Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
Sklaven seid!
Mein Himmel
Wie ist der Himmel doch so weit
entfernt von mir mit seinen Sternen!
Er baut zur Grenzenlosigkeit
sich auf durch unmeßbare Fernen.
Es reicht mein schwacher Blick nicht hin,
mir nur die nächste Welt zuzeigen;
ich fühle, daß ich Erde bin,
nicht wert, zu ihr empor zu steigen.Wie ist der Himmel doch so nah!
Er strahlt in mir mit tausend Sternen.
Fühl ich ihn nicht, er ist doch da;
ich muß ihn nur erfassen lernen.
Die ganze Unermeßlichkeit
der Liebe darf ich in mir tragen;
es hemmt sie weder Raum noch Zeit,
mich auf zu Gott, dem Herrn zu tragen.Unendlich und doch endlich ist
der Himmel um die kleine Erde,
doch du in meinem Herzen bist
der, den ich ewig haben werde.
Was andern Himmeln drohen mag.
Dir hat es nicht und nie zu gelten:
Für dich gibt’s keinen letzten Tag
und keinen Untergang der Welten.Wie ist der Himmel doch so weit,
und wie so nahe kann er liegen,
wenn über unsre Blödigkeit
der Glaube und die Liebe siegen.
Ich blick empor; ich schau in mich;
dort darf ich nichts, hier Alles hoffen.
Mein Gott und Herr, ich bitte dich,
erhalt mir diesen Himmel offen!
Sternschnuppe
Es fiel ein Stern, habt ihr gedacht,
aus weiten, unbekannten Fernen.
Ging unter er in dunkle Nacht?
Blieb er am Himmel bei den Sternen?Ist’s eine Welt, die im Entstehn
sich Kraft und Stoff zu holen strebte?
War’s eine Welt, die im Vergehn
durchs Leuchten sich zu Ende lebte?Das werdet ihr vielleicht, vielleicht
durch eure Rohre noch ergründen,
jedoch wer ihren Weg ihr zeigt,
kann nur der Glaube euch verkünden.
Sternensprache
Schau auf, schau auf zum Firmament,
und laß von ihm dir zeigen:
Von allen Sternen, die ihr kennt,
hat keiner Licht zu eigen.
Trotz ihrer Größe, ihrer Zahl
sind sie nur Lichtverbreiter;
ein jeder nimmt des andern Strahl
und gibt ihn folgsam weiter.Der einz’ge Sonnenquell des Lichts
ist des Allmächt’gen Liebe,
und selbst auch diese wäre nichts,
wenn sie nicht leuchtend bliebe.
Sie geht im Strahlenkleide aus,
sich selbst der Welt zu geben,
macht jeden Stern zu Gottes Haus
und küßt ihn wach zum Leben.Schau auf, schau auf zum Sternenzelt,
und laß von ihm dir sagen:
Die Liebe wird von einer Welt
der andern zugetragen.
Gibt sie ein Stern dem andern nicht,
weil er Gott nicht verstanden,
so ist er für sie ohne Licht
und also nicht vorhanden.
Sternkunde
Ich sah dich oft in stiller Nacht.
Du nahmst ins Rohr des Himmels Sterne
und hast darüber nachgedacht,
wie man sie wohl ergründen lerne.Ist’s um die Körper dir zu tun,
so magst du deiner Forschung leben.
Die Wissenschaft darf nimmer ruhn;
es ist ihr Schweres aufgegeben.Doch weiter, weiter trachte nicht;
die Allmacht läßt sich nicht bestehlen.
Gott gab den Sternen zwar das Licht,
sie zu ergründen, wird dir’s fehlen.Der Weg zum rechten, wahren Schaun
steigt nicht empor auf Prismenstrahlen.
Es ist da Andres aufzubaun
als Logarithmen –\1Dezimalen.Den großen Weltzusammenhang
regiert allein die Hand des Einen,
durch die sich wie ein Lobgesang
die Sphärentöne hell vereinen.In seiner Wunder ewgem Reich
ist keines seiner Schöpfungsworte
und nie ein Ton dem andern gleich
und doch harmonisch im Akkorde.Willst du ein Intervall verstehn
von deinem Standpunkt aus, der Erde,
so mußt du bittend zu ihm gehn,
ob er es dir erlauben werde.Dann lausche demutsvoll und still,
dein ganzes Sein ihm zugewendet,
bis er dein Flehn erhören will
und einen seiner Boten sendet.Der nimmt und trägt dich hoch empor,
wo keine Gegenklänge stören,
und dann wirst du im Weltenchor
die Stimme deines Sternes hören.
Bitte
Geh hin, mein Herz, und kniee nieder,
und sprich: »Nimm mich, o Vater, wieder!«
Im Himmel war ich mir zu klein;
ich wollte Herr der Erde sein,
und um sie ganz und gar zu erben,
gab ich den kühnen Preis, zusterben.Geh hin, mein Herz, und kniee nieder,
und sprich: »Nimm mich, o Vater, wieder!«
Mir war zu eng die Ewigkeit;
ich trat als Sünder in die Zeit
und hab in keiner ihrer Stunden
das, was ich mir versprach, gefunden.Geh hin, mein Herz, und kniee nieder,
und sprich: »Nimm mich, o Vater, wieder!«
Ich war verblendet. war betört,
als ich mich gegen dich empört,
und will es niemals wieder wagen,
dich nach dem Herrscherrecht zu fragen.Geh hin, mein Herz, und kniee nieder,
und sprich: »Nimm mich, o Vater, wieder!«
Jetzt ist die Erde mir zu klein;
ich will im Himmel wieder sein
und bin bereit, um ihn zu erben,
dem Irdschen wieder abzusterben.
Gottesmahnung
Gib mir, o
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