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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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über sehr bedeutende Areale. Daß hier der Hof von größerer Bedeutung ist, beweisen die Bezeichnungen Pachthof, Bauernhof etc., und sehr oft wird die ganze Besitzung nach dem Namen ihres Inhabers Ruppertshof, Uhligshof, Petershof oder in Beziehung auf sonstige Umstände Teichhof, Berghof, Lindenhof, Tannenhof etc. genannt.
    Daß der Hof nicht eine zufällige Einrichtung ist, sondern einer Naturnothwendigkeit entspricht, beweist der Umstand, daß sogar der Mond einen hat, und wer die Einrichtung desselben kennen lernen will, der mag sich nur getrost direct an den alten Nachtschwärmer selber wenden, weil der jedenfalls die beste Auskunft darüber geben kann. Dem haben es jedenfalls die Kaiser, Könige, Herzöge, Fürsten, Grafen und sonstigen großen Herren abgelauscht, die sich mit einem Hofe umgeben, dessen Glanz und Pracht oft mit recht elegischem Schimmer in den Säckel gewisser Nichthöfler hineinleuchtet. So ein Hof ist etwas gar grausam Vornehmes, und wer die Erlaubniß bekommt, sich »Hofzweckenschmied« oder »Hofwichslieferant« zu nennen und zu schreiben, der darf ohne Bedenken sich an die Brust schlagen und ausrufen: »Gott Lob, ich bin ein großer, ein gemachter Mann!«
    Wer da etwa glaubt, daß man unter einem Hofe nur so ein prosaisches Ding zu verstehen habe, auf welchem die Frau Nachbarin ihre Wäsche trocknet und ihre Kartoffeln putzt, der mag sich einmal erklären lassen, was es heißt, irgend Jemandem »den Hof machen.« Ob diese bildliche Redeweise von dem französischen cours d’amour abzuleiten ist, oder ob man das dabei zu beobachtende Gebahren dem befiederten Sultan abgelauscht hat, welcher, mit dem rothen Fez auf dem Haupte und den Rittersporen an den Füßen, mit herablassender Würde oder cavaliermäßiger Tournüre sich um die Gunst seiner gackernden Huldinnen bewirbt, das   haben die Gelehrten noch nicht entschieden. Soviel aber ist gewiß, daß sich gar manch Eine den Hof gern machen ließe, aber es ist ein großer Fehler dabei, nämlich der, daß sich Keiner dazu finden will. –
    Haus und Hof, beide gehören zusammen und ergänzen sich bei der Befriedigung derjenigen Ansprüche, welche der Mensch an seine Wohnung etc. macht. Daher ist es kein Wunder, wenn man das Eine oft für das Andere gebraucht und z.B. statt Gasthaus Gasthof, statt Pack- und Schlachthaus Pack- und Schlachthof sagt. Selten wohl wird es ein Haus geben, welches wirklich keinen Hof aufzuweisen hätte, haben doch sogar diejenigen Häuser, welche der Freiheitsentziehung gewidmet sind, die Gefängnisse, ihre Höfe, durch welche es den Insassen ermöglicht ist, zuweilen auf liebevolles Commando »in Ostra’s Schattenau sich zu ergehn.«
    Auch die hervorragendsten unter allen Häusern, die »Gotteshäuser«, haben oder vielmehr hatten ihre Höfe. Die religiöse Pietät umgab die Kirchenplätze gern mit Mauern, zwischen denen die entschlafenen Erdenwanderer zur Ruhe bestattet wurden. Ihr erster Lebensgang hatte zur Kirche geführt, wie Schiller in seiner »Glocke« sagt:
     
    »Denn mit der Freude Feierklange
    Begrüßt sie das geliebte Kind
    Auf seines Lebens erstem Gange,
    Den es in Schlafes Arm beginnt;«
     
    jeder bedeutende Moment ihres Daseins rief sie in das Gotteshaus, dessen eherne Zungen ihnen auch zum letzten Valet läuteten, und so versammelte man die Hüllen der Abgeschiedenen an dem Orte, an welchen ihren unsterblichen Seelen der Weg empor zum Himmel gewiesen worden war. Die Gegenwart mit ihren auf das Praktische gerichteten Bestrebungen hat trotz aller Achtung vor den religiösen Traditionen erkannt, daß die ewige Seligkeit nicht durch die Schmälerung irdischer Rechte erhöht werden könne, und eines der hervorragendsten unter diesen Rechten bezieht sich auf die Gesundheit des Körpers, welche durch die Miasmen der Fäulniß arg geschädigt wird. Deshalb greift die Sanitätspolizei mit unnachsichtlicher Hand hinein in die alten Gebräuche, um Dasjenige zu entfernen, was dem körperlichen Wohlbefinden schädlich ist. Man möge den häßlichen Prozeß der Verwesung immerhin durch blumengeschmückte Hügel dem Auge entziehen, aber man lasse diesen gesundheitswidrigen Vorgang nicht inmitten reichbevölkerter Orte stattfinden, wie es bisher der Fall war. Der Ort der letzten Ruhe soll fortan nicht ein am Gotteshause liegender »Kirchhof«, sondern ein im Freien befindlicher »Gottesacker« sein, zu dem die Frömmigkeit ihre Schritte lenkt, um Zeuge jener großen Erndte zu sein, deren Garben ihre Früchte

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