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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Naturgesetze ewig giltige und unerbittliche Gesetzgeber sind.«
    Solche Anschauungen erhalten ein sehr werthvolles Material und der ernste Denker wird gern zugeben, daß die Welt und der Mensch nicht aus dem Nichts geschaffen ist, sondern sich in äußerst langen Zeiträumen naturgesetzlich entwickelt hat und sich auch noch jetzt in einer fortwährenden Umgestaltung befindet. Aber ist dies wirklich ein zwingender Grund, einen persönlichen Gott zu leugnen und an dessen Stelle irgend einen Stoff, eine Kraft, ein Gesetz zu stellen? Ist es eine so entschiedene Unmöglichkeit, daß ein persönlicher Gott trotz dieser Persönlichkeit den Willen gehabt habe, daß sich alles Seiende nach und nach entwickele? Ist man am Ende der Forschung angelangt dadurch, daß man Gott   absetzt und seine Stelle der Materie, dem Stoffe, der Kraft, dem Naturgesetze einräumt? Und welchen Ursprung hat diese Materie, dieser Stoff, diese Kraft, dieses Gesetz? Weisen sie nicht auf einen Höheren zurück, dem sie ihr Dasein, ihre Wirkung verdanken? Wenn der »Zweifler« sagt:
     
    »An die Sterne richt’ ich meine Klagen,
    Manches tiefe, seufzende Warum.
    Keine Antwort spricht auf meine Fragen,
    Alles schweigt, die Mitternacht ist stumm,«
     
    so ist es vollständig unmöglich ihm beizustimmen, denn tausende von Welten erheben ihre Stimme, um diese Fragen zu beantworten, und die scheinbar stille Mitternacht predigt doch mit Donnerstimme von Demjenigen, welchem die Worte gewidmet sind: »Die Himmel rühmen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigen seiner Hände Werk, ein Tag sagt’s dem andern, und eine Nacht thut’s kund der andern. Da ist keine Sprache noch Stimme, die nicht also rede.« Und heißt es weiter:
     
    »Nächtlich einsam wandl’ ich durch die Haide,
    Wo mein Geist den weiten Raum durchschifft,
    Wer enthüllt mir diese Flammenschrift
    An dem feierlichen Prachtgebäude?
    Wer enthüllt die Flammenschrift mir
    An der Kuppel dieses großen Domes?
    Waltet eines Gottes Finger hier,
    Waltet er im Glanz des Weltenstromes
    Und im Bach, der durch die Felsen hüpft?
    Lebt ein Gott im Menschen und im Wurme?
    Hör’ ich ihn hier in dem Donnersturme,
    Dort ihm Säuseln, das durch Myrrhen schlüpft?
    … Oder führt den großen Zug ein Blinder –
    Waltet überall ein blindes Loos?
    Sind die Welten ausgesetzte Kinder?
    Fielen sie auf keinen Pflegeschooß?
     
    so ist es ebenso unmöglich, diesem blinden Loose beizustimmen. Und wäre es nicht so, daß ›den großen Zug ein Blinder führte‹«, wenn wir an die Spitze der Schöpfung etwas Unpersönliches, Unbewußtes stellten, möge dieses nun Stoff oder Kraft, Materie oder Gesetz sein?
    Es ist allerdings sehr natürlich, daß bei der organischen Entwickelung   der Menschheit das Seelenleben zuerst und sehr bald durch die Gefühle und erst viel später durch den Verstand sich zum Ausdrucke brachte. Aus den Gefühlen entsprangen die nach den Umständen verschiedenen Anschauungen von dem weltregierenden Wesen und den Arten seiner Verehrung. Es war viel leichter, sich eine Vorstellung von Gott zu machen und für ihn irgend einen Cultus zu erfinden, als das Denken zu entwickeln und durch mühevolle Denkbarkeit höhere Stufen des Menschenthumes zu erklimmen. Fühlen und Denken schließen einander häufig nicht nur aus, sondern treten einander sogar feindlich gegenüber. Fühlen ist die Mutter des Glaubens, Denken die Mutter des Wissens.
    Aus diesem Grunde stehen noch heute in Betreff der Weltordnung sich zwei feindliche Lager einander schroff gegenüber. In dem einen glaubt man, daß die Welt durch einen schaffenden, persönlichen Willen so, wie sie jetzt ist, hervorgegangen sei und so auch in alle Ewigkeit werde von ihm regiert werden; in dem andern weiß man, daß es eine Weltengeschichte giebt, daß im Laufe von Millionen von Jahren gewaltige Entwickelungsprozesse stattgefunden haben und daß sie immerfort noch stattfinden werden. Die Gläubigen verlangen eine hingebende Unterordnung und völlige Entsagung von aller selbstbewußten Forschung, die Forscher aber eine auf die exacte Wissenschaft begründete Prüfung aller Verhältnisse. Jene gehen leider nicht selten mit den Gedanken an den eigenen Vortheil von der Ansicht aus, daß nur die Demuth der Massen zum Heile für die Menschheit dienen könne; diese aber erwarten die Hebung der Gesittung und des allgemeinen Menschenwohles von der Weckung aller Verstandeskräfte.
    Schon Jahrtausende lang geht dieser schroffe Gegensatz durch die

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