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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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noch besser!«
    »Du wirst wohl mit diesem Sambuk nach Tor fahren?«
    »Ja.«
    »Du gehst noch weiter nach dem Süden?«
    »Ja.«
    »Bist du mit den Ingli bekannt?«
    »Ja.«
    »Hast du Freunde unter ihnen?«
    »Ja.«
    »Das ist sehr gut. Bist du stark?«
    »Korkulu – fürchterlich, arslandscha – wie ein Löwe! Soll ich es dir beweisen?«
    »Nein, Effendi.«
    »Und doch, denn deine Neugierde ist größer als die Geduld eines Menschen sein kann. Packe dich und komme nicht wieder!«
    Ich faßte ihn, drehte ihn in die passende Richtung und gab ihm einen Stoß, daß er weit über das Deck hin schoß und dann dasselbe mit seinem Bauche begrüßte. Aber im Nu war er wieder auf.
    »Wai sana – wehe dir, du hast einen Gläubigen beleidigt; du mußt sterben!«
    Er riß seinen Handschar heraus und stürzte auf mich zu. Sein Begleiter folgte ihm mit gezückter Waffe. Schnell zog ich Halef die harte Nilpeitsche aus dem Gürtel, um mit derselben die Angreifer zu salutieren; aber es sollte gar nicht so weit kommen, denn in diesem Augenblick öffnete sich die Thür des Verschlages, und es erschien eine der Frauen. Sie erhob stumm die Hand und zog sich dann zurück. Die beiden Araber hemmten ihre Schritte und gingen lautlos beiseite; aber ihre Blicke sagten mir, daß ich von ihnen nichts Gutes zu erwarten habe.
    Die Türken hatten dem Vorgang mit großem Gleichmute zugesehen. Wäre auf dem Schiffe jemand getötet worden, so hätte es ja sein Kismetnicht anders mit sich gebracht.
    Schicksal, Vorausbestimmung.
    Was mich betrifft, so hatten mich die unnützen Fragen dieses Menschen sehr in Harnisch gebracht. Aber, waren sie wirklich so unnütz? Hatten sie nicht vielleicht einen verborgenen Zweck? Der Orientale ist kein Schwätzer, am allerwenigsten aber verliert er seine Worte an einen Unbekannten, von dem er sogar nur das weiß, daß er ein Giaur ist.
    Ich hatte mich im Humor des Ärgers für einen berühmten Mann und für einen großen Schützen ausgegeben. Warum wollte er wissen, ob ich ein »Pascha«, ein berühmter Mann, ein Schreiber, ein guter Schütze sei? Was konnte es ihm nützen, zu wissen, ob ich weiter nach Süden wolle und unter den Engländern Freunde habe? Warum hatte er bei der Bejahung dieser letzten Frage gesagt: »Das ist sehr gut,« und zu was konnte es ihm dienen, zu erfahren, ob ich stark und kräftig sei? Und überdies hatte er seine Fragen in der Weise an mich gerichtet, wie sie ein Oberer an seinen Untergebenen, ein Untersuchungsbeamter an einen Angeschuldigten richtet. Am auffälligsten dabei war aber der augenblickliche Gehorsam, den sowohl er als sein Begleiter dem Winke des Weibes leisteten. Das war hier, wo die Frau tief unter dem Manne steht und für das öffentliche Leben nicht die mindeste Selbstbestimmung besitzt, gewiß sehr ungewöhnlich, vielleicht sogar verdächtig.
    »Sihdi,« meinte Halef, welcher nicht von meiner Seite gewichen war, »hast du ihn gesehen?«
    »Wen oder was?«
    »Den Bart.«
    »Den Bart! Welchen Bart?«
    »Den das Weib hatte – –«
    »Das Weib? Hatte das Weib einen Bart?«
    »Sie hatte den Jaschmaknicht doppelt, wie vorher, sondern einfach über dem Gesichte, und so habe ich den Bart gesehen.«
    Schleier.
    »Schnurrbart?«
    »Vollbart. Sie ist kein Weib, sondern ein Mann. Soll ich es dem Baschi sagen?«
    »Ja, aber so, daß es niemand hört.«
    Er ging. Jedenfalls hatte er sich nicht geirrt; denn ich wußte, daß ich seinen scharfen Augen trauen könne, und unwillkürlich brachte ich diesen neuen Umstand mit dem Derwisch in Verbindung. Ich sah Halef mit dem Baschi reden; dieser schüttelte den Kopf und lachte; er glaubte es nicht. Darauf wandte sich Halef mit einer höchst aufgebrachten Miene von ihm ab und kehrte zu mir zurück.
    »Sihdi, dieser Baschi ist so dumm, daß er sogar mich für dumm hält.«
    »Wie so?«
    »Und dich für noch dümmer als mich.«
    »Ah!«
    »Er sagt, daß ein Weib niemals einen Bart habe, und daß ein Mann niemals die Kleidung eines Weibes anlegen werde. Sihdi, was hältst du von diesen Frauen, welche Vollbärte tragen? Vielleicht sind es Dscheheïne?«
    »Ich vermute es.«
    »So müssen wir die Augen offen halten, Sihdi!«
    »Das ist das Einzige, was wir thun werden, und dazu gehört vor allen Dingen, daß wir unser Mißtrauen und unsere Aufmerksamkeit zu verbergen suchen. Halte dich abseits von mir, aber so, daß wir einander stets beispringen können.«
    Er entfernte sich eine ziemliche Strecke, und ich ließ mich auf den Teppich nieder.

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