Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
nicht zu fassen. Eine Sonne, welche jetzt als ein kleiner, kaum wahrnehmbarer Punkt am fernen Horizonte erschiene, würde im nächsten Augenblicke als ein unendlicher, blendender und Alles versengender Feuerball von kaum meßbarer Größe an uns vorüberzucken und fast in demselben Momente als stecknadelkopfgroßes Johanneswürmchen am entgegengesetzten Ende des Gesichtskreises wieder verschwinden. Und in diesem nie ruhenden, ewig wogenden Meere glanzumflossener Himmelskörper wäre unsere von unzähligen Millionen Wesen bevölkerte Erde einer der kleinsten, der verschwindendsten Tropfen, obgleich auch sie einen überwältigenden Anblick böte, wenn es möglich wäre, z.B. vom Monde aus uns ihr zu nähern und allmählich auf ihre Oberfläche herabzusteigen.
Stellen wir uns im Geiste auf die Spitze eines der Ringgebirge des Mondes, welcher der Erde immer nur eine und dieselbe Seite zukehrt, so würde uns der von uns bewohnte Planet als eine helle Scheibe von ungefähr fünf Fuß Durchmesser erscheinen, auf deren Oberfläche, ebenso wie wir es von der Erde aus auf der Mondscheibe bemerken, lichtere und dunklere Partieen wahrnehmbar wären. – Und könnten wir unseren Standort verlassen, um uns der Erde zu nähern, so würde ihre Größe zunehmen, je weiter wir an sie herankämen.
Die lichteren Stellen würden das Meer bezeichnen, dessen Wasser die darauffallenden Sonnenstrahlen kräftiger reflectiren, als es von dem Festlande geschieht, dessen Thalpartieen wieder dunkler erschienen, als die Höhen der Gebirge.
Erst nur mit dem Rohre, bald aber auch mit dem bloßen Auge würden wir einen Schleier bemerken, welcher theils in festen, compacten und cumulirenden Massen, theils auch zerrissen und in federigen oder langgestrichenen Zügen unserm Blicke von Zeit zu Zeit und von Ort zu Ort die Erde verhüllt und seine Schatten auf dieselbe wirft. – Es sind die Wolken.
Bald auch würden wir bemerken, daß uns ein unsichtbarer Stoff umgiebt, dessen Dichtigkeit und Widerstandskraft zunimmt, je weiter wir uns der Erde nähern. Wir würden seine Bewegungen fühlen und den Einfluß, welchen er auf unsere Constitution äußert, immer deutlicher empfinden. – Es ist die atmosphärische Luft, welche die Erde als ein flüssiges Meer umfluthet, dessen Tiefe man nach verschiedenen Gesichtspunkten zu bestimmen vermag.
Zu athmen vermag der Mensch nur bis zu einer Entfernung bis zu drei Viertel Meilen von der Erdoberfläche. Lambert schätzte die Tiefe des Luftoceans auf 4, Birt auf 6/ 2 , Halley auf 9/ 2 und Kepler auf 10 Meilen. G. Schmidt stellte die wirkliche Höhe der Lufthülle da, wo ihre sie emportreibende Federkraft und die sie herabziehende Anziehungskraft der Erde im Gleichgewichte stehen, auf 27 Meilen, während Laplace, einer der größesten Naturkundigen, die Grenze der Höhe, bis zu welcher die Lufthülle der Erde noch angehören kann, da bestimmt, wo die nach obenhin zunehmende Centrifugalkraft mit der Schwere ins Gleichgewicht kommt und diesen Punkt, über welchen hinaus jedes Lufttheilchen von der Erde fortgeschleudert würde, auf 5682 Meilen berechnet.
Die atmosphärische Luft besteht außer einer Wenigkeit an Kohlensäure aus
77 Gewichtstheilen oder 79 Raumtheilen Stickstoffgas und
23 Gewichtstheilen oder 21 Raumtheilen Sauerstoffgas;
die große Menge, welche ein Mensch an Sauerstoff verbraucht, ist aber so gering gegen den Sauerstoffgehalt des Luftoceans, daß die ganze jetzt lebende Menschheit zehn Millionen Jahre athmen könnte, ehe sie ihn verbraucht hätte.
700 Kubikzoll Luft wiegen ungefähr 31 Gran, und auf jeden Quadratzoll der tiefsten Stellen der Erdoberfläche drückt die ganze Masse der daraufruhenden Luftsäule mit einem Gewichte von 15 Pfunden. Ein erwachsener Mensch, dessen Körper etwa 12 Quadratfuß Oberfläche bietet, trägt also, ohne es zu bemerken, einen Luftdruck von 34,300 Pfund.
Das Weltmeer, welches sich unserm Blicke als ein riesiges, blitzendes und schillerndes Ungeheuer, dessen unzählige Arme wie die Fänge eines monströsen Polypen das Festland umfassen, darstellt, trennt das Letztere in zwei große Continente und eine unzählige Menge kleinerer Landestheile, welche, da sie ganz von Wasser umgeben sind, Inseln oder Eilande genannt werden. Streng genommen sind auch die beiden Festländer Inseln, da auch sie ringsum von den Fluthen des Wassers umspült werden.
Dem Flächenraume nach verhalten sich die Erdtheile wie folgend zu einander:
Asien …793,964Qu.-Meilen,
Amerika
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