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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erkundigen? Ich fragte daher:
    »Aus welchem deutschen Lande ist er?«
    »Aus Bavaristan.«
    Also ein Bayer! An eine Lüge, eine Täuschung dachte ich nicht im Mindesten. Was wußte man hier von Bayern! Der Name dieses Landes konnte, hundert gegen eins gewettet, nur aus dem Munde eines Mannes gehört worden sein, dessen Vaterland es wirklich war. Ich erkundigte mich also weiter:
    »Welche Krankheit hat ihn überfallen?«
    »Das Sytma sinirün.«
    In diesem Augenblick fiel mir die Unwahrscheinlichkeit, welche in dieser Antwort lag, gar nicht auf. Ich dachte nur daran, daß ein Deutscher hilfsbedürftig am Fieber niederliege.
    »Was ist er?« fuhr ich fort.
    »Ich weiß es nicht. Er kam zu meinem Herrn, welcher Tütündschi ist, um Tabak zu kaufen.«
    »Wohnt Ihr weit von hier?«
    »Nein.«
    »So führe mich hin!«
    »Bist Du denn ein Arzt oder ein Apotheker?«
    »Nein; aber ich bin ein Deutscher und will sehen, ob ich meinem Landsmanne von Nutzen sein kann.«
    »Inisch Allah – geb’s Gott! Komm, folge mir!«
    Mein Begleiter wollte auch mitgehen; ich bat ihn aber, seinen Weg fortzusetzen, da ich ihn ja nicht brauchte. Ich gab ihm die Laterne und folgte dem Fremden.
    Wir hatten in Wirklichkeit nicht weit zu gehen. Er hielt bereits nach einigen Minuten vor einer Thüre, an welche er klopfte. Es wurde geöffnet, und ich, da ich noch auf der Straße hinter meinem Führer stand, hörte die Frage:
    »Hekim buldun my – hast Du einen Arzt gefunden?«
    »Nein, aber einen Hamscheri des Kranken.«
    »Was kann der uns und ihm nützen!«
    »Er kann den Terdschiman machen, da wir den Gast nicht gut verstehen.«
    »So mag er eintreten!«
    Ich trat in einen engen Flur, welcher in einen kleinen Hof mündete. Das Licht der Papierlaterne erlaubte mir kaum, drei Schritte weit zu sehen. Ich hatte nicht die mindeste Ahnung, daß mir eine Gefahr drohe, und horchte daher ganz erstaunt auf, als ich eine Stimme befehlen hörte:
    »Onu tutyn! Gertsche dir – ergreift ihn! Es ist der Richtige!«
    In demselben Augenblick erlosch die Laterne, und ich fühlte mich von allen Seiten von Fäusten gepackt. Natürlich dachte ich keinen Moment darüber nach, ob hier eine Verwechslung vorliege oder nicht. Laut um Hülfe rufen, konnte mir keinen Nutzen bringen, denn der kleine Hof war an seinen vier Seiten von Gebäudetheilen umschlossen. Es galt, die Angreifer abzuwerfen und durch den Gang zurück zur Thüre und wieder auf die Straße zu gelangen. Ich stieß also, mich breitbeinig fest stellend, die Arme so weit aus, als ich es bei dem Widerstand, welchen ich fand, vermochte, und zog sie dann plötzlich und kräftig wieder ein. Das gab einen Ruck, durch den wirklich Zwei abgeschüttelt wurden; aber vorn und hinten hielten mich die Anderen doch gefaßt, und die Beiden hingen sich rasch wieder an mich.
    Der Angriff galt wirklich mir, keinem Anderen; davon war ich überzeugt. Man hatte mir beim Kadi aufgelauert und mich in diese Falle gelockt. Worte konnten mir keine Hülfe bringen, und so begann jetzt ein lautloses Ringen, bei dem ich meine Kräfte so anzustrengen hatte, daß mir die Brust zu platzen drohte – vergeblich! Es waren ihrer zu Viele. Ich wurde niedergerissen, und trotzdem ich nach Möglichkeit auch da mich noch wehrte und mit Händen und Füßen um mich schlug, fühlte ich doch bald, daß ich mich in Stricken verfing, welche man um mich schlug.
    Ich war gefangen und gefesselt!
    Warum hatte ich nicht um Hilfe geschrieen? Warum hatte ich keinen Laut von mir gegeben? Um wenigstens das Leben zu retten, wenn auch die Freiheit verloren war. Auf das Erstere schien man es, wenigstens in diesem Augenblick, nicht abgesehen zu haben, sonst hätte man mich ja sofort durch einen Schuß oder Stich niederstrecken können. Machte ich aber Lärm, so daß man die Entdeckung des Anschlages zu befürchten hatte, so konnte ich leicht den Tod für mich herauf beschwören.
    Auch ein nicht übermäßig kräftiger Mann entfaltet in einer solchen Lage einen ungewöhnlichen Widerstand. Ich hatte keinen Athem mehr, doch meine Angreifer keuchten ebenso wie ich. Ich hatte ein Messer und eine Pistole im Gürtel gehabt; sie waren mir aber gleich im ersten Momente aus demselben gerissen worden. An ein Zuschlagen war ich gar nicht gekommen, da ich von zehn bis vierzehn Armen eingeschnürt gewesen war.
    Jetzt fluchten die Kerls in allen Tonarten um mich herum, und dabei war es so finster, hier zwischen den engen Mauern, daß man die Hand vor dem Auge nicht zu erkennen

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