Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
auch zu mir;
es kann dir doch so schwer nicht fallen.
O, hörtest du’s im Himmel hier
von aller Sel’gen Mund erschallen!
Sprich »Vater«, nur dies Wort allein,
und ich will dir es ewig sein!
Läuterung
Geh hin, und schau in dich hinein
bis in die tiefsten Herzensfalten;
dann stellt sich die Erkenntnis ein:
Du mußt dich gänzlich umgestalten.
In Gottes Buche steht ein Wort:
»Es sei denn, du wirst neu geboren,
so sinkst du hier und bist für dort
und für die Seligkeit verloren.«Geh hin, und bitte Gott, den Herrn,
er wolle gnädig dir verzeihen.
Er tut es; ja, er tut es gern,
ob auch der Fehler viele seien.
Doch wer vielleicht sich darauf stützt,
daß Gottes Gnade Alles wende,
und seine Zeit und Kraft nicht nützt,
für den geht plötzlich sie zu Ende.Geh hin, und sündige nicht mehr;
dir wird sehr viel, sehr viel vergeben.
Wird dir die Läuterung zu schwer,
so fehlt der Ernst, sie zu erstreben.
So sehr du dich dagegen bäumst,
zum Scherz bist du hier nicht auf Erden,
und Alles, was du jetzt versäumst,
muß nachgeholt, gebüßt einst werden!
Wohltätigkeit
Streckt sich bittend dir entgegen
eines Bettlers arme Hand,
sei ein Teil ihr von dem Segen,
der dir wurde, zugewandt.Güter, die dir Gott gegeben,
sind für Andre dir geliehn,
und nur wasdu für das Leben
brauchst, sollst du davon beziehn.Gehst du dennoch da vorüber,
wo Erbarmung nötig ist,
o, so denke dort hinüber,
wo du auch nur Bettler bist!
Verzeihen
Vergib, mein Herz, so wird auch dir vergeben;
nie trage nach; nie pflege deinen Zorn!
Es strömt aus dir im Blute mir das Leben;
für Andre sei ein steter Freudenborn.
Gott machte dich so reich, so reich an Habe,
doch meine nicht, sie sei für dich allein.
Indem du gibst, empfängst du selbst die Gabe;
die allerschönste aber ist – – – verzeihn.Vergib, mein Herz, so wird auch dir vergeben;
denk nicht, du stehest nicht in Andrer Schuld!
Wie lange willst du in derselben schweben?
Wie oft verlangst du, und wie viel, Geduld?
Des Nächsten Konto hältst du aufgeschlagen
und stöberst seinem Soll und Haben nach;
geh einmal hin, um bei ihm anzufragen,
wie’s mit dem deinigen wohl stehen mag!Vergib, mein Herz, so wird auch dir vergeben;
schau doch empor, und sag, du zitterst nicht!
Du magst es noch so sehr zu leugnen streben,
da oben wartet deiner das Gericht.
Dann wirst du nicht nach deinem Maß gemessen,
nach welchem du dir so gerecht erscheinst;
drum wolle ja die Mahnung nie vergessen:
»Vergib mein Herz!« Das rettet dich dereinst!
Dein Auge
Hüte dein Auge; bewache es immer,
denn deine Seele, sie zeigt sich darin,
sei es in sanftem, erbarmendem Schimmer,
Sei es verdüstert von grollendem Sinn.
Gutes und Böses bereiten die Hände;
segen und Fluch, sie entquellen dem Mund;
aber durch wundergeheime Verbände
tun sie vorher schon im Blicke sich kund.Hüte dein Auge; bewache es immer,
nicht wegen Anderen, sondern für dich.
Täuscht dich sonst Alles, das Auge trügt nimmer,
denn auch nach innen entschleiert es sich.
Prüfe dich fleißig, so wirst du entdecken,
daß jede Regung ins Aug sich verirrt,
um dort verrät’rische Lichter zu wecken,
ehe zum Worte, zum Werke sie wird.Hüte dein Auge; bewache es immer,
halte es stetig in sorgender Hut.
Fühlst du im Blick einen glühenden Flimmer,
warte und schweig, denn – – du bist jetzt nicht gut.
Warte und schweig, bis ein besseres Regen,
welches die sündige Wallung vertrieb,
zeit gewann, sich in dein Auge zu legen;
dann rede frei, denn – – du bist wieder lieb.
Güte
Streu Blumen aus auf deinem Lebenspfad;
sie sind dir ja dazu gegeben!
Dies Blumenstreuen ist die beste Saat
zur Ernte schon in diesem Leben.
Es kehrt ein jedes, auch bescheidnes Glück,
nachdem es wo ein Leidgeendet,
Gewiß verdoppelt und sehr bald zurück
zu dem, der liebreich es gespendet.Streu Blumen aus auf deinem Erdenpfad;
sie sind dir ja dazu gegeben!
Dies Blumenstreuen ist die beste Saat
zur Ernte auch in jenem Leben.
Es bleibt die Saat der Liebe ewig grün,
und ihre Blumen welken nimmer;
sie werden dir einst schon entgegenblühn
beim ersten Himmels –\1Morgenschimmer.Streu Blumen aus auf deinem Erdenpfad;
sag nicht, du seist zu arm zum Geben!
Gelegenheit ist stets zur Liebestat,
und Blumen hat das ärmste Leben.
Meinst du, es müssen immer Rosen sein?
Gott kennt ja jede, jede Blüte.
Er fragt nicht, ob die Gabe groß, ob klein,
er mißt sie nur nach deiner Güte.
In die Berge
Schon weicht das Flache hinter mir;
die Ebene
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