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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ueberspannung des Gefühles in Sachen der Religion ist Religionsschwärmerei zu nennen und geht aus einer zu großen Lebhaftigkeit der Phantasie hervor, die ihre Einbildungen und Träume für Wirklichkeit hält und deshalb häufig zu dem größten Unsinn nicht nur, sondern selbst zu Meinungen und Handlungen verleitet, welche mit dem wahren Wesen der Religion im grellsten Widerspruche stehen. Die Geschichte aller Religionen zeugt davon, und auch in unseren Tagen fehlt es nicht daran.
    Der Glaube im Allgemeinen ist die auf zureichende Gründe gestützte Ueberzeugung von der Wahrheit dessen, was uns in der Erfahrung nicht gegeben ist oder nicht gegeben sein kann. Gegensätze davon sind Wissen und Zweifel.
    Die Ueberzeugung dessen, was wir wegen unsrer Trennung durch Raum und Zeit nicht selbst erfahren konnten, durch die Mittheilung Andrer, die wir für giltige Zeugen halten, ist historischer Glaube.
    Die Ueberzeugung von der Wahrheit dessen, was überhaupt nicht Object menschlicher Anschauung ist, weil es nicht unter die Sinne fällt, sondern über die Sinnenwelt erhaben ist, ist religiöser Glaube.
    Die Quellen des religiösen Glaubens sind in dem Menschen die Vernunft, sofern der Mensch durch Nachdenken und durch Gründe der Vernunft zu dieser Ueberzeugung gelangt (Vernunftglaube), oder das Gefühl, sofern seine Ueberzeugung mehr aus dem das Nachdenken begleitenden Gefühle hervorgeht (Gefühlsglaube); außer ihm die Natur, sofern der Mensch zur Ueberzeugung von dem Uebersinnlichen durch das Anschauen der Werke der Natur kommt oder sofern sich diese Ueberzeugung in seinem Bewußtsein auf natürliche Weise entwickelt (Naturglaube oder natürlicher Glaube); oder eine besondere Offenbarung, wo der Mensch auf ganz besondere Weise durch göttliche Veranstaltung von dem Uebersinnlichen belehrt wird (Offenbarungsglaube).
    Ein solcher Offenbarungsglaube ist der Glaube aller monotheistischen Religionen.
    Jenachdem der Inhalt des Glaubens erhalten und unter seinen Bekennern fortgepflanzt wird, ist er entweder ein traditioneller Glaube, wenn er entweder gar nicht oder erst später aufgezeichnet wird, oder ein geschriebener, von den ursprünglichen Urhebern oder deren nächsten Nachfolgern aufgeschrieben, wie z.B. der evangelisch-christliche, dessen Glaubensquelle die Bibel ist (daher Bibelglaube).
    Als Inbegriff der Glaubenssätze einer als Kirche öffentlich anerkannten Religionsgesellschaft ist er Kirchenglaube im Gegensatze zu den abweichenden Ansichten einzelner Menschen oder größerer Parteien und Secten.
    Soll der Glaube nicht in Aberglauben ausarten, so muß er jedenfalls ein vernünftiger Glaube sein, d.h. er darf nach Inhalt und Form dem vernünftigen Denken nicht widersprechen.
    Am wenigsten sicher vor dieser Glaubensverirrung ist der nach Gründen gar nicht fragende Autoritätsglaube, den man auch nach einem gewissen, ihm meist ergebenen Stande den Köhlerglauben, oder weil er nicht mit eigenen geistigen Augen sehen will, den blinden Glauben nennt. Hierzu gehört auch der Wunderglaube, d.i. die Ueberzeugung von der göttlichen Sendung irgend eines Menschen, die sich darauf gründet, daß derselbe Wunder thun kann. Dieser Glaube steht und fällt eigentlich mit der geringen und erweiterten Cultur eines Volkes, wenigstens läßt sich allein darauf hin, daß Jemand Wunder thun kann, keine sichere Ueberzeugung davon begründen, daß er auch tiefe und tiefste Einsichten in das Uebersinnliche hat, denn Wunder werden nur bewirkt im Reiche der sinnlichen Natur, vorausgesetzt, daß man überhaupt die Möglichkeit von Wundern anzunehmen gesonnen ist.
    Die Beantwortung der Frage, ob Aberglaube oder Unglaube, d.i. wo Jemand gar Nichts, insbesondere die Sätze der Kirchenlehre nicht glaubt, gefährlicher sei, ist fast durchgängig gegen den ersteren und für den letzteren ausgefallen, da der Unglaube gewöhnlich tolerant ist und der Aberglaube dagegen von der Unduldsamkeit bis zum Fanatismus gesteigert werden kann und sich zu den sittlich verwerflichsten Thaten mißbrauchen läßt.
    Daß der Glaube selig macht, läßt sich gar nicht bestreiten, sofern er nur eine wirkliche feste und unerschütterliche Ueberzeugung ist. Die Behauptung einer oder der anderen Glaubenspartei, daß sie in dem Besitze des einzigen und absolut wahren und seligmachenden Glaubens sei, wird ihr um so weniger zugestanden werden können, je weiter von den Quellen des Glaubens sie sich entfernt hat und neben die Gründe der Forschung oder des reinen Gefühles

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