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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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oder an sich selbst erfahren hat, und doch fühlt man sich zu ihm hingezogen und möchte ihm gleich vom ersten Augenblicke an nur Freundlichkeit und Liebe erweisen. – Ebenso betritt man eine Wohnung, in der man noch nie gewesen ist; man kennt weder ihre Einrichtung noch den täglichen Verlauf der wirthschaftlichen Vorkommnisse, und doch weiß man sofort: hier ist nicht gut sein; adieu Madame, ich und das Zimmer und vielleicht auch ich und Sie, wir passen nicht zusammen. Oder man sieht sich eine Stube an und erkennt auf den ersten Blick, daß es sich hier ganz ausgezeichnet wohnen müsse; es kommt Einem Alles so anheimelnd, so traulich vor, es ist, als hätte man das Alles schon längst gehabt und mit gemüthlicher Bequemlichkeit genossen, und ehe man sich’s selbst versieht, hat man den apostolischen Entschluß gefaßt: Herr, hier wollen wir Hütten bauen.
    Das Wort Haus erscheint in sehr zahlreichen Zusammenstellungen mit anderen Wörtern und hat auch an für sich eine gar verschiedene Bedeutung.
    Hauswirth, Hausherr, Hausfrau, Hausmann, Hausknecht, Hauszwist, Hausfriede, Hausgeräth, Haushaltung, Hausrath, das sind so einige von den erwähnten Wortverbindungen, keine von ihnen aber ist von einer so hohen Wichtigkeit, keine von ihnen greift so tief in die verschwiegenen und zarten Verhältnisse des Privatlebens ein, wie die drei Silben »Hausschlüssel.«
    Welch eine Fülle von guten und schlimmen, ernsten und heiteren, glücklichen und schauderhaften Erinnerungen dieses inhaltsschwere Wort zu erwecken vermag, das weiß ein Jeder, sei er nun jung oder alt, »behauskreuzt« oder unbeweibt, und wenn die Hausschlüssel reden oder gar schreiben könnten, so würde in kurzer Zeit die Welt von einer wahren Sturmfluth von offenbarten häuslichen Geheimnissen überschwemmt werden, welche Jedermann zur Warnung, Abschreckung und – Nachahmung dienen könnten.
     
    »Wer nie zu lang im Wirthshaus saß,
    Wer nie durchklapperte des Winters Nächte,
    Weil er den Passepartout vergaß,
    Der kennt euch nicht, ihr Schicksalsmächte!«
     
    Da die menschliche Wohnung den ursprünglichen Zweck hatte, die Glieder einer Familie zu vereinigen, so wird das Wort Haus oft gleichbedeutend mit Familie gebraucht. »Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen,« lautet in dieser Beziehung ein bekannter biblischer Ausspruch. Eine weitere Bedeutung bekommt das Wort, indem es im Sinne des »Geschlechtes« gebraucht wird und alle Neben- Seitenverwandten der Familie mit ihren Ahnen bis zurück auf den Stammvater umfaßt. »Das Haus Wlfe, das Haus Bourbon etc. hat aufgehört zu regieren!« lauteten die Dictate Bonaparte’s, dem nachher selbst die Strophe gedichtet wurde:
     
    »Und zu derselben Stunde
    Schließt auch das Grab sich schon;
    Das war die letzte Stunde
    Vom Haus Napoleon!«
     
    Solch’ ein Geschlecht, solch’ ein Haus hat oft eine ganz bedeutende politische, ja weltgeschichtliche Aufgabe zu erfüllen; die Traditionen erben von Glied zu Glied immer weiter fort, und jedes neu hervorsprossende Reis des gewaltigen Baumes sucht Blüthen und Früchte zu treiben. Mit den Kräften wachsen auch die Ziele, und wo das Kind an dem geistigen Vermächtnisse des Vaters hält und demselben die jeweiligen Verhältnisse dienstbar zu machen sucht, da erstarkt der Stamm selbst auf sonst unfruchtbarem Boden, und es wachsen jene kraftvollen Dynastieen heran, von welchen diejenige der Hohenzollern ein lautzeugendes Beispiel ist.
    Auch die Bildersprache hat sich des Wortes Haus bemächtigt, wie man sich zum Oefteren überzeugen kann. »Du bist ein altes, gutes, treues Haus!« hört man zuweilen sagen, und es ist diese Redensart keine gedankenlose, denn man will damit im Character eines Menschen diejenige Traulichkeit und Gemüthlichkeit andeuten, welche vorzugsweise Eigenschaften solcher Wohnungen sind, deren Behaglichkeit mit dem Alter gewachsen ist.
    »Haus und Hof,« denn zu einem Hause gehört ein Hof, und wer’s möglich machen oder erschwingen kann, der hängt auch noch ein Gärtchen d’ran, von wegen der Zwiebeln und Petersilie für die »theure« Hausfrau, oder auch um etwas Levkoj und Reseda zu »erbauen.« So ein Blumen- und Gemüsegärtchen bietet der Annehmlichkeiten gar viele, und wer’s nun gar noch zu einem Rettigsbirnen- und Franzapfelbaume bringt, der ist schier zu beneiden.
    So ist’s in der Stadt. Auf dem Lande freilich sind die Verhältnisse anders; da nehmen die Höfe ganz andere Dimensionen an, und die Gärten dehnen sich oft

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