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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Geschichte der Menschheit und hat allerdings zu traurigen Folgen geführt. Die Einen haben gehandelt und gelitten für Glaubensphantome, die Anderen haben geduldet für die Wahrheit und sind ihretwegen selbst heut’ noch den Verfolgungen ausgesetzt. Ja, die Verdammungsurtheile gegen die Wissenschaft werden wieder mit einer gewissen Kühnheit in die Welt geschleudert und das berüchtigte Wort eines christianisirten Juden: »Die Wissenschaft muß zurück,« trägt seine Unkrautfrüchte über die christliche Welt.
    Man mag sich in der Geschichte der Menschheit umsehen, wo man nur immer will, so findet man nirgends, daß die sittliche Weltordnung durch den tod ten Glauben gefördert worden ist, vielmehr bemerkt man,   daß die Menschheit durch denselben immer mehr zerfällt, daß man Haß und Verachtung gegen Andersgläubige schon in die Herzen der unschuldigen Jugend pflanzt und daß, wenn nicht der Fanatismus der Massen, so doch deren Stumpfsinn befördert wird, der sie unfähig macht, sich selbst zu erkennen und für sich selbst zu sorgen. Aber nicht die Aufklärung und wahre Bildung ist zu fürchten, sondern die Dummheit der verwilderten Massen, die das Gebot der Vernunft nicht kennen, wie es so viele Erscheinungen der heutigen socialdemokratischen Bewegung, die ja unter den Augen und dem Einflusse der Orthodoxie herangewachsen und großgezogen worden ist, so klar und unwiderleglich beweisen.
    Mit diesen Worten soll aber keineswegs eine feindselige Stellung der Religion, dem Glauben gegenüber angezeigt sein, im Gegentheile haben wir alle Achtung vor den heiligen Begriffen, welche die Religion ihren Gläubigen bietet, nur möchten wir diese Begriffe von dem Licht der Wissenschaft beleuchtet sehen. Kein verständiger Mann wird bestreiten, daß das Gefühl dieselbe Berechtigung besitze wie das Denken, und der Instinct des Ersteren leitet uns oft sicherer zu einer Wahrheit, als alle Anstrengung des Letzteren; und wenn der Glaube sich schon in den ältesten Zeiten nach Oben richtete, um das Wesen und den Urheber aller Dinge zu erfassen, so dürfen wir wohl annehmen, daß sein Weg ein fortgesetztes Wandeln durch den Irrthum gewesen sei. Aber wir wünschen, daß die Errungenschaften, welche seine Sehnsucht erfaßte und die er nun mit Treue festzuhalten sucht, auch von der klaren Erkenntniß anerkannt und gutgeheißen sein möchten.
    Fragen wir uns, was die Religion eigentlich sei, so lautet die Antwort: »sie ist das Erfülltsein unseres Geistes mit dem Bewußtsein Gottes,« und zwar zunächst selbst ohne Kenntniß der Substanz oder des Wesens Gottes, sondern nur in der Erkenntniß seiner Attribute: Allgegenwart, Allmacht, Allweisheit, Liebe. Er ist der Schöpfer, Erhalter und Regierer der Welt nach ewig giltigen Vernunftgesetzen, welche nicht anders als allweise und gerecht sein können; er ist daher ein gerechter Richter und umschlingt nicht nur alle Menschen, sondern die ganze Schöpfung mit Liebe. Doch die Liebe ist er selbst, und aus ihr entwachsen alle jene Attribute, welche der Glaube ihm beilegt.
    Sobald nun unser Geist mit Gottesbewußtsein erfüllt ist, werden wir selbst in der Lebens- und Geistesgemeinschaft mit Gott nur solche   Handlungen vornehmen, welche in Uebereinstimmung mit den Vernunftgesetzen sind; der Wille des Menschen soll mit dem Weltwillen, der in der Vernunft seinen Ausgangspunkt hat, zusammenfallen, und wenn dies geschieht, so erfüllt sich jene Verheißung der himmlischen Heerschaaren, welche in der geweihten Nacht verkündeten: »und den Menschen ein Wohlgefallen.«
    Hätten wir den wahren Gott gefunden, also nicht etwa blos den Gott der Juden, der Muhamedaner, der Katholiken, der Protestanten und aller Religionsbekenntnisse, so würden wir einen Mittelpunkt für die ganze Menschheit entdeckt haben und könnten dann den Grund legen zu einer Universalreligion, welche dem Sturme der Meinungen nicht ausgesetzt wäre und keine Veranlassung geben würde, daß sich die verschiedenen Secten auf eine solche Art verfolgen, wie es jetzt der Fall ist.
    Wer also ist Gott? Wer führt das Scepter des unendlichen Weltenalls von Ewigkeit zu Ewigkeit? Wer läßt den Grashalm und die Palmen wachsen? Wer ernährt den Wurm und den Elephanten? Wer hat uns und alle Geschöpfe überhaupt erzeugt? Wer regiert mit unendlicher Kraft und noch strengeren Gesetzen all’ die großen und kleinen Welten? Wer hat die Liebe in unsere Herzen gepflanzt und die Sehnsucht nach jenen himmlischen Freuden, nach der Ruhe in jener

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