem Strome fahren.«
    »Gehen die Posten auch nach Stambul?«
    Ich errieth, was jetzt kommen werde, und antwortete daher:
    »Man kann aus Saksonja Alles, was man will, nach Stambul oder Edreneh senden. Es kommt ganz sicher an.«
    »Auch Kahwe tschitschetschykün?«
    »Ja, auch Blümchenkaffee.«
    »Wann wirst Du in Dein Vaterland zurückkehren?«
    »Ich werde bereits in einigen Wochen die Heimath begrüßen.«
    »Könntest Du mir nicht einen Sepet oder Tschuwal voll Blümchenkaffee schicken? Ich würde Alles bezahlen, den Sack, den Korb, den Kaffee und die Fracht. Nur fragt es sich, ob Du selbst reich genug bist, diesen Göttertrank zu besitzen.«
    »Habe keine Sorge! Unser guter König liebt seine Unterthanen sehr, und er sorgt dafür, daß auch der Ärmste von diesem Tranke genießen kann, so viel er will.«
    »Allah ‘l Allah! Was für ein guter König ist das! In dem Lande des Padischah wird der Kaffee von Tag zu Tag schlechter! Also Du wirst mir solchen Kaffee senden?«
    »Ja; aber ich weiß nicht, ob Du Blümchenkaffee zuzubereiten verstehst!«
    Bei dieser Ehrenkränkung fuhr er mit beiden Händen in die Luft und rief:
    »Was denkst Du von mir! Ich weiß alle Arten von Kaffee zu bereiten! Schicke ihn nur. Er soll mir und den Meinigen ein Jortu schaschmanün bereiten. Wie viele Khawassen wollte ich Dir bei Tages Anbruch senden?«
    »Drei.«
    »Es werden ihrer sechs vor Eurer Thüre halten, sechs kluge und tapfere Männer, welche selbst den ärgsten Verbrecher fangen würden und sich vor dem Teufel nicht fürchten. Und Du sollst ihnen zu zahlen haben für den Tag einen Piaster pro Mann, wofür sie sich selbst beköstigen werden. Ist Dir dies zu viel?«
    »Nein. Du bist ein braver und gerechter Richter, und ich werde Jedem zwei Piaster geben.«
    »So geleite Dich Allah! Allaha ismarladik!«
    »Allah billindsche olsun!«
    Wir gingen, und der ›Blümchenkaffee‹ wirkte so vortheilhaft auf seine Gesinnung, daß er uns bis an die Thüre begleitete. Er wartete dort sogar so lange, bis wir uns unsere Laterne angebrannt. Ohne eine solche durfte man sich damals, wenigstens im Innern der Stadt nicht antreffen lassen, wenn man nicht riskiren wollte, zur Polizei transportirt zu werden und dort eine Nacht in sehr ›gemischter Gesellschaft‹ zuzubringen.
    Wir waren noch nicht sehr weit gegangen, als wir, um die Ecke eines Hauses biegend, mit einem Manne zusammen stießen, welcher, wie ich damals wirklich glaubte, in großer Eile von der anderen Seite gekommen war. Er rannte an mich an, sprang zurück und rief:
    »Atsch gözünü – nimm Dich in Acht!«
    »Das hättest Du eher sagen sollen!« antwortete ich.
    »Aman, aman – verzeihe, verzeihe! Ich hatte so große Eile, und dabei ist mir meine Laterne verlöscht. Willst Du nicht die Güte haben und mir erlauben, sie an der Deinigen wieder anzuzünden?«
    »Gern! Hier!«
    Er nahm das Licht aus seiner Leuchte, welche aus geöltem Papier gefertigt war, und steckte es an dem unsrigen an. Dabei erklärte er, wie zu seiner weiteren Entschuldigung:
    »Ich muß schnell einen Hekim, Berber oder Edschzadschy holen. Es ist uns plötzlich ein Gast krank geworden, welcher fast nur nemtschedsche redet, weil er aus Nemtschistan ist.«
    Das erregte natürlich sofort mein Interesse. Ein Landsmann, hier plötzlich erkrankt und der Sprache des Landes so gut wie unkundig! War es da nicht meine Pflicht, mich wenigstens zu

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