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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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obgleich bemerkt werden muß, daß sie natürlich in früheren Jahren nicht so bemerkbar hervortritt, wie in späterer Zeit.
    Dies eben ist einer der größten Segen des Ehestandes, daß die einander gegenüberstehenden psychologischen Eigenthümlichkeiten zur friedlichen Ausgleichung, zur harmonischen Auflösung gebracht werden. »Also wird der Mann Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen« heißt es in der heiligen Schrift, und auch die Jungfrau trennt sich von den Ihrigen, wie der Senker eines Rosenstrauches von seinem Stamme und blüht nun an der Brust des geliebten Mannes mit der Hingabe, welche Ruth so schön auszudrücken weiß: »Rede mir nicht darein, daß ich dich verlassen sollte und von dir umkehren! Wo du hingehest, da will ich auch hingehen; wo du bleibest, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, und da will ich auch begraben sein. Der Herr thue mir dies und das; nur der Tod soll mich und dich scheiden!«
    In dieser Hingabe, diesem Zusammenklopfen der Pulse und Zusammenfließen der Seelen liegt das höchste Glück der Liebe, die größte Seligkeit des Erdenlebens die leider leider unter so vielen Millionen Menschen nur so Wenigen beschieden ist. Worin hat dies seinen Grund?
    Wenn Paulus an die Epheser schreibt: »Die Weiber seien unterthan den Männern, als dem Herrn; denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie Christus ist das Haupt der Gemeinde und er ist seines Leibes Heiland,« so gilt dieses Wort auch noch für die Gegenwart, ja, trotz den Bestrebungen der sogenannten Frauenemancipation, für alle Zeiten und nicht blos für jene Vergangenheit, in welcher die Frau nicht der Engel, sondern die Sclavin des Hauses war. Trotz alles Sträubens des weiblichen Geschlechtes ist der Mann vermöge seiner körperlichen und geistigen Eigenschaften in gewissen Beziehungen Herr der Frau, und es ist nicht blos Gebot der Pflicht, sondern der Klugheit, sich ihm hier unterzuordnen, denn grad’ in dieser Unterordnung gelangen die Eigenschaften und Vorzüge des Weibes zur Geltung, zur Macht und Herrschaft über den Mann. »Eine kluge Frau vermag hundert Männer zu regieren, tausend strenge Männer aber nicht eine kluge Frau,« sagt das Sprüchwort und hat sehr recht.
    »Ihr Männer, liebet eure Weiber,« fährt der Apostel fort, »gleichwie Christus auch geliebet hat die Gemeinde und hat sich selbst für sie gegeben. Wer sein Weib liebet, der liebet sich selbst, und Niemand hat jemals sein eigen Fleisch gehasset, sondern er nähret es und pfleget sein.« Die hier gebotene Liebe des Mannes ist es, welche die ihm vorhin eingeräumte Herrschaft mildert, ausgleicht und die gegenseitigen Rechte und Pflichten vollständig nivellirt. Aber hierzu gehört eben außer der Liebe auch ein tiefes Verständnist und eine treue Pflichterfüllung, und wenn wir so viele glücklosen Ehe beobachten müssen, so ist eben der Mangel dieses Verständnisses und der erwähnten Pflichttreue schuld.
    Viele, sehr viele junge Leute verwechseln die Liebe mit dem Sinnenrausche, in welchen sie durch den Anblick und Umgang eines anziehenden Wesens des andern Geschlechtes versetzt werden. Wie jeder Rausch, so verfliegt auch diese sinnliche Aufregung nach dem vollendeten Genusse; es folgt eine Ernüchterung, welche vielleicht in eine vollständige Enttäuschung übergeht, und statt des gehofften Glückes Ueberdruß und gegenseitige Abneigung zur Folge hat.
    Die Jugend huldigt dem physischen Genusse und kostet ihn bis zur Neige durch, während das Glück sich auf geistige Eigenschaften basirt und ganz besonders von der gegenseitigen Achtung abhängig ist. Darum sollte   man sich vor einer zu frühen, zu häufigen und zu leidenschaftlichen Hingabe hüten, und ein Mädchen, welche auch nach der Hochzeit die züchtige, verschämte und mädchenhafte Geliebte ihres Mannes bleibt, wird demselben tausendfältigeres Glück gewähren, als wenn sie den Sinnen unbeschränkte Herrschaft gestattet. Eine solche Liebe erhält nicht nur Körper und Geist in vollständiger Rüstigkeit, vertieft das Gemüth, bereichert das Herz und macht jeden Genuß zur Seligkeit, sondern sie selbst bleibt ewig jung und bewahrheitet den Spruch: »Die Liebe ist eine Tochter des Himmels, ist göttlichen Geschlechtes.«
     
    Wie die Kinder die Sprößlinge der Eltern sind, so ist die Elternliebe die Tochter der Gattenliebe und das schönste Ergebniß der gegenseitigen Zuneigung zwischen Vater und Mutter.

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