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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vermochte.
    »Hazyr – fertig?« fragte eine Stimme.
    »Ewet – ja!«
    »Schafft ihn hinein!«
    Man faßte mich an und schleppte mich fort. Ich konnte zwar den Körper und die Knie bewegen und hätte noch jetzt einigen Widerstand zu leisten vermocht, doch verzichtete ich darauf,da es mir meine Lage nur zu verschlimmern, nicht aber zu verbessern vermochte.
    Ich bemerkte, daß man mich durch zwei finstere Räume in einen dritten schaffte, wo man mich einfach zu Boden warf. Die Träger entfernten sich. Nach einiger Zeit traten zwei Männer ein. Der Eine trug eine Lampe.
    Diesen Menschen hatte ich bereits gesehen, und zwar bei unserer Ankunft in Hulam’s Hofe. Jetzt lachte er mir höhnisch zu.
    »Kennst Du mich noch?« fragte er nun.
    Er stellte sich so, daß der Schein des Lichtes auf sein Gesicht fiel. Man denke sich mein nicht eben sehr freudiges Erstaunen, als ich in ihm – – Ali Manach Ben Barud el Amasat erkannte, den Sohn des Entflohenen, den Derwisch, mit welchem ich in Konstantinopel im Kloster gesprochen hatte.
    Ich antwortete nicht. Er versetzte mir einen Fußtritt und wiederholte:
    »Ich frage, ob Du mich noch kennst?«
    Das Schweigen konnte mir keinen Nutzen bringen. Wollte ich wissen, was man mit mir vorhabe – und das war für mich jetzt ja die Hauptsache – so mußte ich sprechen.
    »Ja,« antwortete ich.
    »Lügner! Du warst kein el Nassr!«
    »Habe ich mich für einen ausgegeben?«
    »Ja!«
    »Nein. Ich hatte nur keine Veranlassung, Dir Deinen Irrthum zu benehmen. Was wollt Ihr von mir?«
    »Wir werden Dich tödten!«
    »Meinetwegen!« antwortete ich möglichst gleichgültig.
    »Thue nicht so, als ob Du das Leben nicht liebtest! Du bist ein Giaur, ein Christ, und diese Hunde wissen nicht zu sterben, weil sie keinen Kuran, keinen Propheten und kein Paradies haben!«
    Bei diesen Worten versetzte er mir einen zweiten Fußtritt in die Seite. Hätte ich nur eine einzige Hand frei gehabt! Dieser Derwisch hätte noch ganz anders tanzen sollen, als vor Kurzem in Stambul!
    »Was kann ich dagegen thun, wenn Ihr mich tödten wollt?« meinte ich. »Ich werde ebenso ruhig sterben, wie ich jetzt so kaltblütig Deine Fußtritte ertrage. Ein Christ würde nicht so feig sein, einen Gefesselten zu quälen. Nimm mir die Stricke ab, und dann wollen wir sehen, wessen Prophet größer und wessen Paradies herrlicher ist!«
    »Hund! Drohe nicht, sonst lernst Du den Mezardschy noch vor dem Morgen kennen!«
    »So laß mich in Ruhe, und packe Dich!«
    »Nein; ich habe mit Dir zu sprechen. Willst Du vielleicht die Güte haben, einen Tschibuk dabei zu rauchen?«
    Das war eine prächtige Ironie von diesem Knaben, über welche ich mich hätte ärgern können, wenn ich mich nicht über sie gefreut hätte.
    »Daß Du ein guter Choradschi bist, habe ich gesehen,« antwortete ich; »daß Du aber ein noch viel besserer Schakadschi sein kannst, das habe ich nicht geglaubt, da den ›Tanzenden‹ doch das Anlama zum Witze zu fehlen pflegt. Wenn Du wirklich mit mir zu sprechen hast, so bedenke, mit wem Du redest. Ich sage Dir, daß Du nur dann meine Stimme hören wirst, wenn Du die Achtung vor meinem Barte zeigst, welche Dir der Prophet gebietet!«
    Das war mit Absicht eine Beleidigung. Unter dem Worte Chora, der Tanz, versteht der Türke jene sinnlichen Bewegungen, welche nur Frauenzimmern gestattet sind, deren sich aber jeder Mann streng enthält. Der Tanz der Derwische ist ein anderer, er gilt für heilig. Es gab keine größere Beleidigung für ihn, als daß ich ihn einen Choradschi nannte und noch dazu den Angehörigen seines Ordens den Verstand absprach. Ich machte mich in Folge dessen auf erneute Fußtritte gefaßt und war daher im Stillen erstaunt, daß er mir zwar einen vor Zorn flammenden Blick zuwarf, dann aber sich ruhig auf den Boden niedersetzte. Der Andere blieb stehen.
    »Wärest Du ein Moslim, so würde ich Dich zu züchtigen wissen,« begann der Sitzende nach einer Pause; »ein Christ aber kann einen wahren Gläubigen niemals beleidigen. Wie sollte eine Kröte die Sonne beschmutzen können! Ich will Einiges von Dir wissen. Ich werde Dich fragen, und Du wirst antworten!«
    »Ich bin bereit zur Antwort, wenn Deine Fragen so höflich sind, wie ich es zu fordern habe!«
    »Du bist derselbe fränkische Arzt, welcher in Damaskus die Absicht des Usta zu Schanden machte?«
    »Ja.«
    »Du hast den Usta dann später in Stambul getroffen?«
    »Ja.«
    »Du hast auf ihn geschossen, als er in das Wasser sprang?«
    »Nicht ich,

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