Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
kommen links hinten herein, legen ihre Requisiten ab und gehen rechts wieder hinaus, um (wie es scheint) da draußen zu lagern. Das »jmeh« erklingt draußen fort, aber leiser. Die Requisiten bestehen aus einigen Stangen und hellen Tüchern.
SCHEIK.Wie ärmlich das! Ich dachte mir es anders!
Mit dem Fuße verächtlich an die Sachen stoßend.
Da liegt die ganze Kunst – – – hier an der Erde!Wer richtet sie uns auf?
Neunzehnter Auftrit t
Die Vorigen. Dann der Hkawti und hierauf die Phantasie mit der Bibel. Gegen den Schluß dieses Auftrittes beginnt die Dämmerung.
HKAWTI erscheint nicht im Hintergrunde, sondern hinter der ersten Kulisse links, wo der Scheik von Bnt’ullh gesprochen hat. Er meldet an. Die Phantasie!
Bleibt stehen bis Phantasie und Bibel an ihm vorübergegangen sind.
PHANTASIE noch hinter der Szene, laut, in gebieterischem Tone. Es naht die Kunst. Die Posse hat zu schweigen!
Auf diesen Befehl verstummt draußen sofort das »jmeh« der Schattenspieler. Die Phantasie tritt ein, da, wo der Hkawti steht, also auf dem einstigen Gebetswege der totgeglaubten Bnt’ullh. Sie führt die tief verschleierte Bibel an der Hand. Sobald man Beide sieht, erklingen Harfen im Innerndes Turmes. Alle Anwesenden lauschen, im höchsten Grade erstaunt, nach dem Turme. Die Phantasie bleibt mit der Bibel stehen und fragt.
PHANTASIE.Wer grüßt uns hier?
HKAWTI die Hände feierlich erhebend. Die Harfen der Psalmisten!
PHANTASIE nach rückwärts deutend, wo man sich den Fluß zu denken hat. Die Saitenspiele, die ich dort am UferDes Euphrat an den Weiden hängen sah,Als Gottes Volk um Zions Tempel weinte.Wie kommen sie hinab in diesen Turm?
HKAWTI.Sie sanken mit dem Geiste in die TiefeUnd klingen nun zu dir, zu euch empor,Weil sie es ahnen, daß die Hilfe naht.
PHANTASIE.Die Hilfe naht?
Mit einer Neigung nach der Bibel.
So schreite sie denn weiter!
Die Phantasie bleibt, wo sie steht. Sie läßt die Hand der Bibel los. Diese geht vorwärts, direkt nach dem Alabaster, genau so, wie der Scheik es von Bnt’ullh gesagt hat, in langsamen Schritten, zudenen die Akkorde der Harfen den Takt angeben. Diese Akkorde werden immer lauter, je näher die Bibel ihrem Lieblingsplatze kommt. Sie halten einmal plötzlich an, als die verschleierte Gestalt, einen Augenblick zaudernd, vor ihm stehen bleibt. Als sie sich aber dann setzt, jubeln sie hoch auf und brechen dann ab. Dieser von den Harfen begleitete Gang nach dem Alabaster darf keinesweges etwas Theatralisches oder gar Bombastisches an sich haben. Er bedeutet die Rückkehr der Bibel nach dem Morgenlande und ist zu gleicher Zeit die Heimkehr der erzieherischen Weiblichkeit zum »Menschen der Gewalt«, den sie zu veredeln hat. Das muß schlicht und bescheiden geschehen, ohne die geringste Spur von Effekthascherei. Als die Bibel an dem Scheik der Todeskarawane vorübergeht, zuckt er in ihrer Atmosphäre zusammen und bleibt mit großen Augen an ihr hängen. Man sieht, daß er auch die Phantasie mit höchstem Interesse beobachtet. Sie kommt ihm bekannt vor. Er denkt über sie nach. Die Anwesenden stehen alle wie unter dem Einflusse eines Märchens.
SCHEIK tief Atem holend. Unglaublich fast!
IMM.Erstaunlich!
BABEL.Wunderbar!
SCHEIK zur Phantasie. Wer bist du, Weib?
PHANTASIE.Ich bin die Phantasie.
SCHEIK.Das hörte ich bereits. Wie ist dein Name?
PHANTASIE.Abk Kitl.
SCHEIK.So heiße doch nur ich!
PHANTASIE.Die Phantasie führt stets den Namen dessen,Dem sie gehorcht. Drum heiße ich wie du.
SCHEIK.So bist du mein? Bist meine Phantasie?
PHANTASIE.Für heut will ich es sein, weil es sich fügt.
SCHEIK.So höre mich, was ich von dir verlange – – –!
PHANTASIE.Ich weiß es schon.
SCHEIK.Von wem? Vom Hkawti?
PHANTASIE.Von mir. Denn, bin ich deine Phantasie,So weiß ich Alles, ehe du es weißt.
Tritt zu dem Scheik der Todeskarawane, der noch immer neben Schfak steht.
Ich weiß, daß du den »König« reiten sollst.Bist du bereit?
SCHEIK DER TODESKARAWANE beugt unwillkürlich ein Knie. Wenn du befiehlst!
PHANTASIE.Es sei!
Wendet sich von ihm ab, zum Scheik.
SCHEIK DER TODESKARAWANE zu Schfak, die sich von der Phantasie so ergriffen fühlt, daß sie fast kein Auge von ihr wendet. Ich sah sie schon, doch wo, kann ich nicht sagen!
PHANTASIE zum Scheik. Und ich, ich soll den Feind zum Zorne reizen,Indem
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