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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Autoritäten setzt, von deren Aussprüchen sie ihre Meinung abhängig macht.
    Auf diesem Standpunkte steht der wahre Philosoph, welcher ohne alle Voreingenommenheit und mit größter Unparteilichkeit von einer Stufe   der Forschung zur andern vordringt, seine Erkenntniß von einem Kreise zum andern zu erweitern sucht und nur den einen, großen und heiligen Zweck seines Strebens kennt: Wahrheit zu finden. Wie er bei dem Naturvolke die ersten, primitiven Formen des Gottesbegriffes achtet, so läßt er sich auch nicht imponiren durch die geistige Schärfe einer vorgeschrittenen Dialectik; er eignet sich das Errungene an und wirft den Schein, den Irrthum von sich, welcher so viele denkfaule Menschen scheinbar beglückt.
    Wenn einer unserer bedeutendsten Theologen die Liebe folgendermaßen definirt:
    »Die Liebe Gottes ist die Eigenschaft Gottes, daß er den lebendigen Geschöpfen soviel an leiblichen und geistigen Gütern gewährt, als sie zu ihrem Leben, Endzweck und ihren Handlungen gebrauchen. Sie ist unermeßlich, frei (von den Menschen unverdient), mit seiner Weisheit und Gerechtigkeit im Einklange. Sie zeigt sich als Gnade, weil Gott die Menschen ohne ihr Verdienst liebt, als Barmherzigkeit, sofern er seine Liebe den Unglücklichen erweiset und den Sündern vergiebt, als Geduld, sofern er den Sünder schonet, als Langmuth, sofern er die Strafen aufschiebt, und als Güte, insofern er die Strafen, wenn sie erfolgen müssen, mildert« – so begeht er den Fehler des Philosophen, welcher die Liebe überhaupt als den in der Menschennatur tief begründeten eigenen Trieb definirt, welcher den Geist von sich selbst ab auf Aeußeres, auf sich selbst Verwandtes lenkt. Der Verfasser dieser Erklärung setzt hinzu: »Er ist der reine Gegensatz des anderen Grundtriebes, des Egoismus, und hat die Bestimmung, diesen so zu mäßigen und in Schranken zu halten, daß der Mensch der Uebermächtigkeit desselben entzogen und dadurch erst einer höheren Vollendung fähig wird.
    Durch die Liebe steht der Mensch mit dem ganzen Weltall in Verbindung. Doch bekommt die Neigung, die den Geist zu etwas nach Außen lenkt, erst dann den eigentlichen Character von Liebe, wenn nichts in dem Eindrucke, den die Vorstellung davon in dem Geiste macht, störend auf ihn wirkt. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn alle Richtungen des Geistes (Erkenntniß, Gefühl und Wille) darin Befriedigung erhalten, wenn der Gegenstand nicht nur dem Wahrheitssinn (Verstand) entspricht, sondern auch als gut und schön das Gemüth für sich gewinnt, indem er, so wie er sich darstellt, auch den Wünschen des Menschen zusagt. Die Liebe ist also (da eben in der Hinlenkung aller Richtungen   des Geistes auf das, was an sich wahr, gut und schön ist, das Vernunftvermögen besteht) ein vernünftiger Trieb, aber um deswillen nicht erst aus Vernunft hervorgehend, sondern unter und durch Liebe entwickelt sich erst die Vernunft.
    Daher zeigt sich der Liebestrieb auch schon beim zartesten Kinde, sobald es anfängt, äußere Gegenstände von sich zu unterscheiden; ja, er findet sich auch bei Thieren, hier rein als Instinct, indem er das Thier überall da leitet, wo Naturzwecke erreicht werden sollen, die nur im Zusammenleben mehrerer sich gegenseitig unterstützender Geschöpfe gleicher Art erreicht werden können.
    Auch im Menschenleben ist Liebe, sofern sie nicht rein von der Vernunft beherrscht wird, in der sinnlichen Natur begründet, die der Mensch mit den Thieren gemein hat, nur mit dem Unterschiede, daß die Vernunft, wenn sie erwacht, den Zug, wohin die Liebe den Geist lenkt, billigt, inwiefern er nicht früheren Anforderungen der Vernunft widerstreitet, die jedoch ihrer Grundlage nach immer auch auf Liebe beruhen.
    Da aber unter der natürlichen Entwickelung des Menschenlebens und seiner nur stufenweise möglichen Erhebung von einem Egoismus zur Freiheit des Vernunftlebens, in dem der Egoismus der Vernunft völlig unterthan ist, wenigstens sein soll, so wird Liebe häufig in die niedere Region des Egoismus herabgezogen und unterliegt dessen eigener Gebundenheit. Zwar ist der Egoismus dadurch immer gebrochen, der Kreis, in den Liebe den Menschen einweiht, ein weitgezogener, aber dies nur zur Verstärkung des Egoismus selbst, um höheren Liebestrieben, zu denen die Vernunft leitet, dann um so mächtiger und nicht selten unwiderstehlich entgegen zu treten.
    Daher ist Liebe auch in so vielen engen und weiten Kreisen ein mächtiger Hebel, am mächtigsten aber als

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